124 - In der Gewalt der Daa'muren
Männern und diesen drei oder vier wilden Kriegerinnen zu verstehen – es gelang ihr nicht. Und immer wieder war Matts Stimme in ihrem Kopf: Ich an ihrer Stelle würde die Stadt zu einer Art Zwischenlager umfunktionieren…
Sie musste die Allianz verständigen, auf der Stelle! Bislang hatte sie geglaubt, Berlin allein schützen zu können. Nun war diese Hoffnung zerstört, und sie verwünschte sich dafür, nicht schon viel früher gehandelt zu haben.
Sie hielt noch die Holmen der Leiter fest, als ein Palastgardist aus einer Seitengasse gerannt kam. Keuchend blieb er neben Jenny stehen. »Er will Euch sprechen, meine Königin!«
»Wer?«
»Arnau von Gödenboorg. Er wartet im Palast auf Euch.«
***
Luukwald, Mitte Oktober 2520
Die letzte Nacht im Winterlager der Waldmänner. Rudgaar schlief unruhig. Das Amt, das ihn in Beelinn erwartete, fesselte seine Gedanken vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen. Und dazwischen beschlagnahmte es seine Träume.
Der bevorstehende Neuanfang machte ihn nervös.
Ungewöhnlich für einen, der über drei Winter das Doppelleben eines Spions am Hofe Bolle Karajans geführt hatte.
Früh erhob er sich von seinem Lager und begann das Hab und Gut seiner Familie in Körbe und Kisten zu verpacken.
Watzlowerst hatte sich angeboten, Magadah und die beiden Kleinen samt Gepäck mit seinen Insekten in die Königssiedlung zu fliegen. Mit Leesanja, Hainaar und den Doyzdogger wollte Rudgaar zu Fuß gehen. Etwa zehn Wegstunden entfernt lag Beelinn. Der Hundemeister fühlte sich stark genug für die Wanderung. Guundal und Alv wollten ihn mit zwei erfahrenen Jägern begleiten. Rudgaar nahm an, dass sie für den Rückweg einen Abstecher nach Pottsdam geplant hatten.
Nach dem Frühstück schnürten sie ihre Körbe, Kisten und Bündel auf die Frekkeuscher und die Androne. Für die Hundesättel hielt Rudgaar nur das leichte Gepäck zurück. Er war gerade dabei, einen Kriegs-Doyzdogger namens Orguu und die Schwarze in einen Transportkäfig zu sperren – wenn schon ohne ihn, sollte Magadah doch wenigstens nicht ohne Hunde in Beelinn eintreffen –, als Tilmo, der Sohn Guundals, im Lager auftauchte. Er machte einen abgehetzten und angespannten Eindruck.
»Schlechte Nachrichten aus der Königssiedlung.« Ohne sich lange mit der üblichen Begrüßung seiner Familie aufzuhalten, kam er sofort zum Punkt. »Die Tochter der Königin ist verschwunden.« Nach und nach versammelte sich die gesamte Sippe um Tilmo. Er übergab dem Scheff das Pergament mit der königlichen Botschaft und berichtete dann, dass Ann mit Miouu und zwei Bewaffneten am Tag zuvor nach Südosten in den Ruinenwald gezogen und nicht zurückgekehrt waren. »Sie hatten Canada dabei.«
»Ausgeschlossen!«, brauste Rudgaar auf. Canada war ein Sohn Greifs. Rudgaar hatte den jungen Doyzdogger Königin Jenny zur Geburt ihrer Tochter geschenkt. Der Hundemeister reagierte empfindlich, wenn es um seine Tiere ging. »Selbst wenn das Kind verletzt wäre, würde er es zurück nach Beelinn bringen. Man müsste den Hund töten, um ihn daran zu hindern.«
»Und wenn einer genau das getan hat?« Guundal sprach aus, was alle dachten.
»Die Königin hat noch gestern Abend den Sergeant Maakus mit zehn Soldaten ausgesandt«, berichtete Tilmo. »Doch die werden in der Dunkelheit kaum was ausgerichtet haben. Heute Morgen wollte sie Bulldogg mit sechzig Mann in die Wälder schicken, zehn davon auf Fluginsekten.« Jemand brachte einen Krug Wasser. Tilmo trank und blickte dann in den Himmel über dem Geäst der Bäume. »Die Sonne steigt schon seit drei Stunden. So lange müssten Bulldogg und seine Männer bereits unterwegs sein.«
»Königin Jenny bittet uns bei der Suche nach ihrer Tochter zu helfen.« Brunor rollte das Pergament mit der Botschaft wieder zusammen. »Das werden wir tun, keine Frage.« Er wandte sich zu seiner Sippe um bellte ein paar Anweisungen.
Tilmo nahm einen weiteren Schluck Wasser, setzte den Krug ab und blickte den Hundemeister an. »Da ist noch was. Fremde stehen vor dem Osttor und wollen in die Siedlung, zwei Männer und eine Frau. Die Leute gefallen mir nicht, und der Königin gefallen sie auch nicht. Sie hat ihnen den Einlass verwehrt. Die drei haben die Nacht vor der Wehrmauer verbracht. Angeblich sind weitere Fremde unterwegs nach Beelinn.«
Rudgaar überlegte nicht lange. Er beriet sich kurz mit seiner Frau und dem Scheff. Eine halbe Stunde später ließ er sein Gepäck bis auf die beiden Hundekäfige wieder von den
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