1231 - Im Würgegriff des Grauens
einige Male das Wort Exit wiederholt, und genau das deutete darauf hin, dass das Unterbewusstsein der Person irgendwie geimpft sein musste, sonst hätte sie nicht so reagiert.
Also musste ein Gegenmittel gefunden werden, um sie aus ihrem Zustand hervorzuholen.
Und das trug ich bei mir.
Das Kreuz war kein Allheilmittel, das stand fest. Aber es hatte mir schon oft genug perfekte Dienste erwiesen, und ich wollte, dass dies auch so blieb.
Mein Talisman konnte zerstören. Er konnte gnadenlos sein, aber er konnte mir auch gewisse Dinge aus dem Dunkel ans Licht holen, und ich hoffte, dass mein Kreuz so reagieren würde.
»Schauen Sie bitte hin, Jennifer.«
Sie bewegte wieder den Kopf und musste ihn etwas nach links drehen, weil ich ihre Bewegung genau unter Kontrolle halten wollte. War es Einbildung oder stimmte es tatsächlich?
Ich zumindest hatte den Eindruck, als würde sie sich langsam bewegen. Langsamer als jeder andere Mensch, der nicht unter einem fremden Einfluss stand.
Jetzt sah sie das Kreuz!
Meine Spannung wuchs. Das Herz klopfte schneller. Ich wusste auch nicht, weshalb ich so nervös war, möglicherweise war die Sorge um Jane Collins wieder gestiegen, dann aber hatte ich nur Augen für Jennifer Flannigan.
Sie sah das Kreuz.
Sie sah es an!
Nein, das stimmte nicht. Sie starrte gegen den Talisman auf meiner Hand. Es war ein Blick, den ich nicht als normal einstufen wollte. Sie glotzte. Sie bewegte ihre Hände. Sie rieb die Handflächen über ihre Oberschenkel hinweg. Sie schnappte ein paar Mal nach Luft, und dann wich die Starre aus ihrem Gesicht.
Jennifer Flannigan schrie auf!
Der schrille Laut erinnerte mich an den Klang einer Sirene.
Wenn sie gekonnt hätte, wäre sie bestimmt geflohen, so aber drückte sie sich nur gegen die Lehne des Sessels.
Sie zitterte, stieg dann hoch, schrie auf und wollte wegrennen.
Suko, der beide Hände frei hatte, war schneller. Er griff so hastig zu, dass Jennifer nicht mehr wegkam. Durch den scharfen Ruck wurde sie wieder zurück in den Sessel gezogen und rutschte dabei über die rechte Seitenlehne hinweg.
Sie fing an zu weinen. Den Kopf hielt sie dabei gesenkt, weil sie keinen von uns beiden anschauen wollte. Es kam mir so vor, als würde sie sich schämen.
Wir gaben ihr einige Sekunden Zeit, bevor wir uns wieder um sie kümmerten.
»Jennifer?«, flüsterte ich.
»Bitte nicht.«
»Doch, wir müssen reden.«
Sie strich ihre Haare vom Gesicht weg. Jetzt konnte sie uns sehen, und wir sahen sie.
Ja, es war eine Veränderung bei ihr eingetreten. Ich sah es in ihren Augen. Trotz des Tränenwassers blickte sie klarer als noch vor einigen Minuten. Sie konnte mich anschauen, doch die tiefe Qual war noch nicht vollständig verschwunden.
»Bitte, Jennifer, es ist wichtig, dass Sie uns Antworten auf unsere Fragen geben.«
Wieder hob die Frau den Blick. Das Gesicht zeigte einen Ausdruck wie bei einem Menschen, der erst noch nachdenken muss, um zu einer Antwort zu finden.
»Ich kenne Sie«, sagte sie plötzlich, bevor sie über ihre Augen wischte. »Aber das ist alles so verschwommen und so weit weg. Ich kenne Sie beide.«
»Exit«, sagte ich.
»Bitte?« Jennifer hatte das Wort gehört. Nur reagierte sie diesmal nicht darauf. Da hätte ich auch irgendetwas anderes sagen können. Die Reaktion wäre die Gleiche geblieben.
»Sagt Ihnen das nichts?«, fragte Suko.
»Ja, doch. Ausgang.«
»Bestimmt. Aber in diesem Fall müsste es mehr bedeuten, denn Sie haben es oft erwähnt.«
Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Ich… ich?«, flüsterte sie schließlich, »ich soll es gesagt haben? Nein, bitte, das kann ich nicht glauben.«
»Wir lügen Sie nicht an.«
»Was soll ich denn mit dem Ausgang gemeint haben. Sie wegschicken oder wie?«
Als Antwort hielt ich ihr mein Kreuz entgegen. Ich war gespannt, wie sie jetzt reagieren würde. Der Blick erfasste meinen Talisman, aber sie zeigte keine Reaktion. Es schien ihr alles egal zu sein. Sie sah das Kreuz als einen neutralen und völlig normalen Gegenstand an. Auch zeigte sie nicht unbedingt eine große Ehrfurcht davor. Sie sah es, nahm es hin, aber mehr geschah nicht.
»Das kenne ich nicht.« Noch immer war sie ohne Verständnis. »Warum zeigen Sie es mir?«
»Sie haben schon mal anders gesprochen.«
»Wann denn?«
Ich winkte ab. »Lassen wir das und kommen wir zu einem anderen Thema. Sie arbeiten für Dr. Barnabas Barker.«
»Das stimmt genau.«
»Und Sie sind auch die Person, die dann die Patienten
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