124 - Die Königin der Nacht
schutzsuchend an ihren Mann preßte. Die blonde Frau wurde von Weinkrämpfen geschüttelt, aber Coco erkannte, daß ihr Nervenzusammenbruch nur gespielt sein konnte. Denn wieder war die Ausstrahlung des Bösen, die von Sue ausging, ganz deutlich zu spüren. Coco kam zu dem Schluß, daß der Dämon, der sie beherrschte, mit dieser Entwicklung gerechnet haben mußte. Sue Thornton war für ihn ein wertvoller Verbündeter.
„Wußten sie, daß wir nur Figuren in einem Spiel auf Leben und Tod abgeben, Swami?" erkundigte sich Dorian.
„Wir sind alle nur Figuren im Spiel des Lebens, deren Schicksal von dem einen bestimmt wird, der das Rad dreht", antwortete Swami ausweichend. „Wer ihm treu dient, der wird belohnt werden. Wer sich gegen ihn stellt, der wird zerschmettert. Chakravartin ist der Weltenherrscher. Er bestimmt, und wir gehorchen."
Dorian wechselte abrupt das Thema. „Kennen Sie einen Sadhu, der Badheri heißt, Swami?"
„Dieser Name ist mir bekannt. Er ist einer der unseren."
„Kennen Sie sein Versteck? Würden Sie uns zu ihm führen?"
„Ich glaube, das wäre nicht im Sinne des einen, der das Rad dreht", sagte Swami ausweichend. Dorian packte ihn am Kragen.
„Ist es vielleicht deshalb nicht in seinem Sinne, weil er sich selbst hinter diesem Namen verbirgt?" fragte er wütend. „Hat der Chakravartin vielleicht nur das Aussehen von Badheri angenommen?" Swami berührte mit den Fingerspitzen Dorians Hände, und der Dämonenkiller zuckte mit einem Aufschrei zurück, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen.
Olivaro sprang hinzu.
„Noch eine solche Grobheit, Swami, und ich mache Sie um einen Kopf kürzer!" drohte er.
„Niemand vergreift sich ungestraft an einem auserwählten Chakra", sagte Swami würdevoll. „Dasselbe trifft auch auf meine Freunde zu", erwiderte Olivaro. Plötzlich schien es, als lächelte sein knochiger Mund. „Und wenn Sie sich nicht daran halten wollen, Swami, dann könnte es sein, daß der Chakravartin den Ys-Spiegel nie zu Gesicht bekommt. Dorian Hunter könnte mit dem Spiegel das Kräftemessen zwischen dem Chakravartin und Luguri mit einem Schlag beenden - und zwar zu unseren Gunsten."
Das wirkte. Swami fuhr entsetzt zusammen.
„Lassen Sie den Spiegel aus dem Spiel!" rief er beschwörend. „Damit würden Sie nur Schaden anrichten."
„Ich merke, aus Ihnen spricht der Chakravartin", stellte Olivaro zufrieden fest. „Dann verstehen wir uns also."
Bryon hatte sich von Sue getrennt und kam zu Coco, die von den anderen einige Meter entfernt war und den Eindruck eines unbeteiligten Beobachters machte.
„Liegt Ihnen wirklich so viel an Badheri?" fragte er Coco leise.
„Er könnte uns vielleicht den Schlüssel für die Lösung des Geheimnisses liefern", meinte Coco. „Wäre es Ihnen möglich, uns zu ihm zu führen?"
„Das wollte ich vorschlagen", antwortete Byron. „Ich bin nicht sicher, ob ich den Weg zu seinem Versteck wiederfinde. Aber versuchen kann ich es. Ich wollte das nur nicht vor diesem Swami sagen. Er ist mir unheimlich. Wir sollten ihn abschütteln."
„Das wird sich sicherlich machen lassen", sagte Coco. „Wenn es soweit ist, gebe ich Ihnen ein Zeichen. "
Byron nickte und wollte zu seiner Frau zurückkehren.
Plötzlich rief er erschrocken: „Sue!"
Coco fuhr herum. Der Platz, an dem sich Sue noch vor wenigen Augenblicken befunden hatte, war leer.
„Meine Frau ist verschwunden!" rief Byron verzweifelt. „Gerade war sie noch da! Jetzt … Wir müssen Sie suchen."
Coco war nicht überrascht. Sie hatte nichts anderes erwartet. Der Dämon, der Sue beherrschte, hatte zweifellos seine Sklavin zu sich gerufen, damit sie ihm Bericht erstattete. Coco hoffte nur, daß Donald Chapman Sue auf den Fersen blieb.
„Das war ein Schlag ins Leere, Luguri", sagte Chakravartin spöttisch. „Du glaubst doch nicht wirklich, daß du mich mit solchen ungestümen Angriffen in Verlegenheit bringen kannst. Wenn du weiterhin so leichtfertig mit deinen Figuren umgehst, fresse ich dir einen Bauern nach dem anderen." „Ja, ja, dieser Zug war nicht klug von mir", stimmte Luguri scheinbar zerknirscht zu.
In Wirklichkeit amüsierte er sich über den Januskopf. Die Attacke seiner Dämonen war nur ein Scheinmanöver gewesen.
Luguri hatte damit gerechnet, daß seine Tierdämonen gegen den Dämonenkiller und seine Begleiter nicht viel ausrichten konnten. Er wollte etwas anderes erreichen, nämlich daß Sue Thorntons Position - die ein wertvoller Spion für ihn war -
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