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124 - In der Gewalt der Daa'muren

124 - In der Gewalt der Daa'muren

Titel: 124 - In der Gewalt der Daa'muren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Gefährten, nur dass er goldfarben war. Er hatte ihn bis zu den Hüften abgestreift und ließ sich den Bauch von der Herbstsonne bescheinen. Sein Helm lag neben dem Schwert der Frau im Gras.
    Sein Gefährte blieb vor Jenny und Bulldogg stehen. »Na so was.« Er grinste müde und musterte Jenny. »Sie sehen ja richtig zivilisiert aus. Ich dachte, hinter diesen Mauern hausen ausschließlich Barbaren wie…« Er schielte zu Bulldogg, war aber klug genug, seinen Satz unvollendet zu lassen.
    »Wer sind Sie und was wollen Sie hier?« Jenny schlug einen scharfen Tonfall an. Der Mann zuckte zusammen.
    »Ich… äh… ich bin Franz-Gustav von Leyden.« Er zog seine Hand zurück und deutete mit dem Daumen über die Schulter zu seinen Gefährten. »Wir kommen aus der Kölner Gegend. Köln, verstehen Sie? Sagt Ihnen das irgendwas?«
    Jenny beobachtete ihn ohne jede Regung. Das schien den Mann zu verunsichern. Er wirkte seltsam müde und schlaff, und er sprach, als wäre er berauscht. »Nun, wir brauchten für ein paar Tage ein Dach über dem Kopf und was zu essen. Wir und unsere Freunde…« Er fuhr sich über die Stirn, als hätte er Kopfschmerzen.
    Jennys Blick flog zwischen dem Fremden und dem Paar hin und her. Die Amazone beobachtete sie aufmerksam, der Mann in ihrem Schoß schien zu schlafen.
    »Okay, von Leyden. Ich lasse Ihnen Essen und Trinken vor das Tor bringen. Dann stärken Sie sich und ziehen weiter.«
    »Ach so, meinen Sie…«, sagte der Fremde mit schwerer Zunge. Jenny beobachtete, wie die Amazone sich zu dem Schlafenden hinunter beugte und ihm ins Ohr flüsterte. Die Leute interessierten sie nicht weiter. Sie wandte sich ab und ging an ihren Soldaten vorbei zurück zum Tor. Das Trio war ihr nicht geheuer. »Bringt ihnen was zu essen, Bulldogg. Und anschließend seht zu, dass sie in den Wald zurück…«
    »Hey, Königin!« Eine andere, jüngere Männerstimme rief nach ihr. Jenny drehte sich um. Der andere Mann stemmte sich schwerfällig aus dem Gras hoch. »Warte mal!« Er ging in die Knie, schwankte. Für einen Augenblick konnte man seinen nackten und vom Hintern bis zum Nacken tätowierten Rücken sehen – das Bild eines Nashorns zierte ihn. Endlich stand er.
    »Du hast meinen Onkel wohl nicht verstanden, Königin!«
    Er kam zu ihnen und schlüpfte im Gehen in die Ärmel seines Goldanzuges.
    Auch sein Schritt hatte etwas Schleppendes, Müdes. Die Ähnlichkeit mit den Kranken innerhalb der Mauern lag nahe. Jenny dachte an Arnau, sie dachte an das letzte Gespräch mit Matt, und Schrecken und Furcht verdichteten sich in ihr zu einem noch unbestimmten Verdacht.
    »Wir sind nur die Vorhut«, sagte der Tätowierte. »Die anderen sind unterwegs, müssen demnächst hier ankommen. Wir haben einen Panzer dabei und noch ein paar Sachen, die wir hier in der Gegend deponieren sollten. Wir brauchen also schleunigst ein paar stabile Häuser und so weiter. Alles klar?«
    Seine Augen leuchteten rötlich, seine Haut war voller Pickel und bleich – ein Albino. Der Kerl war blutjung, höchstens achtzehn. Dennoch hatten sich ein paar tiefe Falten in sein Gesicht gegraben und gaben ihm einen irgendwie leidenden Ausdruck.
    Jenny hatte den Waffenkolben registriert, der hinter seinem Rücken hervor schaute. Sie versuchte nicht hinzusehen. »Hör Sie zu, junger Mann!«, zischte sie. »Erstens verbitte ich mir diesen Ton! Zweitens bekommen Sie Proviant und hauen dann, drittens, ab! Und viertens: Noch eine einzige Unverschämtheit, und ich streiche Punkt zwei. Alles klar?«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, machte sie kehrt. Seite an Seite mit Bulldogg ging sie zurück zum Tor.
    »Habt Ihr das gehört, meine Königin?« Bulldogg machte nicht mal den Versuch, seine Erregung zu verbergen. »Da kommen noch mehr! Sie sind schon unterwegs, sie haben Wagen dabei!« Hinter ihnen wurde das Tor geschlossen.
    Jenny nickte. Äußerlich bewahrte sie Würde und Ruhe. In Wirklichkeit kreisten ihre Gedanken immer hartnäckiger um die schlimmen Nachrichten, die Matt vor acht Wochen mitgebracht hatte. Nachrichten von Außerirdischen, die vor fünfhundertacht Jahren mit dem Kometen auf die Erde gekommen waren. Nur eine Frage der Zeit, bis sie vor den Toren Berlins auftauchen, hatte Matt gesagt. Sollten die drei da draußen etwa so eine Art Vorhut dieser Eroberer, dieser Daa'muren sein?
    »Wo ist Arnau?« Ihre Stimme klang belegt. »Immer noch in Beelinn?«
    »Heute Morgen ist er gegen Norden gezogen.«
    »Wenigstens eine gute Nachricht.« Jenny seufzte.

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