1239 - Bilderbuch des Schreckens
schließlich passieren.
Bevor ich den Gedanken richtig zu Ende gebracht hatte, bekamen wir dieses Licht ganz zu sehen.
Plötzlich lag es frei. Es hatte die Deckung und den Schutz der Natur verlassen.
Wir staunten!
Es war ein bestimmtes Licht, und es füllte eine mannsgroße Kugel aus, ähnlich wie das, was Bills Goldene Pistole hinterließ, nur nicht oval, sondern völlig rund.
Das alles hätte ich noch als relativ normal angesehen, auch das Licht innerhalb der Kugel, aber es gab da auch noch einen Inhalt, und der hatte nichts mit der Helligkeit zu tun.
In der Kugel stand ein Mensch!
Ein kleiner Mensch. Mit rundlichem Körper und Kopf.
Rundlich war auch das Gesicht, und genau dieser Mensch stand inmitten der übergroßen Kugel oder Seifenblase.
Aber auch mit dem Menschsein hatte ich meine Probleme, denn diese Gestalt in einem grünen, sehr engen Trikot war für mich kein normaler Mensch. Darüber wollte ich auch mit Suko sprechen.
»Weißt du, was das ist?«
»Nicht genau. Ich muss erst nachdenken.«
»Für mich ist das ein Kobold…«
***
In den nächsten Sekunden hörte ich von Suko nichts. Wahrscheinlich musste er über meine Worte nachdenken. Ich bemerkte, dass seine Gesichtsmuskeln einige Male zuckten, was auf eine große Überraschung seinerseits hindeutete, und als er den Mund öffnete, um etwas zu fragen, kam ich ihm zuvor.
»Jetzt frage mich nicht, ob es Kobolde überhaupt gibt.«
»Das hatte ich vor. Oder so ähnlich. Klar, es gibt Kobolde, John, aber nicht hier, sondern in Aibon. Erinnere dich an die Killer-Kobolde. Außerdem ist dieser hier größer.«
»Mag sein, aber mir kommt er trotzdem so vor. Ein Kobold im Wald, verstehst du? Einer, der sich hier in der Einsamkeit versteckt gehalten hat und nicht damit rechnet, Menschen zu begegnen. Der Spiegelmann war der Erste und das ist der Zweite, der eigentlich nicht so recht in diese Welt hineinpasst.«
»Wenn du es so siehst, muss ich dir Recht geben. Trotzdem geht mir Aibon nicht aus dem Sinn.«
»Das eine schließt das andere ja nicht aus.« Ich schüttelte den Kopf. »Aber eines steht fest. Ich möchte mir den Kobold gern aus der Nähe anschauen.«
»Meinen Segen hast du. Aber du gestattest, dass ich mir plötzlich vorkomme wie in einem Märchenwald, wenn das so weitergeht.«
»Kein Widerspruch. Aber denk immer daran, dass manche Märchen auch verdammt gefährlich und böse sein können. Hier müssen wir mit allem rechnen.«
»Keine Bange.«
Seit der Entdeckung war nicht viel Zeit vergangen. Der Kobold hatte seine Kugel nicht von der Stelle bewegt, und wir waren auch nicht sicher, ob er uns in der Dunkelheit überhaupt entdeckt hatte. Deshalb bewegten wir uns auch jetzt nicht zu schnell, sondern schlichen und nutzten auch die natürlichen Deckungen aus, das heißt, wir bewegten uns von Baum zu Baum weiter.
Die Kugel stand auf dem Fleck, als hätte man sie dort angeklebt. Je näher ich kam, um so besser konnte ich den Inhalt erkennen. Ich blieb dabei, es war ein sehr kleiner Mensch, aber größer als ein Liliputaner oder Pygmäe. Außerdem war er nicht eben dünn unter seinem Kostüm, das fast wirkte wie ausgestopft.
Es war grün. Auch seine Beine mit den recht stämmigen Oberschenkeln schimmerten in dieser Farbe. Arme, die mich an lange Würste erinnerten. Auch sie waren von einer grünen Farbe bedeckt. Arme und Beine mussten vom Material einer Strumpfhose bedeckt sein, so dünn jedenfalls war der Stoff.
Dann gab es noch den Kopf.
Aber keinen Hals.
Jedenfalls entdeckte ich keinen, denn der sehr runde Kopf sah aus, als wäre er ohne Hals direkt auf den Körper gesetzt worden. Das Gesicht mit dem breiten Mund, der schmalen, nach oben gebogenen Nase, den vollen Wangen mit einigen rötlichen Flecken darauf und auch die Haare, die sehr kurz waren, aber vorne länger. Dort hatte man sie auch in die Höhe gekämmt.
Es war kaum zu fassen, so einen Menschen zu sehen. Aber ich war mit meiner Betrachtung noch nicht am Ende, denn es gab noch die Augen. Bisher hatte die Farbe Grün die Oberhand gewonnen. Das galt nicht für die Augen, denn sie strahlten in einem blassen Rot. Der Kobold besaß tatsächlich rote Augen.
»Hast du ihn dir genau angeschaut?«, fragte Suko leise.
»Klar doch.«
»Was sagst du?«
»Wie aus einem Märchen stammend.«
»Aibon, Alter…«
»Da bin ich mir nicht so sicher.«
»Aibon kennen wir zwar, John, aber wir kennen es nicht gut genug. Es hält noch immer Überraschungen für uns bereit.«
»Nimmst du
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