1252 - Spur in die Vergangenheit
des Abbé lag in einer direkten Fluchtlinie von der Tür aus gesehen.
Es war sehr ruhig im Klostergarten. Auch in Alet-les-Bains selbst gab es um diese Jahreszeit keinen großen Trubel. Das würde sich erst ändern, wenn die Saison begann und der Frühling den Winter endgültig abgelöst hatte. Dann würden wieder die Touristen erscheinen, aber auch die Kurgäste, die sich hier erholten.
Das alles lief an den Templern vorbei. Sie führten ihr eigenes Leben und gingen auch ihren speziellen Aufgaben nach. Sie waren in diesem Teil des Landes so etwas wie ein Bollwerk gegen das Böse oder gegen die schwarzmagische Mystik, die von vielen Personen an sie herangetragen wurde.
In diesem Landstrich sammelten sich seit Hunderten von Jahren die Geheimnisse, und sie waren längst nicht alle gelöst worden. Gnostiker gingen davon aus, dass hier ein Teil der biblischen Geschichte weitergeschrieben worden war. Fast jede Burg, fast jedes Herrenhaus besaß die eigene Historie, die sich zumeist mit einem Mantel des Geheimnisses umgab.
Nicht grundlos hatten die Templer in Alet-les-Bains ihr Hauptquartier gesucht, denn hier hatten vor Hunderten von Jahren auch ihre Vorfahren entsprechende Spuren hinterlassen. Hier waren Legenden und Sagen entstanden. Hier suchte man den Gral, hier waren die Heiligen und die Dämonen noch immer existent und an vielen Kirchen zu sehen.
Abweichler und Gnostiker, Templer Logenbrüder und Rosenkreuzer hatten sich hier Getroffen und ein Konglomerat von Geheimnissen und Rätseln hinterlassen.
Und genau hier hatte sich vieles um eine geheimnisvolle Frau gedreht, die hochverehrt worden war.
Die Heilige und Hure. Maria Magdalena. Kapellen und Kirchen trugen ihren Namen, und nicht nur in der Vergangenheit war sie von den Menschen verehrt worden, sondern auch in der heutigen Zeit wurde sie verehrt, wo Menschen ihr zu Ehren Feste feierten und sie höher stellten als manch offiziell anerkannte Heilige.
Das alles war auch Godwin de Salier bekannt. Aber er hatte sich um dieses Geheimnis nicht gekümmert. Er hatte es einfach nur hingenommen, und er war davon überzeugt, dass Maria Magdalena den Weg in das Land Frankreich gefunden hatte.
Sie war verstrickt in die Vergangenheit mancher Templer, die sie als Königin anerkannt hatten.
Genau dieser Glaube hatte sich bei vielen Menschen bis in die heutige Zeit erhalten.
Vor dem Grab des Abbé blieb der jüngere Templer stehen. Es war nur durch einen schlichten Grabstein geschmückt, auf dem sich das Kreuz der Templer abmalte. Früher waren die Templerritter mit ihren Waffen begraben worden, doch das wäre dem Abbé nicht Recht gewesen. Die einzige Waffe, die sich in seinem Besitz befunden hatte, besaß jetzt Godwin. Es war der Würfel des Heils. Violett, geheimnisvoll, ein Melder, ein Stein, der magische Gefahren ankündigte.
Im Winter war das Grab des Abbé nicht mit frischen Blumen geschmückt. Man hatte Immergrün und an den Seiten eine kleine Hecke gepflanzt.
De Salier genoss die Stille. Er wusste, dass sie bald vorbei sein würde, wenn es nach den Plänen eines gewissen van Akkeren ging. Er hatte zum zweiten Schlag ausgeholt, um endlich an sein Ziel zu gelangen, denn er sah sich als Großmeister der Templer an. Als der Neue, der alles unter seine Knute zwingen wollte.
De Salier hoffte auf Hilfe. Aus London würde Suko kommen, und sicherlich war auch John Sinclair bereits auf dem Weg. Im Laufe der Nacht würden sie hier eintreffen. Der Templer bezweifelte, dass er zum Schlafen kommen würde, denn es gab einfach zu viel zu bereden.
Früher hatte er mit dem Abbé oft genug zusammengesessen. Da hatten sie dann über die Probleme gesprochen, aber Godwin besaß keinen so vertrauten Menschen unter den Brüdern, als dass er mit ihm über alles hätte reden können.
Er liebte seine Aufgabe. Er liebte das Kloster. Er wollte es leiten. Er wollte es auf den richtigen Weg führen, und er würde alles tun, um zu vermeiden, dass seine Todfeinde es übernahmen. Die Ermordung des Abbé hatte ihm gereicht.
Aber er wusste auch, dass es ein verflucht langer Kampf werden würde, der wahrscheinlich nie endete.
Der Abendwind stahl sich über die Mauerkronen hinweg und wehte durch den Garten. Er traf auch das Gesicht des Mannes, als wollte er ihm Mut zufächern. Er war nicht kalt. Der Frühling schien ihn als seinen ersten Boten geschickt zu haben.
Godwin konnte nicht mehr mit dem Abbé sprechen. Aber es tat ihm gut, vor dem Grab zu stehen.
Da hatte er stets das Gefühl, den
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