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124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

Titel: 124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Vielleicht hatte der Wind die zerrissenen
Fäden wieder zusammengetrieben ...
    Aber Bernauers
Vermutung erfüllte sich nicht. Das Netz war neu. Aber es war unmöglich, dass in
der Kürze der Zeit eine Spinne das Netz neu gesponnen haben konnte. Martin
Bernauer führte seine Hand vorsichtig dem hauchdünnen, klebrigen Schleier
entgegen und zerriss ihn blitzartig. Er schuf sich ein Loch in dem Vorhang und
stieg dann nach außen durch. An seiner Kleidung und seinen Haaren blieben die
grauweißen, klebrigen Fäden hängen. Er machte sich nicht die Mühe, sie zu entfernen.
Hier gab’s unzählige weitere Spinnennetze, durch die er sich noch durchkämpfen
musste. Bernauer, der auf der Jagd nach einem echten Spukerlebnis war, fühlte
sich momentan unwohl in seiner Haut. Hier gab es etwas, das er nicht begriff
und das nicht mit den bestehenden physikalischen Gesetzen in Einklang zu
bringen war. Das hier - war echter Spuk! Eine geheimnisvolle, unsichtbare Kraft
hatte die Fäden wieder zusammenwachsen lassen. Bernauer beobachtete das Netz
einige Minuten in der Hoffnung, dass sich der Vorgang noch mal wiederholte.
Diesmal jedoch - unter seinen Blicken. Es war aber nicht der Fall, Der kühle
Wind ließ die langen Fäden lautlos hin- und herpendeln, sie verfingen sich
ineinander - aber sie verschlossen das Licht nicht mehr.
    Bernauer war
nach diesem Erlebnis erst recht hellwach und hätte sich umso mehr einen
Begleiter gewünscht. In der dunklen, stillen Neumondnacht schien einiges nicht
mit rechten Dingen zuzugehen. War die Weiße Frau etwa schon in der Nähe? In
Verbindung mit Geistererscheinungen traten manchmal die merkwürdigsten
Phänomene auf. Da konnte es zum Beispiel zu plötzlichem Temperaturanstieg oder
-abfall kommen, oder seltsame Geräusche wurden hörbar. Gegenstände konnten in
Bewegung geraten, ohne dass jemand Hand anlegte. Bilder fielen von den Wänden,
Uhren, die lange Zeit nicht mehr funktionierten, gingen plötzlich wieder - oder
zerrissene Spinnweben fügten sich auf geheimnisvolle Weise wieder zusammen, wie
er es erlebt hatte. Spuk und Magie schienen die gleiche Ursache zu haben.
    Martin Bernauer
war einzige gespannte Aufmerksamkeit. Er hatte den Fotoapparat, den er mit
einer Lederschlinge um den Kopf hängen hatte, mit einem Spezialfilm geladen und
ihn schussbereit eingestellt. Sollte er etwas Verdächtiges registrieren, wollte
er auf alle Fälle versuchen, die Erscheinung auf Zelluloid festzuhalten. Mit
dem zerrissenen Spinnennetz machte er das jetzt schon. Er schoss zwei
Aufnahmen. Bei dem hochempfindlichen Film, den er benutzte, war das Licht einer
Kerze ausreichend. Bernauer hielt in seinem Notizbuch den genauen Zeitpunkt der
Aufnahme fest. 23 Uhr 42 ...
    Dann setzte
der Student seinen Weg fort. Es war gleich, wohin er sich zuerst wandte, ob in
tiefer gelegene Kammern oder in die oberen Etagen. Es gab keinen speziellen
Platz, an dem die Weiße Frau bevorzugt in Erscheinung trat. Überall war sie
schon gesehen worden. Bernauer entschloss sich, systematisch vorzugehen. Wenn
der Geist der ruhelosen Männermörderin in diesen Mauern zu Hause war und in
Neumondnächten besonders aktiv wurde, dann war es ohne Bedeutung, wo er sich
aufhielt. Wenn Lady Myra dieses düstere, baufällige Bauwerk beherrschte, war
sie längst über seine Anwesenheit informiert und würde sich zeigen, wann immer
sie wollte. Vorausgesetzt, sie wollte überhaupt...
    Der grobkörnige
Sand knirschte unter seinen Schuhen, als er sich weiter in Bewegung setzte.
Martin Bernauer stieg über die Treppe nach unten und erkannte im Schein seiner
Taschenlampe, dass er hier keine großen Chancen hatte. Die Kellergewölbe waren
durch Sand und Schutt unerreichbar geworden. ln den Mauern gab es Löcher,
Ritzen und Hohlräume. In ihnen wimmelte es von Käfern und anderem Ungeziefer,
und die unteren Verliese schienen auch von besonderem Interesse für Ratten und
Mäuse zu sein. Für sie waren die existierenden Hohlräume groß genug. Bernauer
leuchtete in ein Mauerloch. Weit trug der Lichtstrahl nicht. Der Schacht war
etwa zwanzig Zentimeter breit und zwei bis drei Meter tief. In dem Loch lagen
faulende Laub- und Holzreste und abgenagte Knochen kleinerer Tiere, die hier
irgendwann mal Zuflucht gesucht hatten, verendeten und schließlich von den
überall gegenwärtigen Ratten gefressen worden waren. Bernauer räumte einige
Steinbrocken beiseite und versuchte mit einer dicken Astgabel etwas von dem
Schutt zu lockern, um das Loch zu erweitern. Aber er

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