1253 - Angst vor dem eigenen Ich
Nähe der sagenumwobene Templerschatz verborgen lag, aber da war bis zum heutigen Tag nichts bewiesen.
Man ging nur davon aus, dass sich Saunière sehr um die Heilige und Hure gekümmert hatte. Für ihn war sie das Licht gewesen, und ihr hatte er den Magdalenenturm bauen lassen.
»Was sagst du zu meiner Theorie?«
»Nicht schlecht.«
»Nein, John, nein. So muss es gewesen sein. Der Abbé hat diese Gesichter hier in die Wand meißeln lassen. Wenn man sie sich genauer anschaut, dann ist die Ähnlichkeit mit dem Weihwasserbecken tragenden Teufel nicht zu übersehen.«
»Warum soll er das getan haben? Warum dämonische Gestalten als Schutz?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht, was in seinem Kopf vorgegangen ist. Er kann Heiliger und Dämon zugleich gewesen sein. Eine gespaltene Persönlichkeit. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir fast alle Türen aufgestoßen haben, um endgültig an unser Ziel zu gelangen.«
»Dann sag mir nur noch, wo sich die letzte Tür befindet!«
»Genau das ist das Problem, John. Ich weiß es nicht. Aber wir bekommen es heraus. Es ist hier. Die verdammten Fratzen glotzen allesamt in eine Richtung. Quasi vor unsere Füße.«
»Also gehst du vom Boden aus.«
»Ja.« Er leuchtete hin, obwohl dort nichts zu sehen war. »Es kann ja sein, dass die Oberfläche nicht das Ende ist. Dass sich darunter etwas befindet, von dem wir bisher nichts gewusst haben. So etwas ist durchaus möglich.«
Ich war im Prinzip der gleichen Meinung. »Es wird nur schwer für uns werden, den Boden aufzuhacken.«
Er war anderer Meinung. »Kann sein, dass das gar nicht nötig sein wird.«
»Denkst du an einen geheimen Mechanismus, der uns den Weg frei gibt?«
»Ja.«
»Wie in einer Pyramide. Aber da hat man Sicherheiten eingebaut, die zu tödlichen Fallen werden können.«
»Dann sollten wir uns hier darauf einstellen, wenn wir uns auf die Suche machen.«
Ich widersprach ihm nicht. Es war auch meiner Ansicht nach die einzige Chance, die wir hatten. Zwar baute sie nur auf Vermutungen auf, aber das war besser als nichts.
»Also gut«, sagte ich », fangen wir an.«
Noch einmal schauten wir uns die Gesichter und die Ausrichtungen der Augen an. Die Gesichter waren an verschiedenen Stellen der Wand entstanden. Aber sie blickten dabei tatsächlich nur in eine Richtung und hatten ihre leicht hervorstehenden Augen nach unten gerichtet. Diesen Punkt galt es zu finden.
Uns kam zugute, dass wir mit sehr lichtstarken Lampen bestückt waren. Wir leuchteten den Boden ab.
Leider war nichts zu erkennen. Kein Stein, der besonders hochragte, kein Hebel, dafür aber die Nässe, die Teile des Lichts reflektierte.
Mein Gefühl sagte mir trotzdem, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden. Was mich am meisten dabei störte, war das Moos, das sich im Laufe der Zeit gebildet hatte und nun als weiche, feuchte Schicht auf den Steinen lag.
Es hatte sich im Laufe der langen Jahre bilden können, und es war sicherlich noch nicht hier gewesen, als man die Gesichter in den Stein geschlagen hatte.
Möglicherweise lag deshalb der Zugang zum Versteck unter der Moosschicht verborgen.
Ich hockte mich hin und fuhr mit den Fingern der linken Hand über die weiche und nasse Schicht hinweg. Godwin stand neben mir und schaute mir dabei zu.
Die Schicht war recht dick und gar nicht mal so leicht mit dem Finger abzukratzen.
»Das ist eine Idee«, sagte der Templer. Er ging ebenfalls in die Knie. »Hast du ein Taschenmesser dabei?«
»Ja.«
»Gut, sonst hätten wir einen Stein nehmen müssen.«
Ich holte das schmale Messer hervor, zog die Klinge heraus und schabte über die Oberfläche der weichen Moosschicht hinweg. Es war sehr leicht, das Zeug zu entfernen. Später wurde es dann schwieriger, weil das Moos nicht nur festklebte, sondern sich direkt in das Gestein hineingedrängt hatte. Es kam mir vor, als wäre es mit ihm verbunden.
Ich kratzte, was das Zeug hielt. Godwin half mir dabei. Er hatte einen Stein mit einer relativ scharfen Kante gefunden. Er schaffte es, dass die Moosschicht immer dünner wurde, und dann lag auch bei ihm das Gestein frei.
»Ha, das ist es doch.«
»Wieso?«
»Moment mal.«
Seine Stimme hatte leicht vibriert. So ging ich davon aus, dass er etwas gefunden hatte. Er bat um mein Messer, ich gab es ihm und sah, wie er schnell kratzte.
»Leuchte mal, John. Hier ist es.«
Ich strahlte hin. Godwin zog sich etwas zurück, damit sein Schatten nicht auf die Stelle fiel. In diesen Augenblicken hatte ich
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