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1243 - Die Maschinen des Dekalogs

Titel: 1243 - Die Maschinen des Dekalogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Heether.
    Camus Vlihn war früher einmal in einem Labor für Mikrofeinmechanik an Bord eines anderen Trompetenschiffs tätig gewesen. Nun war er zu alt geworden. Jüngere Heether hatten nachgedrängt, und der Alte hatte seinen Platz nur zu gern freigegeben, um sich so ganz seiner Lebensgefährtin Baila und seinen Hobbys zu widmen.
    „Deine neueste Komposition fand nicht meinen ungeteilten Beifall." Baila Honim schwenkte ihren Rüssel von den Kochtöpfen in Richtung von Camus Vlihns Arbeitsplatte.
    Sie liebte alles, was mit Musik zu tun hatte oder auch nur den Hauch des Musischen in sich trug. Dementsprechend war auch ihre weiche und melodische Stimme, die gar nicht in der Lage war, einen Vorwurf auszudrücken.
    Camus reagierte freundlich.
    „Auch ich liebe alles Musische", sagte er geduldig. „Aber ich bin kein Komponist. Kaum einer aus unserem Volk ist in der Lage, aus seinem Geist heraus etwas zu komponieren."
    Sein Mehrzweckrüssel huschte über die Arbeitsplatte. Die vielen feinen Fühler am Ende des Rüssels erfaßten eins der unzähligen Bauteile und hielten den kaum daumennagelgroßen Gegenstand in die Höhe.
    „Der macht die Musik, meine Liebe."
    „Ich weiß, mein Alter", gluckste sie. „Aber du baust und programmierst die Mikros."
    „Ohne vorher zu wissen, was dabei herauskommt", korrigierte Camus seine Lebenspartnerin sanft.
    Baila wandte sich wieder der Kochplatte zu. Sie liebte nicht nur alles Musische. Es bereitete ihr auch eine besondere Freude, aus den Fertigprodukten neue Mahlzeiten zu bereiten und diese mit erlesenen Gewürzen zu verfeinern. So wie Camus sie mit seinem meist holprigen und unfertigen Kompositionen verwöhnte, umsorgte sie ihn mit den leiblichen Genüssen, die er liebte.
    Die Heether waren eins der ungezählten Völker der Endlosen Armada. Ihre Armadaeinheit trug die Nummer 6235, und sie war so alt, daß die Vergangenheit von vielen Rätseln umwoben war.
    Früher mochten sie eine bestimmte Aufgabe wahrgenommen haben, aber darüber dachten selbst die Schiffsführer nicht mehr nach. Trotz ihres plumpen und klobigen Aussehens waren die Heether begnadete Mikrowerkzeugbauer. Mit der einzigen Handlungsextremität, dem Mehrzweckrüssel mit den vielen feinen Fühlern am Ende konnten sie so geschickt und genau umgehen, wie es sonst nur eine Präzisionsmaschine vermochte. Dazu kamen die beiden Augenpaare, die paarweise unabhängig voneinander sehen konnten. Ihr Gehirn war in der Lage, aus den beiden räumlichen Bildern von außergewöhnlicher Auflösung so etwas wie ein überräumliches Muster zu formen, das bei den Feinarbeiten außerordentlich hilfreich war. Außerdem erlaubte diese Kombination aus zwei Augenpaaren einem Heether, an einem bestimmten Objekt von zwei Winkeln aus gleichzeitig zu arbeiten und selbst feinste Bauteile exakt zu verbinden.
    „Wir wollen einmal sehen", meinte Baila schelmisch, „wer zuerst fertig ist. Du mit deiner neuen Komposition oder ich mit meinem neuen Mahl. Ich habe es Ordobans Traum genannt."
    „Ordobans Traum?" Camus sah mit einem Augenpaar auf, während er mit dem anderen die Fühler seines Rüssels verfolgte, die die winzige Programmeinheit in den Klangkörper platzierten. „Wie kommst du darauf? Mich erinnert dieser Name an etwas aus meiner Jugend."
    „Mich auch, mein Alter. Es muß etwas mit der Sehnsucht zu tun haben, die uns bisweilen überfällt. Vielleicht haben wir uns zu wenig um die Geschehnisse draußen gekümmert."
    „Mir genügt es zu wissen, daß wir auf der Suche nach unserer Heimat sind. Alles andere, was die Völker der Endlosen Armada betrifft, ist ohne Bedeutung. Wir Heether haben irgendwie ausgedient. In der Politik der Armada ist kein Platz für uns."
    Ihre Körper waren haarlos und glatt. Sie wirkten wie eine oberflächlich geformte Teigmasse, an die man vier Beine angeklebt hatte. Die Farbe der dickporigen Haut umfaßte alle denkbaren Nuancen zwischen einem schmutzigen Weiß und gelben oder hellbraunen Tönen. Die vier Beine liefen in plumpe Fußplatten aus. Eine Besonderheit stellte nur der etwa einen Meter lange Rüssel dar, der aus dem halslosen Kopf wuchs und mit seiner Länge sogar den Rest des Körpers noch um ein paar Zentimeter übertraf. Je ein Augenpaar, saß rechts und links neben dem Rüssel.
    „Eigentlich hätten wir die Endlose Armada längst verlassen sollen", sinnierte Baila weiter und rührte dabei kräftig in Ordobans Traum. Camus schnupperte mit seinem Rüssel herüber, als er die letzte Arbeit an dem

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