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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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Burghof schritten, Bruder Knollennase in die Arme, der mit seinen Dominikanerbrüdern zusammenstand und wie die anderen in eine leidenschaftliche Diskussion vertieft war.
    Als er sie erblickte, winkte er ihnen aufgeregt zu. »Kommt her, meine Brüder, habt ihr die Kunde bereits vernommen?«
    Die Freunde stellten sich unwissend. »Welche Kunde?«, fragte Nelson, der erleichtert registrierte, dass Bruder Notker fehlte.
    »Heiliger Strohsack! Sie ist hier!«, rief der dicke Mönch. Seine Stimme klang seltsam heiser. »Die schöne Melisande! Sie ist hier!«
    »Melisande?«, fragte Nelson arglos.
    Bruder Knollennase stemmte die Hände in seine ausladenden Hüften. »Bruder Edward, du treibst einen üblen Scherz mit mir!« Er sah ihn durchdringend an, blickte dann hinüber zu Luk, dessen Gesichtsausdruck jedoch das gleiche Unverständnis verriet. Ungläubig schüttelte er den Kopf.
    »Aber, meine Brüder, in welcher Höhle habt ihr denn die letzten Jahre gehaust?« Er schnaufte und spuckte geräuschvoll aus. Dann fing er unvermittelt an zu singen, in einem tiefen Bass und mit dramatischem Ausdruck im Gesicht:
     
    Die schöne Jungfrau Melisande
    fromm lebte in einem fernen Lande,
    in das einst ein stolzer Ritter kam,
    in blauem Gewand, aber ohne Nam,
    um im Kampf seinen Ruhm zu mehren,
    seiner toten Gemahlin zu Ehren.
    In der Menge er Melisande erblickte,
    deren holde Anmut ihn gleich verzückte,
    als ein Unglück geschah und sie vor ihn fiel,
    worauf der Ritter, als wär es ein Spiel,
    die zum Stich bereite Lanze senkte
    und den ruhmvollen Sieg seinem Gegner schenkte,
    um die leblose Jungfrau vom Platze zu tragen
    in sein eigenes Zelt, wo er ohne zu zagen
    um sie ein Netz aus Fürsorge webte,
    bis sie die Augen aufschlug und lebte.
     
    Bruder Knollennase beendete sein Lied mit einem tiefen Seufzer. Er schien selbst ganz ergriffen von seinem Vortrag und registrierte mit sichtlicher Genugtuung, dass ihm einige der Umstehenden anerkennend zunickten.
    »Ein schönes Lied«, sagte Nelson, der Mühe hatte, sich ein Grinsen zu verkneifen. »Aber wie kommst du darauf, dass die holde Jungfrau, die du besingst, mit jener identisch ist, die du meinst gesehen zu haben?«
    »›Meinst gesehen zu haben?‹«, donnerte die Knollennase und blitzte Nelson wütend an. »Sie ist es, so wahr mein Name Tadeus ist!« Er richtete seinen Blick gen Himmel und fuhr mit leiserer Stimme fort: »Einem Engel gleich entstieg sie dem Pferdewagen, als wäre sie geradewegs vom Himmel herabgeschwebt. Ihre Füße berührten kaum den Boden und das Lächeln, das sie den Menschen schenkte, brannte sich diesen auf ewig ins Herz. Als sich unsere Blicke trafen, war mir, als ob wir uns schon lange kannten.« Nelson und Luk wechselten einen raschen Blick. Bruder Knollennase seufzte. »Glaubt mir, eine schönere Jungfrau habt ihr noch nie geschaut«, schwärmte er. »Und selbst wenn ihre fromme Begleiterin nicht mehrfach ihren Namen genannt hätte – heiliger Strohsack, was für ein Weib! –, ich hätte trotzdem gewusst, dass sie es ist und keine andere!«
    »Aber wo befindet sich deine Jungfrau Melisande jetzt?«, fragte Luk und blickte sich zweifelnd um.
    »Herr im Himmel!«, brüllte der Dicke. »Hat euch Franziskus denn nur den Unglauben gelehrt?!« Seine Gesichtsfarbe näherte sich allmählich dem Lila seiner Knollennase. »So folgt mir denn zum Turnierplatz, dort könnt ihr euch mit eigenen Augen davon überzeugen, dass Tadeus keinem Trugbild erlag.«
    »Wohlan!«, posaunte Luk. »Lasst uns die schöne Maid bestaunen!«
    Als sie sich in den Strom der Neugierigen eingereiht und gerade die Wirtschaftsgebäude hinter sich gelassen hatten, spürte Nelson plötzlich ein beunruhigendes Kribbeln im Nacken. Er warf einen Blick über die Schulter und erkannte Notker, der ihn aus der Menge heraus mit stechenden Augen fixierte. Doch nicht er war es, der Nelson einen kalten Schauer über den Rücken jagte, sondern Notkers gedrungener Begleiter: Es war der Mönch – der Mönch aus seinem Traum!
    Nelson ließ sich nichts anmerken. Doch während er den anderen folgte, spürte er den Blick des Inquisitors wie ein Brandmal auf seiner Haut. Er ahnte, dass sich die Niederlage, die sie ihm bereitet hatten, wie ein Krebsgeschwür durch sein krankes Hirn fraß. Bislang hatte er ihnen nichts anhaben können. Doch nun hatte er einen Verbündeten, dessen Wissen ihnen gefährlich werden konnte. Wenn Notker ihm von Luks fragwürdigen Ansichten berichtet hatte –und daran zweifelte

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