1252 - Spur in die Vergangenheit
»Aber du bist es nicht. Du bist die wichtige Person. Und durch dich werde ich erfahren, wo sich das Grab befindet und ob darin die Gebeine liegen. Ich werde auf jeden Fall der Erste sein.«
»Sie werden von mir keine Hilfe bekommen, van Akkeren!«
Er schaute sie etwas länger an und sagte dann: »So sprichst du jetzt. Aber kannst du dir vorstellen, dass wir Methoden kennen, die dir den Mund öffnen werden?«
»Ich kann nichts sagen!«
»Warum nicht?«
»Weil ich nichts weiß!«
Van Akkeren schüttelte den Kopf. Er konnte nicht anders, er musste lachen. Sehr schnell wurde er wieder ernst. »Nein, so haben wir nicht gewettet. Es wird alles so laufen, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich werde dich an einen bestimmten Ort bringen, und ich bin sicher, dass du dich dort wieder erinnerst.«
»Wohin?«
»Es soll eine Überraschung sein. Aber nicht alles, was so tot aussieht, das ist auch tot. Das solltest du dir merken.« Er stemmte sich mit einer heftigen Bewegung in die Höhe. »Nach der Landung werden wir wieder eine Autofahrt unternehmen. Bis dahin haben wir noch Zeit. Ich würde dir raten, etwas zu essen und auch zu trinken.«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Dann ist es deine Sache.«
Noch einmal schaute er sie scharf an, bevor er mit schnellen Schritten an ihr vorbeiging und wenig später hinter der Tür im anderen Teil der Maschine verschwunden war.
Julie Ritter blieb allein zurück. Bisher hatte sie sich gut gehalten und ihre Gefühle kontrollieren können. Das war jetzt vorbei. Als sie allein war, merkte sie, dass sie keine Maschine und ein Mensch war. Und sie zitterte in ihrem Sessel, als wäre sie von einem Kälteschock erfasst worden.
Innerhalb weniger Stunden hatte sich ihr Leben radikal verändert. Aus dem Gefühl der Wiedergeburt war mittlerweile eine bittere und grausame Wahrheit geworden.
Die Tränen konnte Julie einfach nicht zurückhalten. Auch wenn John Sinclair noch leben sollte, gab ihr das nur wenig Hoffnung. Van Akkeren war einfach zu stark.
Mit einer müden Bewegung griff sie zum Glas und trank es langsam leer.
***
Alet-les-Bains!
Das Kloster am Ortseingang. Weit weg vom Trubel der Stadt und auch von den normalen Kirchen.
Hier hatten die Templer sich ihr Refugium eingerichtet, um den Aufgaben nachzugehen, die ihnen das. Leben stellte. Sie waren diejenigen, die den richtigen Weg gegangen waren und in den Abspaltern ihre Feinde sahen.
An deren Spitze stand Vincent van Akkeren. Ihm war es auch gelungen, den Führer der Templer zu ermorden. Er hatte dem alten Abbé Bloch brutal das Genick gebrochen.
Aber der Abbé hatte seinen Tod irgendwie schon vorausgesehen und einen Nachfolger bestimmt.
Einen jüngeren Mann mit dem Namen Godwin de Salier, der auch von den übrigen Templern akzeptiert wurde, obwohl er noch nicht so lange unter ihnen weilte. Aber er war jemand, der schon zu den Zeiten der Kreuzzüge gelebt hatte, und er war aus der Vergangenheit geholt worden.
Es war noch nichts passiert, und trotzdem herrschte eine andere Stimmung im Kloster. Die Mitbrüder waren wachsam. Sie saßen nicht nur im Haus, sondern patrouillierten auch im Klostergarten, in dem sich unter anderem das Grab des Abbé Bloch befand.
Genau dorthin ging auch Godwin de Salier. Er verspürte einfach das Bedürfnis danach. Der Besuch am Grab und die stumme Zwiesprache mit dem Toten konnte auch zu einer Kraftquelle werden, und Kraft brauchte er wirklich in dieser Zeit.
Das Wetter hatte sich radikal verändert. Der viele Schnee war verschwunden, und die Temperaturen waren in frühlingshafte Höhen gestiegen. Selbst die Nächte waren warm wie selten zu dieser Jahreszeit, aber die Dunkelheit fiel noch immer am späten Nachmittag über das Land hinweg.
So hatte der Garten ein ganz anderes Aussehen bekommen. Es waren die Schatten, die ihn einhüllten, und die keine Stellen ausgelassen hatten. Man fand sie unter den Hecken, den bepflanzten Torbögen und natürlich nahe der Mauern, die das Kloster zur übrigen Welt hin abschirmten.
Er ging über den plattierten Hauptweg hinweg und sah einen Mann auf sich zukommen. Es war der Mitbruder, der hier die Augen offen hielt.
Als er Godwin sah, blieb er stehen und schüttelte den Kopf. »Es ist nichts passiert.«
»Sehr gut, Luc.«
»Soll ich noch bleiben?«
»Nein, nein, du kannst für eine Weile ins Haus gehen. Ich werde mich hier aufhalten.«
»Danke.«
Luc verschwand, und Godwin setzte seinen Weg fort. Er brauchte keine Kurven und Windungen zu gehen, denn das Grab
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