1250 - Absalom
teilgenommen hatte. Um Julie nicht nervös zu machen, sprach ich sie darauf nicht an, und so gingen wir gemeinsam die Treppe hoch.
Julie blieb an meiner rechten Seite. Sie war alles andere als locker und schaute immer wieder so nach vorn, als erwarte sie jemand, der uns den Weg in die Kirche versperrte.
Das erlebten wir nicht. Wir konnten die Stufen hinter uns lassen, und in der neuen Umgebung atmete Julie zunächst mal tief durch. »Das ist ja gut gegangen«, flüsterte sie. »Ich hatte schon damit gerechnet, dass man uns hier erwartet.«
»Wäre auch möglich gewesen. Aber mal etwas anderes. Wo wohnen Sie eigentlich?«
»Nicht weit von hier. Ich habe eine kleine Wohnung in einem Haus direkt am Kanal. Wenn wir zehn Minuten stramm gehen, sind wir da.«
»Okay, das tun wir dann.«
»Und wie geht es dann weiter?«
»Wir werden versuchen, die Gebeine der Maria Magdalena zu- finden. Das ist das Ziel. Und wir werden dabei herausfinden, ob es sie wirklich gibt.«
»Ich kenne den Weg nicht.«
»Vielleicht fällt uns etwas ein. Außerdem habe ich bei den Templern gute Freunde. Einer meiner besten ist der Anführer der Templer, der Prior. Er heißt Godwin de Salier. Wenn ich mich nicht zu sehr täusche, besitzt er ein Wissen, das uns weiterhelfen könnte.«
»Müssen wir dann in den Süden?«
»Ja, was zudem gar nicht schlecht wäre, denn dort ist ja Maria Magdalena an Land gegangen.«
»Aber Sie ist dort nicht geblieben!«
Ich horchte auf. »Das wissen Sie?«
»Ja, so hat man es überliefert. Sie soll durch das Land in Richtung Norden gewandert sein, und sie hat da überall ihre Freunde gefunden und Spuren hinterlassen. Das war natürlich alles vor der Zeit der Templer. Sie sind ihr erst später auf die Spur gekommen, als es sie gab, was ja richtig mit den Kreuzzügen begann. Man ist überzeugt, dass die Templer die Gebeine gefunden und an einem geheimen Ort versteckt haben. Den zu finden, ist das Problem.«
»Gibt es Hinweise?«
»Hier und da…«
»Genauer, Julie.«
Julie verzog den Mund. Sie überlegte wieder und meinte dann: »Wenn die Templer ihre Stützpunkte und Komtureien errichtet haben, dann geschah dies häufig in der Nähe eines Sees. Dort legten sie auch Verstecke an, und sie bezogen sogar die Gewässer mit ein.«
In meinem Kopf machte es »Klick«. Neben mir merkte Julie Ritter, dass sich meine Haltung etwas verändert hatte, und sie fragte: »Was ist mit Ihnen? Haben Sie eine Idee?«
»Ja und nein.«
»Und welche?«
»Ich habe schon einmal Knochen aus einer im See versunkenen Kirche geholt. Aber das war nicht in Frankreich, sondern in England. Es war ein Irrweg, doch den sind auch die Baphomet-Templer gegangen, denn sie haben tatsächlich geglaubt, die Reste der Maria Magdalena dort zu finden. War aber nicht so.« Ich strahlte sie an. »Die Idee mit dem See war trotzdem gut.«
»Danke.«
»Jetzt müssen wir ihn nur noch finden.«
»So alt können wir gar nicht werden. Wissen Sie, wie viele Seen es in Frankreich gibt?«
»Nein, das weiß ich nicht. Aber es sind sicherlich eine Menge. Nur können wir die nicht alle absuchen. Wir müssen also einen Hinweis finden, der uns weiterbringt.«
»Das wird ein Problem werden.«
»Ja, aber Sie sind der Schlüssel, Julie.«
»Moment, warum ich?«
»Weil die andere Seite davon überzeugt ist, dass Sie es wissen. Sonst wäre die Meute nicht hinter Ihnen her. So einfach ist das.«
»Aber ich weiß es nicht!«, antwortete sie so laut, dass sie sich über die eigene Stimme erschreckte.
»Das denken Sie. Andere sehen das nicht so.«
»Und was denken Sie, John? Was ist Ihre Meinung?«
»Ich schwanke.«
»Aha.« Sie begriff sehr schnell. »Demnach glauben Sie, dass mein Wissen tief in mir verborgen liegt. Begraben im Unterbewusstsein, das erst noch aktiviert werden muss, um das Wissen preiszugeben. Meinen Sie das damit?«
»Das kann ich nicht leugnen.«
»Und wie wollen Sie das schaffen? Durch Hypnose? Wollen Sie mich zurückführen?«
»Sie werden lachen, Julie, aber mit diesem Gedanken habe ich bereits gespielt. Ich denke, dass die andere Seite den gleichen Weg einschlagen würde.«
»Das lasse ich nicht zu!« Sie trat mit dem rechten Fuß auf. »Niemals! Keiner kann das von mir verlangen.«
»Warten wir es ab. Ich sage auch, dass es nur eine von den Möglichkeiten ist. Zunächst versuchen wir es auf einem anderen Weg, und der ist indirekt.«
»Wie sieht der aus?«
»Ich werde in Alet-les-Bains anrufen und mit Godwin de Salier sprechen.
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