Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
Vom Netzwerk:
Ritter vor ihm in unterwürfiger Pose verharrte, um anschließend auch noch dem Gesandten des Papstes seine besondere Gunst zu erweisen.
    »Im ersten Zweikampf«, posaunte der Herold, nachdem sich Alpais in die Formation der Ritter eingereiht hatte, »reiten Ibn ed-Din al Kalil al Fadhlahani und Graf Ingolf von Reinhardtsheim gegeneinander. Wenn nach dem ersten Lanzenstich beide Gegner noch im Sattel sitzen, wird der Kampf mit dem Morgenstern fortgeführt. Auch hierbei haben die tapferen Herren Ritter je einen Hieb. Sollte der Sieger nach diesem Zweikampf immer noch nicht feststehen, streiten die Kämpfer mit dem Schwert zu ebener Erde so lange, bis einer von ihnen zu Boden geht.«
    »Das wissen wir doch schon alles«, nuschelte Luk in seinen nicht vorhandenen Bart. »Die sollen endlich anfangen.«
    Doch zunächst hatte ein alternder, allseits bekannter Spielmann seinen zweiten großen Auftritt: Walther von der Vogelweide. Geckenhaft und in gewohnt poppiger Aufmachung tanzte er auf den Platz, wo er sich überraschend gelenkig im Schneidersitz niederließ und mit Schmalz und Herzschmerz ein Lied über das allzu schnell dahinschmelzende Leben anstimmte. Beim Anblick des ausgemergelten Troubadours fiel es den Zuhörern nicht schwer, den tieferen Sinn der Verse zu begreifen, ohne dass sie indes bereit waren, am Ende der Darbietung nach einer Zugabe zu verlangen.
    Fürst von Rosenstoltz hatte endlich ein Einsehen. Kaum dass sich der Sänger überschwänglich bei seinem Publikum für den braven Applaus bedankt hatte, erhob sich der Gastgeber feierlich von seinem Sitz und klatschte drei Mal in die Hände, auf dass das Finale beginne.
    Fanfaren erklangen und Walther nahm die Beine in die Hand, um die Turnierbahn für die ersten Zweikämpfer zu räumen. Gemächlich trabten Graf Ingolf und Ibn ed-Din auf ihre Position, klappten die Visiere herunter und reckten zum Zeichen ihrer Bereitschaft die Lanzen in den wolkenlosen Himmel. Stille senkte sich über den Platz – eine unsichtbare Decke, die jeden Laut im Keim erstickte.
    Das Schlachtross Ingolfs schnaubte plötzlich, was der Graf anscheinend als Signal begriff. Jedenfalls drückte er dem Pferd die Sporen in die Flanken, worauf sich das Tier aufbäumte und lossprengte. Ibn ed-Din tat es ihm gleich. Beide rasten aufeinander zu, richteten auf halber Strecke ihre Lanzen aus, zielten und krachten in einer Wolke aus Staub aufeinander.
    Im ersten Moment sah es für Nelson so aus, als ob beide Kämpfer die Wucht des Aufpralls unbeschadet überstanden hätten. Sowohl Graf Ingolf als auch Ibn ed-Din saßen noch im Sattel und hielten ihre gesplitterten Lanzen von sich weg. Doch als sich der Staub senkte und die Pferde langsam zum Ende der Bahn trabten, erkannte Nelson, dass der maurische Ritter schwankte. Einige Meter hielt er sich noch. Dann sackte sein helmbewehrter Kopf plötzlich auf die Brust und Ibn glitt seitlich aus dem Sattel.
    Ein Raunen ging durch die Menge, dem schon bald Hochrufe auf Graf Ingolf folgten. Dieser lüftete sein Visier und lenkte sein Ross zur Haupttribüne, wo er als Lohn für seinen Sieg das Lächeln jener schwarzhaarigen Schönheit empfing, die ihn bereits nach seinem ersten Triumph mit ihrem Haarband beglückt hatte.
    Schon trabten die nächsten Ritter heran. Während sich zwei Knappen abmühten, den armen Ibn ed-Din vom Platz zu tragen, verkündete der Herold, dass im nächsten Wettstreit Adomat von Ravenna und Sir Brian Lancaster gegeneinander antreten würden. An Letzteren konnte sich Nelson noch allzu gut erinnern. Am ersten Turniertag hätte er seinen Gegner fast umgebracht, weil er entgegen jeder Regel auf dessen Hals gezielt hatte. Nelson hoffte, dass Adomat gewarnt war und den Glücksritter aus dem Turnier stoßen würde, bevor dieser im nächsten Duell womöglich auf den blauen Reiter traf.
    Aber seine Hoffnung währte nur Sekunden. Denn Sir Brian dachte gar nicht daran, so kurz vor dem Ziel seiner Träume plötzlich auf Fairness und Ehre zu setzen. Während Adomat noch seinen Schild richtete, preschte Brian bereits los und zwang seinen Gegner dadurch, sich dem Kampf zu stellen, bevor er die dafür ideale Position einnehmen konnte. Adomat hatte keine Chance. Brian rammte ihm seine Lanze am Schild vorbei in die Brust, wo sie splitternd abrutschte und einen messerscharfen Spieß durchs Kettenhemd hindurch in die Schulter trieb. In grotesk verrenkter Haltung galoppierte der besiegte Ritter ans Ende der Bahn und wusste vielleicht gar nicht, dass ihm

Weitere Kostenlose Bücher