1253 - Angst vor dem eigenen Ich
Gebeine in seinen Besitz bringen kann, dann hat Baphomet gewonnen. Dann ist das Böse Sieger über das Gute, um es mal etwas profan auszudrücken. So muss man das sehen.«
»Ja, ja, du bist der Fachmann.«
»Hin und wieder schon, Julie.«
Sie schnitt ein anderes Thema an. »Muss ich mit in den Schacht klettern?«
»Das überlasse ich dir.«
»Was meinst du denn dazu?«
»Ich wäre eher dagegen. Du bleibst mit einem von uns zurück. Ich werde auf jeden Fall hineinklettern, denn ich habe auch das Kreuz, und es ist möglich, dass es noch eine große Rolle spielt. Ich weiß nicht, ob ich Godwin oder Suko mitnehme.«
»Der Templer wäre besser. Es geht ja auch um sie. Wenn du daran denkst, dass in den Jahrhunderten die Templer nach den Gebeinen gesucht haben, wäre es nur recht und billig, wenn du ihn mit in den Schacht nehmen würdest. So sehe ich das.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.«
Unser Gespräch schlief ein. Es war genug gesagt worden. Ich drehte den Kopf, um aus dem Fenster zu schauen. Wir hatten zwar erst Februar, aber der Winter musste sich bereits auf dem Rückzug befinden, wenn ich die Sonne sah, deren Strahlen auch die letzten Schneereste weggetaut hatten. Die Berge sahen braun aus, karstig.
Alte und auch zerstörte Burgen gab es hier in der Nähe genug, aber mein Blick fiel hoch zum Magdalenenturm, den der Abbé Saunière zu Ehren der Maria Magdalena gebaut hatte, unterstützt von geheimnisvollen Finanziers. Das lag ungefähr hundert Jahre zurück, aber die Suche nach den Gebeinen hatte viel, viel länger gedauert.
Den Weg zum Eingang des Stollens hatte uns van Akkeren unfreiwillig gewiesen. Er lag nicht unbedingt versteckt, aber für einen normalen Spaziergänger und einen Nichteingeweihten war er nur schwer zu finden, da die Öffnung von Gestrüpp verdeckt war. Wir konnten mit dem Wagen auch nicht bis direkt ans Ziel heranfahren, weil das Gelände einfach nicht dafür geeignet war.
Den letzten Rest der Strecke mussten wir zu Fuß gehen. Die Ausrüstung schleppten wir mit, zu der auch sehr lichtstarke Lampen gehörten, die den Stollen erhellen sollten.
Suko hatte sich die zusammengerollte Strickleiter wie einen Rucksack über den Rücken gelegt. Er schob sich als Erster in den Stollen hinein. Auf seinem Kopf saß ein gelber Helm, und auch wir anderen waren damit gesichert. Als Godwin de Salier im Stollen verschwunden war, lächelte ich Julie Ritter zu.
»Okay, jetzt bist du an der Reihe. Ich mache den Schluss.«
Sie nickte etwas verkrampft. Ich legte ihr beruhigend eine Hand auf den Rücken und drückte sie nach unten. Auf allen Vieren kroch sie in das Dunkel hinein.
Es täuschte, denn finster war es nicht, weil Suko und Godwin die Lampen eingeschaltet hatten. Plötzlich war alles von dieser künstlichen Helligkeit durchdrungen, die dem Stollen ein ganz anderes Gesicht gab. Nicht so wie bei unserem ersten Besuch, als wir uns mehr vorgetastet hatten. Er war breit genug, um zwei Menschen nebeneinander hergehen zu lassen, und das taten Suko und auch Godwin.
Das Licht der starken Lampen leuchtete über die unebenen Wände, den holprigen Boden hinweg. Es glitt an der Decke entlang und störte die Kleintiere, die sich hier versteckt hielten. Da huschten Käfer so schnell wie möglich weg, aber auch Mäuse fühlten sich gestört und huschten so schnell wie möglich in ihre Verstecke.
Wir brauchten nicht lange zu gehen, um den Schacht zu erreichen. Er war nicht abgesichert, er bildete eine Öffnung am Boden, die in der Dunkelheit nicht zu sehen war. Wenn jemand ohne Licht den Stollen betrat und sich überhaupt nicht auskannte, dann fiel er in die Tiefe und war verloren.
Auf dem Hinweg hatten wir das Skelett von der Decke her hängen sehen. Es war nicht mehr da, denn wir hatten es mitgenommen. Wir wussten nicht, wer der Knöcherne als Mensch gewesen war. Für uns war es jemand gewesen, der versucht hatte, vor sehr langer Zeit das Geheimnis zu lüften, was ihm nicht gelungen war.
Wir konnten nur hoffen, dass uns nicht das gleiche Schicksal erwischte, aber es sah nicht so aus. Ich fühlte mich weniger als Geisterjäger, sondern mehr wie ein Höhlenforscher, der in eine unbekannte Tiefe stieg, um etwas zu erforschen, was kein Mensch vor ihm gesehen hatte.
Ich trat bis an den Rand des Schachts und schaute hinein. Nein, es war nichts zu sehen, aber mit der starken Lampe gelang es mir, den Grund zu erreichen.
Und wieder fiel mir das helle Schimmern auf. Möglicherweise konnten sich dort die Knochen
Weitere Kostenlose Bücher