1245 - Satansblut
die Dinge anders aus. Diese verfluchten Augen konnten keinen normalen Ursprung haben. Ich bezweifelte auch, dass es einzig und allein an der Farbe lag, denn sie waren richtig mit Blut gefüllt. In ihnen lag eine Flüssigkeit, die nur nicht hin- und herschwappte, weil er sich nicht bewegte.
Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und dabei nickte ich ihm jetzt zu.
»Sie sehen etwas seltsam aus, Mister. Davon abgesehen, möchte ich gern wissen, warum Sie mich verfolgen. Sie haben mir den Grund noch immer nicht gesagt.«
»Du stehst auf der Liste, Sinclair.«
»Schön, dass Sie meinen Namen kennen. Da sind Sie mir einen Schritt voraus.«
Ich breitete meine Arme aus und legte sie auf die Kante des Tisches.
»Aber Sie haben mir noch immer nicht erklärt, was Sie von mir wollen.«
Er gab die Antwort. Doch zuvor bewegte er seine Augen.
Und da hatte ich den Eindruck, als würde es in den Pupillen schwappen. »Es ist ganz einfach. Ich bin ausersehen worden, um dich zu töten.«
Damit hatte ich zwar nicht gerechnet, aber es warf mich auch nicht um. Ich merkte nur, wie sich mein Magen leicht zusammenzog, und auch die Haut an meinen Wangen zuckte.
Typen, die mich töten wollten, gab es genügend auf der Welt.
Ich hatte mir einfach zu viele Feinde gemacht. Weniger bei den Menschen, als bei den dämonischen Kreaturen. Wozu er zählte, war mir nicht klar. Er konnte beides sein, ein Mittelding, aber er war bestimmt nicht ohne Motiv geschickt worden.
»Hier wollen Sie mich töten?«
»Ja.«
»Das scheint nicht eben der richtige Ort zu sein, Mister. Es gibt Zeugen. Man wird Sie jagen. Außerdem ist es nicht ganz leicht, einen Menschen umzubringen.«
»Für mich schon«, erklärte er.
Der Mann war bisher die Ruhe selbst gewesen. Man konnte behaupten, dass er in sich ruhte, doch damit war es jetzt vorbei.
Die rechte Hand zuckte aus der Tasche. Sie fuhr dabei mit einer sehr schnellen und schattenhaften Bewegung in die Höhe.
Ich sah, was sie die ganze Zeit über festgehalten hatte. Es war ein Messer mit langer dunkler Klinge, das er nicht eben sehr hoch anhob, sondern nur in Höhe des Gürtels.
Aus dieser Lage stieß er zu!
***
Der kleine Bahnhof lag an einem Ort am Ende der Welt!
Vor Jahren hatte es mal anders ausgesehen. Da hatten hier noch Züge gehalten, doch in den letzten zehn Jahren war dies nicht mehr vorgekommen.
Man hatte den Bahnhof aus dem Verkehr gezogen und ihn sich selbst überlassen.
So gammelte er vor sich hin. Die Natur bekam endlich die Chance, sich auszubreiten. Sie konnte wuchern. Sie konnte ihre Pflanzenarme in alle Richtungen strecken, und es hatte nicht lange gedauert, da waren die Gleise nicht mehr zu sehen.
Das Gebäude allerdings blieb stehen, und es war zu einem Spielball einer launischen und wechselhaften Natur geworden.
Hier oben in den Bergen herrschten starke Schwankungen.
Hitze und Kälte. Regen, Schnee, aber auch Trockenheit prägten das Gebiet in den Bergen, das im Sommer von Pilgern durchquert wurde, im Winter jedoch trostlos und verlassen war, wie auch der alte Bahnhof.
Bei starkem Wind wurden manchmal Schindeln von den Dächern gefegt. Dann vergrößerten sich die Lücken, und der Regen hatte wieder mehr Platz, in das Gebäude einzufallen.
In der kleinen Bahnhofshalle lagen Pfützen. Feuchte Schlangen hatten die Wände durchkrochen und dafür gesorgt, dass ein Teil des Putzes abgefallen war. Er lag auf dem Boden, wo er aussah wie grau gewordener Schnee.
Dabei war die Landschaft um die verlassene Station herum fast perfekt. Wie aus dem Bilderbuch herausgeschnitten. Die hohen Berge, die tiefen Täler und natürlich der Schnee, der als dünne Schicht um den alten Bahnhof herumlag. Wenn die Sonne am Tag schien, taute er an bestimmten Stellen weg. In schattigen Gegenden blieb er liegen, wie auch weiter oben, wo die hohen Bergspitzen der Pyrenäen bereits eine dicke weiße Haube bekommen hatten.
Weiter im Süden hatte der Winter bereits richtig Einzug gehalten. Da hatte er sich praktisch in das Land hineingefressen und dem Land Spanien Rekordtemperaturen im Minusbereich gebracht. Aber diese Gebirgsmulde war von den Kapriolen des Wetters ausgespart worden, worauf man sich allerdings nicht verlassen konnte, denn schon eine Nacht oder einen Tag später konnte sich das alles ändern.
Es brauchte nicht besonders windig zu sein, um die unheimlichen Geräusche zu erzeugen, die entstanden, wenn der Wind die alte Station umwehte. Er wehte jammernd um die Ecken. Er pfiff in
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