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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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und auch die Menschen waren keine Fantasiegestalten, sondern aus Fleisch und Blut.
    Eigentlich gab es für die tatsächliche Existenz des Mönchs nur eine logische Erklärung, an die zu glauben sich jedoch alles in Nelson sträubte: Er und der Mönch waren einander schon einmal begegnet! Nur wo und wann?
    Da Nelson über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügte, konnte er praktisch ausschließen, dass ein Mensch, der auch nur entfernte Ähnlichkeit mit Levents Peiniger besaß, in seinem Leben eine Rolle gespielt und er es einfach nur vergessen hatte. Die Möglichkeit einer Begegnung in einem früheren Leben kam für Nelson ebenso wenig in Frage, denn an Wiedergeburt glaubte er schon gar nicht.
    Konnte es sein, dass er all das, was hier geschah, schon mal erlebt hatte? In einem anderen Paralleluniversum etwa?
    Nelson wusste, dass er auf diese Frage niemals eine Antwort bekommen würde. Aber sich einfach damit abzufinden fiel ihm genauso schwer wie die Tatsache zu akzeptieren, dass es Prophezeiungen gab, die am Ende wirklich eintrafen, oder Gedanken, die sich von einem zum anderen übertrugen.
    So wälzte er sich von einer Seite auf die andere. Suchte Schlaf und fand keinen. Das Stroh piekste arg. Und er hatte das Gefühl, dass Läuse auf ihm umherkrabbelten. Alles juckte. Er fühlte sich dreckig. Er sehnte sich nach sauberen Klamotten, die nicht stanken wie diese Kutte, die er Tag und Nacht am Leib trug. Er sehnte sich nach einem richtigen Bett. Aber am meisten sehnte er sich in seine Zeit und seine vertraute Umgebung zurück, wo alles berechenbar war und wo man nicht ständig um sein Leben oder das eines Freundes fürchten musste.
     
     
    Als es an der Tür klopfte, hatte Nelson den Eindruck, gerade erst eingeschlafen zu sein. Erschrocken sprang er auf. Severin stand unbeweglich am Fenster. »Ruhig, mein Freund«, sagte er ohne sich umzudrehen. »Es ist nur das Frühstück. Wir sollten uns stärken, bevor wir den Tag willkommen heißen.«
    »Ich muss mal«, grummelte Luk im Halbschlaf.
    »Sieh unter dem Bett nach«, riet Severin. »Solche Bedürfnisse sind auch unseren Nonnen nicht fremd.«
    Luk stand mühsam auf und zog einen Topf mit Deckel unter dem Bett hervor. Er beäugte ihn misstrauisch. »Ist das ein Pisspott?«
    Der Blinde wandte sich um. »Eine Brunzkachel«, antwortete er lachend. »Tu dir keinen Zwang an. Ich zumindest werde nicht zusehen.«
    Während sich Luk geräuschvoll erleichterte, holte Nelson ein Tablett mit ihrem Frühstück herein. Kurze Zeit später klopfte es erneut. Schnell schob Luk den Topf wieder unters Bett.
    Es war Adiva. Ohne ein Wort zu sagen sprang sie an Severin hoch, der sie lachend auffing.
    »Da ist ja mein Sonnenschein!«, rief er. »Wo hast du denn deine Freundin gelassen?«
    Adiva flüsterte ihm die Antwort ins Ohr.
    »Natürlich.« Severin schmunzelte. »Wie konnte ich fragen? Melisande kämmt ihr goldenes Haar. Für eine Dame schickt sich das. Es sei denn, ihr Haupt ziert ein Flechtwerk wie dieses.« Dabei pinselte er Adiva mit ihrer Zopfspitze über die Wange.
    Als Judith wenig später in Begleitung Schwester Clothildes den Raum betrat, schien sie noch schöner als am Vortag. Ihre Wangen glühten, ihre Lippen glänzten und ihr Haar fiel ihr wie ein weißgoldener Wasserfall die Schultern herab.
    Nelson gab sich Mühe, nur flüchtig hinzusehen, schließlich hatte er keine Lust auf eine ihrer bissigen Bemerkungen.
    Der überdachte Pferdewagen stand schon bereit. Ein schmächtiger Bursche, kaum älter als die Freunde, begrüßte sie knapp. Schwester Clothilde stellte ihn vor. »Das ist Johann. Der Sohn eines guten Freundes. Er hat sich freundlicherweise einverstanden erklärt, die Dame und ihr Gefolge zur Burg Rosenstoltz zu fahren.«
    Eifersüchtig beobachtete Nelson, wie dem Jungen beim Anblick Judiths die Augen aus dem Kopf fielen. Galant half er ihr in den Wagen. Sie bedankte sich artig und schenkte ihm ein Lächeln, für das Nelson ohne zu zögern seinen geheiligten Kompass geopfert hätte.
    Als sich Severin von seiner Freundin Lioba verabschieden wollte, zersprang ihre bis dahin ausdruckslose Miene in ein fröhliches Lachen. »Dachtest du, so schnell wirst du mich wieder los?!«, johlte sie. Mit sanftem Nachdruck schob sie ihn in den Wagen und knallte die Tür hinter ihm zu. »Ich komme natürlich mit. Ich konnte die Schwester Oberin davon überzeugen, dass man einen blinden Mann, zwei knabenhafte Mönche, eine holde Jungfrau und ein kleines Kind unmöglich alleine

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