1231 - Im Würgegriff des Grauens
vorn an. Allerdings näherte ich mich dem Thema von einer anderen Seite.
»Ich habe Ihren Schrei gehört, als ich mich im Nebenraum befand. Können Sie mir den Grund nennen, weshalb Sie geschrien haben?«
Sie schaute mich an, als hätte ich ihr etwas Schlimmes gesagt.
Dann aber flüsterte sie und senkte den Kopf dabei. »Ja, da ist etwas gewesen, Mr. Sinclair.«
»Wunderbar. Und was?«
Sie rieb ihre schlanken Hände mit den lackierten Nägeln. Sie besaßen ungefähr die gleiche Farbe wie ihr Haar. »Ich… ich… dachte, dass er wieder hier ist.«
»Wer genau?«
»Barnabas Barker.«
Endlich war mal ein anderer Name gefallen. »Barnabas Barker war hier bei Ihnen. Hier, wo wir uns getroffen haben?«
»Ja.«
»Aber ich habe ihn nicht gesehen.«
Zuerst blickte sie mich an und machte den Eindruck, als wollte sie protestieren. Dann hob sie mit einer sehr langsamen Bewegung den Arm und wies dorthin, wo sich die Tür zum dunklen Raum abzeichnete. »Ja, da ist er gewesen.«
»Hinter der Tür?«
Sie nickte zwei Mal.
»Und das haben Sie alles gesehen oder…?«
»Nein, ich habe es gespürt. Ich spürte genau, dass er dort gewesen ist. Aber jetzt nicht mehr. Ich sehe ihn nicht. Ich fühle ihn auch nicht.«
»Aber Sie sind sicher, dass er dort hinter der Tür gewesen ist. Oder nicht?«
Jennifer überlegte. Es war ihr anzusehen, dass sie stark nachdachte, und dann nickte sie. »Ja, er muss dort gewesen sein. Er muss es einfach.«
Noch war ich nicht sicher und fragte deshalb: »An eine andere Person denken Sie nicht?«
»Nein, wieso denn?«
»Ich habe auch etwas gesehen. Es stimmt, dass jemand sich in diesem anderen Raum befunden hat. Wobei ich nicht mich meine. Ich sah ihn im Spiegel. Nicht alles, nur sein Gesicht. Aber es war nicht mehr das Gesicht eines normalen Menschen, sondern eine graue Fratze mit Rissen in der Haut. Jetzt frage ich Sie, Jennifer. Soll ich Ihnen glauben, dass ihr Chef tatsächlich so aussieht?«
»Er war es.«
»Aber ich kenne Bilder von ihm. Er kann nicht so ausgesehen haben. Oder zeigt er sich in zwei Gestalten, wenn er die Menschen behandelt und ihnen die Träume nimmt?«
»Das macht er nicht.«
»O doch, Jennifer. Er ist in der Lage, ihnen die Träume zu nehmen. So einfach ist das. Er stiehlt sie ihnen, und genau deshalb sind wir gekommen. Ihr Chef nimmt ihnen die Träume. Er treibt die Menschen damit in den Wahnsinn, denn so wird jemand, der nicht träumen kann: Er dreht durch. Er wird wahnsinnig.«
Jennifer atmete scharf aus. Dann zog sie die Nase hoch. Ich sah auch, wie sie schluckte. Sie drehte den Kopf zur Seite, weil sie mich nicht anschauen wollte. Noch immer hatte sich bei mir der Eindruck festgesetzt, dass Jennifer nicht Herrin ihrer Sinne und der damit verbundenen Kontrolle war.
»Exit«, sagte sie wieder.
Ich hatte sie nicht danach gefragt. Wieder war dieses Wort automatisch über ihre Lippen gerutscht, und wieder hakte ich nach. »Was bedeutet Exit?«
»Er war da«, sagte sie plötzlich.
»Wer?«, flüsterte Suko, der sich ebenfalls gesetzt hatte.
»Barnabas.«
»Haben Sie ihn gesehen?«
»Nein, das habe ich nicht. Aber ich konnte ihn spüren. Im Nebenraum ist er gewesen.«
»Das war nur das Gesicht!«, sagte ich.
Und wieder flüsterte sie das bestimmte Wort. »Exit…«
Suko beugte sich zu mir hin. »Ich denke, John, dass du andere Saiten aufziehen solltest. Sie ist verstockt. Sie kann nichts dafür, aber ich habe daran gedacht, dass sich unser Freund auch als Hypnotiseur einen Namen gemacht hat. Du verstehst, was ich damit meine.«
»Klar. Sie steht unter einem fremden Einfluss, und der Begriff Exit ist so etwas wie ein Schlüsselwort.«
»Genau das.«
Ich wandte mich wieder an die rothaarige Frau. Ich konzentrierte mich auf ihre Augen. Darin kann man oft erkennen, wie es einem Menschen geht und ob er unter einem fremden Einfluss steht.
»War das bei ihr der Fall?«
Auf den ersten Blick war es nicht zu erkennen. Ich gab allerdings nicht auf und schaute zum zweiten Mal hin. Noch mehr Konzentration, noch mehr Tiefe. Mich versenken in den Ausdruck der Augen, versuchen, etwas von der Botschaft zu finden, die darin transportiert werden sollte.
Die Augen gehörten zu ihr und trotzdem wiederum nicht. Je mehr ich mich auf sie konzentrierte, um so stärker breitete sich in mir der Verdacht aus, dass hier etwas nicht stimmte. Dass es ein anderer Einfluss war, der in dieser Person steckte.
Suko hatte den Begriff Hypnotiseur verwendet. Außerdem hatte die Frau
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