1239 - Bilderbuch des Schreckens
den Sitz so weit wie möglich nach hinten. Es war schwer, weil irgendetwas eingerostet war, aber es klappte schließlich, und in dieser Lage schloss ich erst mal die Augen.
Neben mir aß Suko mit knackenden Geräuschen seine Kekse.
Hin und wieder gluckerte es, wenn er Wasser trank, aber diese Geräusche störten mich nicht, denn die Natur verlangte einfach ihr Recht. Ich hatte dabei das Gefühl, einfach wegzusacken und in eine andere Welt hineingetragen zu werden.
Nicht einmal Träume plagten mich, ich war einfach zu kaputt und brauchte den Schlaf.
Aber ich wurde wieder wach. Das heißt, nicht so richtig.
Irgendwie tauchte ich aus einer dunklen Röhre auf und hatte noch irgendwelche Gewichte an meinem Körper hängen, so schwer fühlte ich mich. Die Last lag zudem auf meinem Kopf und verteilte sich sogar in der Nähe der Augen, sodass ich Mühe hatte, sie zu öffnen. Als ich es endlich tat, geschah dies im Zeitlupentempo.
Auch mein Gehör funktionierte wieder. Ich vernahm seltsame Laute in meiner nahen Umgebung. Sie erinnerten mich an eine Mischung aus Röcheln und Seufzen.
Der Körper und ebenfalls der Kopf fühlten sich bleiern an.
Ich wollte richtig wach werden, aber meine Glieder gehorchten mir nicht. Zwar schlief ich in den folgenden Sekunden nicht mehr ein, aber in einem hellwachen Zustand befand ich mich auch nicht. Ich dämmerte irgendwie dahin und versuchte, gegen die Mattheit anzukämpfen.
Etwas irritierte mich.
Diesmal war es kein Geräusch, sondern ein Zucken, ein Spiegeln und ein Blitzen. Es erwischte mich von vorn und von der linken Seite her und befand sich meiner Ansicht nach außerhalb des Jeeps.
Licht?
War es Licht?
Ja und nein. Licht sah anders aus. Es zuckte auch nicht hin und her, um so meine Augen zu erwischen. Es sei denn, jemand leuchtete mich mit einer Taschenlampe an.
Ich war wieder soweit erwacht, dass ich wusste, wo ich mich befand. Nicht in einem Zimmer, sondern in einem Auto, in dem es verdammt kalt geworden war. Jedenfalls fror ich, obwohl ich gar nicht so lange geschlafen hatte.
Ich öffnete die Augen jetzt weiter und sorgte auch dafür, dass sie mir nicht zufielen.
Das Licht oder das Blitzen waren verschwunden.
Hatte ich mich doch geirrt?
Nein, da war es wieder. Links von mir an der Beifahrerseite.
Es huschte heran, es schimmerte, es bewegte sich, es schien helle Kaskaden zu verstreuen, und ich wurde tatsächlich geblendet.
Als Schutz hielt ich mir die Hand vor die Augen und nahm das Blitzen nur an den Rändern war. Ich nahm die Hand wieder weg, blickte durch das Fenster nach draußen und hatte das Gefühl, mich kneifen zu müssen, um mich zu vergewissern, dass ich auch hellwach war.
Was da durch den Wald huschte, war kaum zu fassen. Es war ein Spiegelmensch. Ein Lichtmann und zugleich einer, dessen Körper mit zahlreichen Glasscherben bedeckt war.
Verrückt! Irrsinn! Das träumte ich. Das konnte nicht der Wahrheit entsprechen.
Jemand huschte tatsächlich wie ein spiegelnder Mensch durch den Wald und war wenig später verschwunden.
Ich sagte nichts und tat nichts, aber ich war jetzt hellwach, obwohl ich in meinem Sitz hockte wie ein Statue.
War das möglich?
Ja, es war möglich!
Aber wer huschte am späten Abend durch den Wald? Ein Gespenst? Jemand, der hier Verstecken spielte?
»Hast du Probleme, John?«
»Nicht direkt.«
»Und indirekt?«
»Da war jemand. Er kam zu unserem Wagen, Suko. Aber das war kein normaler Mensch, sondern eine Gestalt, die über und über mit Licht oder mit kleinen Spiegelscherben bedeckt war. Wie ein Harlekin, ein irrer Clown, der durch den Wald hastet und hier seine Spielchen treibt.« Ich hatte den Kopf gedreht und Suko während meines Berichts angeschaut. Auch er sah mich an, aber er schüttelte den Kopf, und in seinen Augen stand ein Ausdruck, der mir sagte, dass er mich für leicht verrückt hielt.
»Es war so!«, bestätigte ich mit Nachdruck.
»Ein Spiegelmann?«
»Ja, verdammt.«
»Den hast du dir nicht herbeigeträumt?«
»Unsinn. Warum sollte ich das tun? Nein, es war ein Clown, ein irrer Typ, der da durch den Wald huschte und von dessen Körper das Licht abstrahlte und umherzuckte wie…«, mir fiel kein Vergleich ein, und ich zuckte mit den Schultern.
Sukos Blick wurde nachdenklich. »Schade, dass ich etwas zu spät erwacht bin. So habe ich ihn leider nicht gesehen. Noch mal die Frage! Du bist sicher, dich nicht getäuscht zu haben?«
»So ist es.«
»Und was machen wir jetzt? Sollen wir weiterfahren und
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