1231 - Im Würgegriff des Grauens
nichts erinnern kann. Mir fehlt eine Zeitspanne. Ihre Namen habe ich behalten, aber ich weiß nicht, wo Sie herkommen und was Sie hier von mir wollen.«
»Wir suchen Jane Collins«, sagte Suko.
»Ich habe sie nicht.«
»Das wissen wir. Aber sie könnten uns trotz ihrer Vergesslichkeit vielleicht sagen, wohin die beiden gegangen sind.«
»Nein, nein!«, wehrte sie heftig ab. »Das ist nicht möglich. Das geht nicht. Ich weiß nicht, wohin die beiden gegangen sind. Ich habe sie nicht mal…«, sie überlegte. »Ja, ich sah sie nicht mal aus dem Vorzimmer hier gehen.«
»Offiziell haben die beiden das Haus nicht verlassen«, erklärte ich. »Wir hätten sie dann sehen müssen. Oder gibt es hier noch einen zweiten Ausgang?«
»Ja, der an der Rückseite.«
»Wohin kommt man da?« Sie zuckte die Achseln. »Dort liegt ein kleiner Garten. Er grenzt unsere Häuserzeile von der nächsten ab. Das ist alles. Verstecken kann man sich dort kaum.«
»Wissen Sie eventuell, wo Ihr Chef hingegangen sein könnte? Ich meine, er wird doch nicht hier in der Praxis übernachten. Ich kann mir denken, dass er ein Haus oder eine Wohnung besitzt.«
»Ein Haus.«
»Sehr gut. Und wo genau?«
»Etwas außerhalb. Auf einem kleinen Hügel. Man hat dort ein Gebäude errichtet. Das hat der Chef gekauft. Mit einem herrlichen Blick über das Wasser.«
»Sind Sie schon mal dort gewesen?« Jennifer Flannigan nickte mir zu. »Zwei Mal. Ich habe dort etwas abgeholt.«
»Und? Wie sah es aus?«
»Das kann ich Ihnen nicht genau sagen«, flüsterte sie. »Ich bin auch nur im unteren Teil gewesen. Der obere besteht aus Glas. Es muss wunderbar sein, denn der Chef erzählte mir, dass er immer das Gefühl hat, unter freiem Himmel zu schlafen.«
»Jetzt brauchen wir nur die Adresse.«
Die bekamen wir. »Es liegt in Richmond, wo die Themse durch den Park führt. An der Südseite.«
»Dann hat er auch einen Blick über den Fluss.«
»Ja, hat er.«
»Wunderbar. Sie brauchen uns nur die genaue Anschrift zu nennen.«
Die bekamen wir auch. Als ich den kleinen Zettel entgege nnahm, auf dem Jennifer die Adresse notiert hatte, sah ich, dass ihre Finger zitterten. »Wollen Sie denn dorthin?«
»Sicher.«
»Und was passiert dann?«
»Ich denke, dass wir uns in aller Ruhe mit Ihrem Chef unterhalten werden.« Ich gab Suko den Zettel. »Aber nicht sofort, Jennifer. Zunächst schaue ich mich noch in diesem Spiege lraum um. Es kann sein, dass er noch weitere Geheimnisse offenbart.«
»Aber da gibt es nichts zu sehen!«, protestierte sie fast.
»Sind Sie sicher?«
»Ja, ich weiß es.«
»Dann wissen Sie auch, dass Sie auf uns geschossen haben. Oder ist Ihnen das entgangen?«
Sie sagte nichts. Meine Worte hatten sie hart getroffen. Sie verkrampfte sich und flüsterte: »Wieso soll ich auf Sie geschossen haben?«
»Mit einer automatischen Pistole.«
Wieder wollte sie protestieren, aber das schaffte sie nicht mehr. Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Sie konnte nur den Blick senken und fragen: »Was soll ich denn jetzt tun?«
»Am besten gar nichts«, sagte ich und machte mich auf den Weg zu diesem dunklen Raum…
***
Reingelegt!, fuhr es Jane durch den Kopf. Er hat mich reingelegt, verdammt noch mal. Er ist besser als ich!
Sie wollte nicht so denken, aber sie konnte die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen. Noch immer sah sie nach außen hin aus wie ein Mensch, der sich in einer besseren Position befindet, da sie ihre Pistole noch in der rechten Hand hielt und die Mündung weiterhin auf den Arzt zeigte. Sie durfte jetzt auf keinen Fall die Nerven verlieren und Barker den Triumph gönnen.
»Wir sind im Keller, sagten Sie?«
»Ja. Sie brauchen sich nur umzuschauen. Es ist im Vergleich zu meinen Räumen oben keine gute Gegend und ein Unterschied wie Tag und Nacht. Aber auch das gehört zum Leben. Es gibt die beiden Extreme nun mal, und die können wir nicht wegdiskutierten.«
»Da haben Sie Recht. Ich will sie auch nicht zur Seite drängen, Dr. Barker, aber ich möchte etwas anderes in die Wege leiten.«
»Gut, ich höre.«
»Wir beide werden den gleichen Weg in die umgekehrte Richtung nehmen. Das heißt, wir fahren wieder hoch.«
Barker runzelte die Stirn. »Denken Sie wirklich, dass ich das zulassen werde? Wo leben Sie?«
»In der Realität.«
»Nein«, erklärte er arrogant, »das nehme ich Ihnen nicht ab. Sie leben nicht in der Realität und stehen auch nicht mit beiden Füßen auf dem Boden. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass
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