1245 - Satansblut
Farbe.
Ich drehte mich weg. Das blasse Gesicht mit den Bartschatten blieb mir trotzdem in der Erinnerung. Ich hatte auch noch mehr gesehen. Einen Hut mit breiter Krempe, einen dunklen Mantel, aber keine Hände, denn sie waren in den Manteltaschen verschwunden.
Eine wirklich kurze Bewegung, mehr war es nicht gewesen.
Dennoch hatte ich den Eindruck gehabt, als wäre die Zeit für einen Moment stehen geblieben. Zumindest zwischen mir und dieser fremden Person, von der eine starke Kälte ausgegangen war.
Ich ging weiter.
Eine Gruppe von Kindern war in die Buchhandlung hineingestürmt und schuf sich Platz. Sie liefen tiefer in den Raum hinein, wo extra für die Bestseller ein Tisch aufgebaut worden war. Denn da lagen die Harry-Potter-Romane und alles, was so an Mechandising-Produkten dazugehörte. Natürlich hörte ich auch Musik, und natürlich waren es Weihnachtslieder, die dort gespielt wurden.
Ich hatte eigentlich schon jetzt die Nase von diesem Trubel voll. Aber nur die Harten kommen in den Garten und die Härteren zur Gärtnerin. Ich wollte dorthin und bahnte mir deshalb meinen Weg in Richtung Aufzug. Ich ging davon aus, dass die Kabine nicht leer war, aber vor der Rolltreppe bildete sich ebenfalls eine Menschenschlange.
Seltsamerweise ging mir der Mann mit den dunklen, fast blutigen Augen nicht aus dem Sinn. Ich dachte über ihn nach und fragte mich, ob ich mich nun geirrt hatte oder nicht. Er war schon eine komische Gestalt gewesen. Besonders sein Blick war mir ziemlich unter die Haut gegangen, und ich wusste nicht, ob er nur mich angeschaut hatte oder auch noch andere Leute.
Die Tür des Aufzugs hatte sich geöffnet. Die beiden Hälften waren zur Seite gefahren und hatten das viereckige Loch des Eingangs freigegeben. Menschen stiegen aus, andere wollten hinein, und von der britischen Geduld war in diesen Augenblicken wenig zu spüren.
Bevor ich einstieg, schaute ich mich um. Der Blick galt eigentlich dem Mann mit den seltsamen Augen, aber ich sah ihn nicht mehr. Irgendwie beruhigte mich dies auch, und ich stieg mit einem besseren Gefühl in die breite Kabine.
Zu den ersten Menschen hatte ich nicht gehört. Die klemmten bereits an der Wand. Ich wurde in der Mitte eingekesselt.
Neben mir stand eine Frau, die stark erkältet war und ständig die Nase hochzog. Hinter mir hustete mir jemand in den Nacken, und irgendwo im Gedränge quengelte ein Kind. Schon jetzt ärgerte ich mich, weil ich nicht die Rolltreppe genommen hatte.
Bewegungsfreiheit gab es nicht. Man konnte höchstens den Kopf drehen, was ich auch tat, um der schniefenden Frau etwas zu entgehen.
Ich sah ihn wieder!
Zuerst fiel mir der dunkle Hut auf. Der Mann mit den ungewöhnlichen Augen musste nach mir in die Kabine gestiegen sein. In dem Gedränge war das leicht zu übersehen.
Unsere Blicke trafen sich nicht, denn er hatte sich zur Seite gedreht, sodass ich höchstens sein Profil hätte sehen können, wenn die Krempe nicht so weit nach vorn gebogen gewesen wäre.
Der Fahrstuhl ruckte an. Ich musste in die vorletzte Etage, in der es die Hörbücher zu kaufen gab.
Zum Glück war ich jemand, der auch abschalten konnte. Den Mann vergaß ich einfach und dachte nur daran, dass ich bald aussteigen konnte. In der dritten Etage war es dann so weit. Ich verließ den Lift zusammen mit einigen anderen Leuten und schob mich dabei nur Zentimeter für Zentimeter voran.
Den Mann mit dem schwarzen Hut sah ich nicht mehr. Ich wusste auch nicht, wo er den Aufzug verlassen hatte. Zeit genug war ihm ja ge geben worden. Die schniefende Person blieb auch jetzt in meiner Nähe, als wollte sie mich mit ihren Bazillen verseuchen.
Es war eine Wohltat, in der dritten Etage zu sein, nicht nur im Vergleich mit der Enge des Aufzugs, sondern auch mit der im Bereich des Eingangs.
Es kam mir auch nicht so warm vor, und ich atmete zunächst mal tief durch.
Danach begann wieder die Orientierungsphase. Ich hätte auch zu einem Info-Stand gehen können, aber das ersparte ich mir, denn ich hatte ja Augen im Kopf.
Zu den Videos ging es nach rechts, doch die Hörbücher fand ich auf der linken Seite. Regale und Tische waren mit den unterschiedlichsten akustischen Büchern vollgepackt. Ich wusste gar nicht, dass es mittlerweile so viele gab. Das fing bei der Weltliteratur an - Shakespeare war besonders vertreten -, führte über die Belletristik bis hin zu Sachbüchern und auch zu den Kinderkassetten.
Alles war gut aufgebaut und gut geordnet worden. Da musste man sich
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