1231 - Im Würgegriff des Grauens
vor Angst verzerrte Gesicht der rothaarigen Frau. Sie versuchte, sich freiwillig das Leben zu nehmen, aber mit dieser Akzeptanz hatte ich meine Probleme. Für mich war es nichts anderes als ein freiwilliger Druck.
Diesmal war ich schneller als Suko. Das Bild aufzunehmen hatte nur kurz gedauert. Zwar stürzte Suko zur gleichen Zeit der Frau entgegen, aber ich hatte sie schneller erreicht und riss mit einer harten Bewegung ihre Messerhand zur Seite.
Der Schwung reichte aus, um sie ebenfalls von der Toilette zu zerren. Sie rutschte nach rechts hinweg. Gemeinsam prallten wir gegen die Trennwand zur zweiten Kabine, aber zugleich stellte ich fest, dass sie nicht aufgeben wollte.
Wieder versuchte sie, die Klinge des Taschenmessers in die Nähe ihrer Kehle zu bringen, aber sie hatte Mühe damit, denn sie musste mich mitzerren. Ich riss ihren Arm herum. Die Bewegung war heftig, auch schmerzhaft, denn sie schrie. Ich bog den Arm halb hinter ihrem Rücken in die Höhe, und endlich war der Schmerz so stark, dass ihr das Messer aus den Fingern rutschte.
Es hatte den Boden kaum berührt, als ich es mit einem Tritt aus der Kabine kickte. Irgendwo im Flur blieb es liegen, und ich konnte für den Moment aufatmen.
Ihr Arm fiel herab, als ich ihn losließ. Jennifer Flannigan hockte auf der Toilette. Sie keuchte dabei, sie schüttelte den Kopf, und ihre roten Haare wirbelten hin und her.
Suko stand in der offenen Tür wie ein Wächter. Beide wus sten wir, dass die Sache noch nicht gelaufen war. Es würde Ärger geben, denn Jennifer war keine Person, die aufgab.
Sie schnellte hoch. Jeder von uns rechnete mit einem Angriff.
Den führte sie auch, aber sie führte ihn gegen sich selbst. Mit den gespreizten Fingern zielte sie gegen ihre Augen. Sie hatte auch den Mund aufgerissen, um ihn sich mit der anderen Hand aufzureißen, sodass dies schon einer Selbstverstümmelung gleichkam.
»Topar!«
Nicht nur Jennifer erstarrte, auch ich war nicht mehr in der Lage, mich zu bewegen. Mitten im Sprung fror ich ein, und nur Suko bewegte sich. Aber er tat nichts. Er wartete ab, bis die fünf Sekunden vorbei waren und ging dann auf die Frau zu.
Auch für mich lief die Zeit wieder normal ab. Ich blieb neben Jennifer stehen, die nicht mehr daran dachte, sich selbst zu töten. Der Bann war gebrochen. Aus ihr war wieder ein normaler Mensch geworden, der mit Entsetzen sah, was mit ihm passiert war.
Blut an den Händen. Blut, das aus der Wunde an der Kehle nach unten rann. Blut, das auch noch gegen die Wände gespritzt war und dort ein makabres Muster bildete.
Das alles sah sie, und es wurde ihr plötzlich bewusst, was da passiert war. Sie schaute sich ihre Hände an, sie sah uns, aber sie nahm uns nicht wahr, denn der irre Ausdruck in ihren Augen ließ darauf schließen, dass sie von ihrer Umgebung kaum etwas wahrnahm.
Dann schrie sie.
Sie musste schreien. Es musste raus. Es war grässlich. Es war schrecklich, und sie konnte einfach nicht anders.
Ich schaute mir die Wunde am Hals an. Es sah in der Umgebung schlimmer aus, als die Wunde es selbst war. Der Schnitt war nicht so tief geführt worden, als dass er lebensgefährlich hätte sein können, aber Jennifer musste in ärztliche Behandlung, und sie musste vor allen Dingen verbunden werden.
In dieser Umgebung war alles sehr edel, und das kam uns jetzt zugute. Im Waschraum gab es keine Papierhandtücher zum Abtrocknen der Hände, sondern welche aus Stoff. Und genau die brauchten wir jetzt, um die Wunden zu versorgen.
Suko holte sie, während ich bei der zitternden und vor sich hin flüsternden Frau zurückblieb und beruhigend auf sie einsprach.
Sie nahm mich gar nicht wahr. Sie bewegte ihre blutigen Hände. Sie schaufelte sie von einer Seite zur anderen, sie redete ohne Unterlass, und ich war auch in der Lage, ihre Worte zu verstehen. Sie war selbst überrascht und konnte nicht fassen, was sie sich angetan hatte. Die Sätze stieß sie in einer unzusammenhängenden Reihenfolge hervor. Für mich war es schwer, jedes zweite Wort zu verstehen, aber der Begriff Blut kam öfter vor.
Ich nahm Suko ein Tuch aus der Hand, als er mit mehreren davon zurückkehrte. Es war wohl keine Ader getroffen worden, wenn ja, wäre das Blut weiter gespritzt, und so wickelte ich ihr das Tuch um den Hals, darauf hoffend, dass es die Blutung stoppte.
Sie hob den Kopf an. Dass Suko sich um ihre Hände bemühte, merkte sie nicht. In ihrem Gesicht zuckten die Lippen. Der Mund hatte sich verzogen. So wie sie sah ein
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