1240 - Das Knochenkreuz
die Zusammensetzung der Knochen, Geisterjäger. In diesem Kreuz findest du nicht nur die Gebeine der normalen Menschen, sondern auch die von Personen, die uns sehr nahe gestanden haben.«
»Die von Dämonen?«
»Fast, Sinclair. Schon immer hat es Menschen gegeben, die auf unserer Seite standen. So ist es auch damals gewesen. Aber sie waren leider nicht unsterblich. Gegen die Pest konnte selbst der Teufel nichts tun. Und so wurden ihre Leichen mit denen der anderen zusammen in ein Massengrab gekippt. Perfekt, sage ich dir, wirklich perfekt. Sie lösten sich auf, verwesten und zurück blieben die Gebeine, die man irgendwann gehoben hat, um sie hier in der Kirche zu verteilen. Aber nicht nur das, man baute auch ein Kreuz aus Knochen. Keiner hat zuvor die Gebeine der Höllendiener aussortiert. Und so stecken sie im Kreuz.«
»Deshalb willst du es haben?«
»Ja, um deinen Templer-Freunden zu beweisen, dass ich selbst das Kreuz beherrsche. Sie glauben doch so stark daran. Ich werde ihnen den Irrtum vor Augen führen, darauf kannst du dich verlassen.«
»Verstehe«, antwortete ich mit möglichst ruhiger Stimme.
»Dann ist das der Grund, der dich auf die Suche nach Knochen getrieben hat, um zu beweisen, wer der Stärkere ist. Eben nur dieses Kreuz.« Mit den nächsten Worten provozierte ich bewusst. »Seltsam, aber ich hätte dich für stärker und auch intensiver gehalten. Das Kreuz zu finden war doch einfach. Glaubst du denn, dass du die Macht über alle Templer damit errungen hast, van Akkeren?«
»Nein, Sinclair, nein. Du bist auf dem Holzweg. Es geht mir nicht nur um das Kreuz hier. Das ist ein Anfang, verstehst du? Die wahren Dinge werde ich auch noch finden.«
»Darf ich fragen, welche das sind?«
Er lachte. »Du darfst alles fragen, Sinclair. Es ist nur die Sache, ob ich dir auch antworten werde. Das glaube ich nicht, Geisterjäger. Aber einen Tipp will ich dir trotzdem geben. Es hängt mit Knochen zusammen. Du würdest sie als Reliquien ansehen, und ich weiß, dass sie sich bald in meinem Besitz befinden werden. Darauf kannst du dich verlassen. Nur wirst du das kaum als lebender Mensch erleben, denn ich bin besser als du!«
»Ja, man ist nie perfekt«, sagte ich. »Das ist eben das Schicksal eines Menschen.«
Van Akkeren lachte. »Es wird dir doch sicherlich gefallen, in einer Kirche zu sterben - oder?«
»Das hast du schon mal versucht. In Alet-les-Bains. In der Templer-Kapelle. Aber die Bombe hat nicht so gezündet, wie du es dir vorgestellt hast, mein Lieber.«
»Ja, das stimmt. Es gibt immer ein zweites Mal, und davor stehen wir jetzt. Ich muss mich noch bei deiner Freundin bedanken, dass sie es mir so leicht gemacht hat. Hätte ich nicht gedacht, aber Ausfall gibt es ja immer wieder.«
Annica Dobel hatte genau zugehört. Besonders die letzten Worte waren ihr unter die Haut gegangen und hatten sie ins Abseits gestellt. Sie bewegte die Augen, das sah ich trotz des schlechten Lichts, als wollte sie uns um Verzeihung bitten.
Das Kind war nun mal in den Brunnen gefallen, und wir mussten dafür sorgen, es wieder herauszuholen.
Die längere Schweigepause war vorbei, aber an van Akkerens Haltung hatte sich nichts verändert. Noch immer bedrohte er mit seiner Waffe unsere Kollegin.
Seine beiden Vasallen hatten sich so hingestellt, dass die Mündungen auf Suko und mich zielten. Sie hielten sich im dunkleren Teil der Kirche auf. Perfekt konnten sie uns sicherlich nicht sehen, aber wir standen schon näher an der Nische und damit auch am Licht.
Wer für van Akkeren arbeitete, der kannte keine Gnade. Dem bedeutete ein Menschenleben nichts. Der killte, wenn er den Befehl dazu bekam, und das ohne Rücksicht auf Verluste.
Van Akkeren übernahm wieder das Wort. Er fühlte sich wieder als Grusel-Star, und das nicht grundlos. Er hielt alles unter Kontrolle, aber er hatte uns noch die Waffen gelassen.
Wir hielten sie fest, aber wir hatten die Arme gesenkt. Neben mir malte sich mein rechter Arm mit der Verlängerung der Waffe als Schattenriss am Boden ab, und das musste einfach auch van Akkeren auffallen.
Als hätte ich es ihm gedanklich mitgeteilt, kam er auf das Thema zu sprechen.
»Ich mag es nicht, wenn Menschen bewaffnet sind, die zu meinen Feinden gehören. Lasst die Pistolen fallen.«
Suko, der bisher nichts gesagt hatte, machte den Anfang. Ich folgte ihm. Es tat mir schon in der Seele weh, als ich den harten Aufschlag hörte, mit dem unsere Berettas zu Boden fielen.
»Das sieht schon besser aus«,
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