1240 - Das Knochenkreuz
auch verstanden, und genau das traf auch zu! Sie hatten es begriffen, und mir kam wieder der Vergleich mit den beiden Salzsäulen in den Sinn, zu denen sie erstarrt waren.
Unbeweglich standen wir auf der Stelle. Sie hatten nicht mal die Hände zurückgezogen und sahen aus, als wären sie mit dem Knochenkreuz verbunden.
Mir kam wieder in den Sinn, dass ich es hier höchstwahrscheinlich mit den Mördern des Pfarrers zu tun hatte, und genau diese Tatsache trieb mir das Blut in den Kopf, doch ich schaffte es, meinen Zorn hinunterzuschlucken.
Ich gab ihnen einige Sekunden, damit sie ihre Überraschung verdauen konnten. Dann sprach ich sie noch mal an. »Weg mit den Händen und dann die Arme hoch!«
Die Männer waren Profis. Sie brauchten sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass wir bewaffnet waren.
»Ja, ist klar!«
Zumindest einer hatte es begriffen. Sicherlich sprach er für seinen Partner mit.
Er zog sich zurück, und auch der zweite Mann ließ seine Hände sinken. Die Lampen hatten sie in die Nische gestellt und sie schräg gegen die Wand gedrückt, damit die Umgebung ausgeleuchtet blieb. Jetzt drehten sie sich langsam um, und sie gehorchten sogar, denn sie hoben ihre Arme.
»Hände hinter den Kopf und sie am Nacken verschränken!«, befahl Suko. »Das gefällt mir besser.« Auch das taten sie!
Da sich das Licht jetzt hinter ihrem Rücken befand, kamen sie uns wie Schatten vor. Viel war von ihren Gesichtern nicht zu sehen. Es hatte sich alles zu unseren Gunsten gedreht, und wir hätten eigentlich zufrieden sein können, aber ich war es nicht.
Wenn wir einen Erfolg erreicht hatten, dann nur einen Teil davon, denn es hatte sich nach wie vor nichts verändert.
Wichtig war, dass wir sie ausschalteten. Erst dann konnten wir die Kirche verlassen und uns um das kümmern, was draußen noch vorhanden war. Aber das lag noch in der Zukunft.
Wir ließen sie noch zwei Schritte vortreten und stellten dann die Fragen.
»Wem habt ihr das Kreuz bringen sollen?«, fragte Suko.
»Es war für uns.«
»Ach ja?«
»Wir wollten es verkaufen.«
»An wen?«
»Wir hätten noch einen Käufer gesucht.«
»Sehr schön«, mischte ich mich ein. »Und das sollen wir euch glauben? Wie sieht es denn aus mit van Akkeren? Hat er euch nicht geschickt, damit ihr es ihm bringt?«
»Wir kennen keinen van Akkeren.«
»Sehr gut«, sagte ich. »Dann ist euch auch ein Mann namens Karel Kollek unbekannt?«
»Wer soll das sein?«
»Ein Pfarrer, der tot in seinem Haus liegt, weil man ihm die Kehle durchgeschnitten hat. Ich bin sicher, dass wir bei einem von euch die Mordwaffe finden werden. Aber ihr braucht nicht zu reden. Es ist schon alles klar. Wir werden die nächsten Aktionen selbst in die Hände nehmen. Noch eine Frage: Wer befindet sich noch alles draußen im Volvo?«
»Wir sind allein gekommen!«
Die Antwort war gelogen, das ahnten Suko und ich. Typen wie die beiden agierten zwar oftmals allein, aber sie sicherten sich für gewöhnlich mit Komplizen ab.
»Ich werde sie ausschalten, John«, flüsterte Suko mir zu.
»Dann sehen wir weiter.«
»Okay.« Da vertraute ich voll und ganz auf meinen Freund.
Er kannte Schläge, die dafür sorgten, dass ein Gegner sehr schnell ins Reich der Träume geschickt wurde. Da brauchte er nur einmal zuzuschlagen, und die Sache war erledigt.
»Umdrehen und die Hände im Nacken verschränkt lassen!«, befahl Suko ihnen.
Sie gehorchten ohne ein Wort des Protests. Das wiederum machte mich noch misstrauischer. Immer wenn es zu einfach ging, keimte dieses Gefühl in mir hoch.
Die Hände blieben brav im Nacken verschränkt, und auch in ihren Gesichtern regte sich nichts.
Sie taten alles gemeinsam, wie Zwillinge, und ich hörte auch ihren scharfen Atem. Als sie uns den Rücken zudrehten, ging Suko den ersten Schritt vor. Er wollte automatisch den zweiten folgen lassen, doch diesmal spielte uns das Schicksal einen Streich. Es wäre auch alles zu glatt gegangen.
In der Nähe wurde die Kirchentür von außen geöffnet. Wir hörten noch das Kratzen, aber nur ich drehte mich um. Suko musste sich um die beiden Männer kümmern.
Gestalten erschienen. Das Licht reichte gerade noch aus, um mich erkennen zu lassen, was da passiert war. Ich sah unter anderem drei weitere Männer, und einer von ihnen war Vincent van Akkeren, der Grusel-Star…
***
Annica Dobel gehörte zu den Frauen, die gern ihren eigenen Weg gingen. Es hatte sich in ihrem Job so ergeben. Sie war eine Frau, die es geschafft hatte, sich in
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