124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm
schweben ... Es war
unangenehm, ständig begleitet von dem Gefühl, in eine endlose Tiefe zu stürzen
und dort zu zerschmettern. Die Nachwirkungen der Droge wurden immer massiver
und bewirkten Halluzinationen akustischer und visueller Art.
Akustisch
wurde das kaum hörbare Piepen zu einem dröhnenden Glockenschlag, der die Luft
und Mornas Körper erzittern ließ, so dass sie meinte, in das Metall mit
eingegossen zu sein. Sie empfand alles äußerst schmerzhaft und stöhnte. Sie
registrierte sowohl die Dunkelheit als auch die Helligkeit intensiver als
sonst. Und sie nahm etwas wahr, das vorhin, als Dr. Thomas Brennan sich im Raum
aufhielt, noch nicht da war.
Es stand
direkt neben ihr. Sie sah, wie sich das Licht der Schreibtischlampe darin
spiegelte. Was da stand, gehörte nicht zu den anderen Trugbildern und
Geräuschen, die ihr vorgegaukelt wurden. Der große, gläserne Sarg neben ihrer
Pritsche war wirklich vorhanden, dreidimensional und fühlbar und keine
Einbildung.
Was hatte Dr.
Brennan damit vor?
●
Von all
diesen Umständen ahnte Larry Brent nichts. Er registrierte, dass der Ruf zwar
ankam, aber nicht beantwortet werden konnte. Entweder konnte Morna ihn nicht
entgegennehmen, weil sie anderweitig beschäftigt war, oder sie wurde daran
gehindert. Vielleicht - weil sie in die Gefangenschaft des undurchsichtigen
Irrenarztes geraten war ...
Larry musste
sein Vorgehen der Situation anpassen. Ein unruhiges Gefühl machte sich in ihm
breit, und er wäre am liebsten auf der Stelle umgekehrt und Richtung Pembroke
und Privatsanatorium Dr. Brennan gefahren. Aber da war Henry Parker-Johnson.
Diesem Mann gegenüber, der noch völlig ahnungslos war, trug er ebenfalls
Verantwortung. Morna konnte sich unter Umständen selbst helfen und ihre
Situation in den Griff bekommen. Der Mann aber, der seit Monaten in einer
Irrenanstalt festgehalten wurde, war völlig auf sich gestellt und hilflos und
geriet mit Sicherheit in eine neue Gefahr, wenn er nicht wusste, wie ihr
gemeinsamer Plan im Einzelnen aussah. Larrys Lippen bildeten einen harten
Strich in seinem markant geschnittenen Gesicht. Er gab Gas und folgte dem Wagen
dichtauf. Um den Vorausfahrenden nicht zu irritieren oder sein Misstrauen zu erregen,
ließ Larry Brent den Ford einfach weiterrollen, als die Abzweigung zum Landsitz
der Parker-Johnsons kam. Nur hundert Meter weiter bremste Larry und stellte
sein Fahrzeug in der Dunkelheit ab. Dann durchquerte der Agent die am
Straßenrand stehenden Baumreihen und lief geduckt und in leichtem Dauerlauf die
Zufahrt entlang zum Landsitz. Das Anwesen war von einer hohen Mauer begrenzt
und durch ein hohes schmiedeeisernes Tor gesichert. Es war verschlossen.
Spätestens hier musste auch der Fahrer des Triumph Vitesse halten. Henry
Parker-Johnson war am Ziel, stellte den Wagen längs der Außenmauer ab und
starrte minutenlang in die Dunkelheit, ehe er seinen Platz am Steuer verließ.
Larry, der nur drei Schritte entfernt hinter einem Baum stand, konnte den Mann
am Gittertor sehen, der einen Blick auf das hinter Büschen und Bäumen versteckt
liegende Haus zu erhaschen versuchte, in dem parkähnlichen Anwesen waren
deutlich zwei schwache, ferne Lichtquellen zu erkennen, deren Schein durch die
Blätter fiel. Es handelte sich um die Außenlaternen vor der Eingangstür. Larry
konnte sich denken, was in dem Mann vorging, der sehnsüchtig durch die
Gitterstäbe starrte, das kleine Messingschild mit dem Namen und dem
Klingelknopf begutachtete. Das Tor war verschlossen, aber Henry Parker-Johnson
war dennoch entschlossen, sich auf das Anwesen zu begeben. Er kletterte auf das
Dach des Triumph Vitesse und versuchte von dort aus die Mauer zu erklimmen.
„Ich kann’s
verstehen“, sagte Larry Brent leise aus dem Dunkeln und löste sich vom Baumstamm.
„Erschrecken Sie nicht... Sie brauchen mich nicht zu fürchten, Mister
Parker-Johnson. Ich bin ein Freund von Miss Jane.“
Der
Privatgelehrte, der Mathematik studierte und in diesem Fach auch seinen Doktor
gemacht hatte, sich später aber ganz anderen Aufgabenbereichen zuwandte, stieß
trotz dieser Warnung einen Schrei aus. Er hielt in der Bewegung inne und
blickte misstrauisch auf den Mann, der vor der Kühlerhaube des Triumph stand. „Wer sind Sie?“, fragte Parker-Johnson mit
rauer Stimme.
„Larry Brent...
Ich habe Ihnen etwas zu sagen. Es dürfte jetzt, nachdem Jane offenbar nicht
gekommen ist allerdings ein bisschen komplizierter für Sie zu verstehen sein.
Weshalb blieb Jane
Weitere Kostenlose Bücher