1240 - Das Knochenkreuz
schüttelte den Kopf. »Sagen Sie nicht, dass wir uns hier unterhalten sollen.«
»Wo dann?«
»In meinem Wagen.«
Orel Krasna saugte scharf die Luft ein. Es schien ihm nicht zu gefallen, und er schaute sich auch um, wie jemand, der befürchtet, von irgendwelchen Verfolgern eingekesselt zu sein.
»Sie brauchen keine Angst zu haben, ich bin allein gekommen. So war es abgesprochen.«
»Ja, ich weiß.«
»Also?«
Ein prüfender Blick traf mein Gesicht, dann nickte Krasna.
»Ja, ich bin einverstanden.«
»Okay.«
Als ich gehen wollte, hielt er mich fest. »Aber Sie legen mich nicht rein, oder? Das haben Sie mir versprochen.«
»Nein, ich lege Sie nicht rein. Ich weiß, dass Sie gesucht werden, aber manchmal sind auch wir Polizisten in der Lage, einen sehr breiten Graben zu überspringen. Ist das für Sie okay?«
»Ja, das ist es.«
»Wunderbar. Dann können wir uns ja jetzt auf den Weg machen.« Noch einmal sagte ich zu ihm: »Keine Sorge, ich bin wirklich allein gekommen. Sollte sich allerdings herausstellen, dass Sie mich gelinkt haben, kann ich sehr sauer werden.«
»Keine Sorge, das habe ich nicht. Außerdem werde ich noch in dieser Nacht verschwinden.«
»Aus England?«
»Ja. Man wird mich so schnell hier nicht mehr sehen, Sinclair.«
Ich hatte kein gutes Gewissen, weil ich mich mit einem steckbrieflich gesuchten Typen abgab. Aber in meinem Job musste man wirklich oft fünf gerade sein lassen, um das Ziel zu erreichen, und dies hier war wieder so ein Problem.
Er ging neben mir her. Ich sagte nichts. Fragen würde ich später stellen. Ich hörte seinen heftigen Atem, die Echos der Schritte und auch das Heulen des Windes, der immer wieder um unsere Köpfe fuhr und nach uns schnappte.
Vorbei war es mit dem Sommer und auch mit den herrlichen Sonnentagen im Oktober. Jetzt fing das Wetter an, über das viele Menschen so fluchten, aber das hatte ich mir abgewöhnt.
Ich konnte sowieso nichts daran ändern.
»Wo steht denn Ihr Wagen?«
»An ziemlich sicherer Stelle. Es gibt hier einen kleinen Parkplatz. Tagsüber stellen die Mitarbeiter der Firma dort ihre Autos ab. In der Nacht ist er meistens frei.«
»Okay.«
Das Licht verteilte sich in dieser Gegend nicht eben üppig.
Der blasse Schein weniger Laternen wirkte verloren in der dichten Finsternis, zu der sich zum Glück kein Nebel hinzugesellt hatte. Der Parkplatz lag versteckt zwischen den höheren Backsteinbauten der kleinen Firmen, die sich hier eingenistet hatten. Früher waren es nur solche gewesen, die sich mit dem Handel auf See beschäftigt hatten. In der letzten Zeit waren immer mehr kleine Startupper aus der IT-Branche hinzugekommen, aber nach diesem großen Boom war der tiefe Fall gekommen. So hatten die Firmen nach den Pleiten auch ihre Büros aufgeben müssen. Die meisten standen jetzt leer.
Der Parkplatz war kaum besetzt. Mein Rover stand mit der Kühlerschnauze zum Ausgang hin gedreht, sodass ich schnell starten und den Parkplatz verlassen konnte.
Es waren noch zwei Fahrzeuge hinzugekommen, nachdem ich den Parkplatz verlassen hatte. Aber die standen weit genug entfernt, im Schatten der Backsteinmauer.
»Ist es der Rover?«
»Genau.«
»Guter Platz.«
»Sagte ich doch.«
Ich schloss den Wagen auf und ließ Orel Krasna einsteigen.
Er atmete auf, als er auf dem Beifahrersitz, saß und seine Haare nach hinten strich.
»Geht es Ihnen besser?«
»Ein wenig.«
»Dann sagen Sie mir endlich, vor wem Sie Angst haben.«
»Darf ich rauchen?«
»Wenn es sein muss.«
»Danke.«
Er holte eine Zigarette aus der Schachtel. Sekunden später wehten die Qualmwolken gegen die Innenseite der Scheibe.
»Ich habe Angst vor dem, vor dem Sie sich auch fürchten sollten, Sinclair.«
»Hört sich ja schlimm an.«
»Das ist auch schlimm.«
»Und was ist das genau?«
Er drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, obwohl er sie erst bis zur Hälfte aufgeraucht hatte. »Genaues kann ich Ihnen auch nicht sagen, denn ich bin außen vor. Ich habe nur etwas erfahren, das Ihnen zu denken geben sollte.«
»Ich höre.«
»Es geht um das!« Er bewegte sich etwas zur Seite, um unter den Mantel greifen zu können. Ich war misstrauisch und drehte mich von ihm weg, aber er legte mich nicht rein, denn eine Waffe holte er nicht hervor, sondern einen Gegenstand, der mich ebenfalls überraschte. Es war ein armlanger Knochen!
***
Auch ich bin ein Mensch, der immer wieder Überraschungen erlebt und dies auch zeigt. In diesem Fall blieb ich stumm und schaute
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