1250 - Absalom
getan?«
»Nichts.«
»Das glaube ich nicht.«
»Ja, wenn sie so reagieren würden wie normale Menschen, müssten sie mich in Ruhe lassen. Aber das tun sie nicht, verstehen Sie? Sie handeln nicht wie normale Menschen. Sie wollen an die Gebeine der Maria Magdalena herankommen. Das wird Baphomet Macht geben. Nur so kann er triumphieren.«
»Das begreife ich ja. Und jetzt denken Sie, dass Sie ihnen den Weg zeigen können?«
»Genau so ist es.«
»Und warum?«
Julie entfernte sich von mir einen Schritt und schaute zur Treppe hin, als wollte sie sicher sein, dass niemand seinen Weg in die Krypta fand. Dann antwortete sie, und ich sah, dass es ihr nicht leicht fiel. »Bitte, John, was ich Ihnen jetzt sage, das habe ich noch keinem Menschen gesagt, weil ich zu keinem ein so großes Vertrauen hatte. Aber Ihnen vertraue ich voll und ganz. Sie sind der erste Mensch überhaupt, der sich auskennt und hinter die Dinge schaut. Wir fahren auf der gleichen Schiene, John.«
Ich nahm es locker und erwiderte lächelnd: »Das nehme ich doch stark an, Julie.«
»Und deshalb sollen Sie auch die Wahrheit erfahren. Die verfluchten Baphomet-Templer sind deshalb so intensiv hinter mir her, weil sie glauben, dass ich ihnen den Weg zu den Gebeinen der echten Maria Magdalena weisen kann.«
»Das ist nicht neu für mich«, sagte ich. »Aber warum glauben sie das?«
Ich erntete einen langen Blick. Danach erst bekam ich die Antwort, die mich fast aus den Schuhen haute.
»Sie glauben, dass Maria Magdalena in mir wieder geboren wurde und ich mich so an die uralten Zeiten erinnern kann…«
***
Unter meinem Gesäß spürte ich den harten Druck des Gesteins, aus dem die Treppenstufe bestand.
Ich hatte mich einfach setzen müssen, denn mit einer derartigen Eröffnung hatte ich nicht rechnen können. Die Antwort schwirrte mir noch durch den Kopf. Noch immer bemühte ich mich, sie zu begreifen. Es fiel mir nicht leicht, obwohl die Worte so klar ausgesprochen worden waren.
Julie Ritter sagte nichts. Sie stand mit dem Rücken zur Kordel und hatte sich etwas vom Licht weggedreht, sodass ein Teil ihres Gesichts im Schatten lag. Sie wartete auf meine Antwort. Als ich den Kopf anhob, sah ich, dass es in ihrem Gesicht zuckte.
»So ist das also«, flüsterte ich.
»Jetzt wissen Sie die Wahrheit, John.«
Damit war ich noch nicht einverstanden. »Ist das wirklich die reine Wahrheit oder nähern wir uns der Spekulation?«
»Es ist die Wahrheit, die von meinen Jägern verbreitet wird. Etwas anderes kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Klar, das liegt ja auf, der Hand. Aber ich möchte gern wissen, wie Sie dazu stehen.«
Sie antwortete mit leiser Stimme. »Manchmal denke ich, dass es so ist, dann wiederum habe ich meine Zweifel. Ich bin innerlich zerrissen. Es könnte sein, aber es muss nicht stimmen.«
»Klar, verstehe«, murmelte ich. Die nächsten Worte sprach ich lauter. »Sagt Ihnen der Name Vincent van Akkeren etwas?«
Julie überlegte intensiv. »Nein, im Moment nicht. Aber er ist mir auch nicht so fremd. Ich denke, dass ich ihn irgendwo schon aufgefangen habe. Zumindest den Vornamen.«
Ich klärte sie auf. »Vincent van Akkeren ist der Anführer der Baphomet-Templer. Er strebt nach der Macht. Er ist der Grusel-Star. Er kehrte aus der Hölle zurück, und er sieht sich jetzt als der einzige Vertreter des Dämons Baphomet auf Erden. So und nicht anders müssen Sie ihn sehen, Julie. Er will die Templer übernehmen und sie dann im Geiste des Dämons führen. Ich rechne damit, dass er sich immer mehr zu ihm hin entwickelt, und er hat es zudem geschafft, sich mächtige Verbündete zu holen. Auch das darf man nicht unterschätzen.«
Sie hatte mich mit keinem Wort unterbrochen. Ich sah sehr wohl den staunenden Ausdruck auf ihrem Gesicht, der sich auch in den Augen zeigte. Schließlich flüsterte sie: »Mein Gott, was Sie alles wissen, John, das hätte ich nicht gedacht.«
»Ich bin eben ein Fachmann.«
»Und so etwas gibt es?«
»Das sehen Sie ja an mir, Julie. Und es ist genau richtig gewesen, dass ich hierher gekommen bin. Da hat mir das Schicksal schon den Weg gezeigt. Aber wir sollten den Blick auf Dinge weglassen, die noch nicht eingetreten sind. Mir geht es natürlich um Sie und die Baphomet-Templer. Dass Sie von ihnen verfolgt werden, ist das nur eine Annahme von Ihnen oder sind Sie direkt bedroht worden?«
»Beides, John. Man hat mir Briefe geschrieben. Man hat mich angerufen. Man hat mich bedroht, man hat mir geschmeichelt und mich
Weitere Kostenlose Bücher