1254 - Der Satans-Kutscher
ist so!«, schrie er. »Das sagen auch die anderen Leute hier, die ihn gesehen haben. Auf dem Kutschbock saß der Tod. Es ist… es ist… der Satanskutscher. Keiner weiß, woher er kommt. Keiner weiß, wie alt er ist. Es gibt Leute, die behaupten, dass er damals die Burg angezündet hat, weil er sich an dem arroganten Pack rächen wollte. Ja, so ist das, verflucht!«
»Okay, das nehme ich hin. Aber wenn schon so viel über den Kutscher bekannt ist, dann muss er doch einen Namen haben. Wie heißt er? Kennen Sie ihn?«
»Ich bin mir nicht sicher. Und das sind die anderen Bewohner hier in Dorman auch nicht.«
»Sagen Sie ihn mir trotzdem.«
»Russell Urban.«
»Und was wissen Sie noch über ihn?«
»Nichts. Manche sagen, dass er schon längst hätte tot sein müssen. Andere sind der Meinung, dass er keine Ruhe findet, weil er das Verbrechen begangen hat. Wie das genau ist, weiß ich nicht. Da kann ich Ihnen keine Erklärung geben. Die weiß wohl nur er selbst. Alte Schuld, alte Sühne. Es ist letztendlich auch egal. Wichtig für die Menschen ist, dass die Kutsche hin und wieder unterwegs ist, durch den Ort rast und auf der Suche nach Menschen ist. Deshalb traut sich auch keiner bei Dunkelheit aus dem Haus.«
»In jeder Nacht?«
»Nein.« Er senkte jetzt seine Stimme. »Aber es ist zu spüren, wenn der Satanskutscher wieder unterwegs ist. Die Menschen merken es und halten sich zurück.«
»Gut, Mr. Finch, die Menschen halten sich zurück. Und genau das werden wir beide nicht tun.«
»Wie?«
»Sie haben richtig gehört. Wir werden Ihre Wohnung hier verlassen und uns gemeinsam auf die Suche machen.«
Ringo Finch war nicht in der Lage, auch nur ein Wort hervor zu bringen. Er saß auf der Sessellehne wie eine Figur, die völlig erstarrt war. So wie er aussah, wünschte er sich weit weg, und ich ließ ihn einige Sekunden in Ruhe, um mit seinen eigenen Gedanken fertig zu werden, denn das musste ich auch.
Ich wollte nicht über mein Schicksal fluchen oder schimpfen, aber wieder mal hatte es bewiesen, dass man ihm leider nicht entkommen konnte. Immer wieder traf es mich und meine Freunde.
Ich sah darin auch einen Vorteil. Es war besser, wenn es uns erwischte als Menschen, die sich nicht wehren konnten und ihm dann völlig fassungslos gegenüberstanden.
»Alles klar?«, fragte ich ihn.
»Wollen Sie mich umbringen?« Er konnte noch immer nicht glauben, was ich ihm vorgeschlagen hatte.
»Nein, keinesfalls. Manchmal muss man eben einen schwierigen Weg gehen. Das Leben ist nicht immer leicht. Sie waren dabei, als meine Partnerin entführt wurde. Sie haben nicht eingegriffen. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, aber jetzt sollten Sie Rückgrat zeigen.«
»Was haben Sie denn vor?«
»Ich will Jane Collins zurückholen. Sie befreien und mir dabei diesen Satanskutscher genauer anschauen.«
»Sind Sie lebensmüde?«
»Nein, ganz und gar nicht.«
»Sie glauben mir nicht, wie?«
»Doch, ich glaube Ihnen, Mr. Finch. Aber es ist mein Job, mich um derartige Probleme zu kümmern. Damit es Sie beruhigt, Finch, ich ziehe ihn nicht zum ersten Mal durch. Damit ist das Thema für mich abgeschlossen.«
Er brauchte nur in mein Gesicht zu schauen um zu wissen, dass ich nicht bluffte. »Wo wollen Sie denn hin?«
»Zuerst fahren wir zu der Stelle, an der Jane Collins entführt wurde. Der nächste Weg führt uns hoch zur Burgruine.«
Ich hätte nicht gedacht, dass er noch blasser werden konnte, aber das schaffte er tatsächlich. Aus seinem Gesicht verschwand das Blut, und er glotzte mich an wie einen Marsmenschen.
»Ziehen Sie sich was über, Finch, dann geht es los.«
Er rutschte von der Lehne und ging wie ein kleines Kind, das erst noch das Laufen richtig lernen muss. Nur zittern kleine Kinder meiner Meinung nach nicht so wie er…
***
Wir waren in den Rover gestiegen und das Stück zurückgefahren. Für mich zumindest war es eine Rückfahrt, denn diesen Weg kannte ich bereits. In mir schoss der Zorn hoch. Wäre ich nur eine Stunde früher losgefahren, hätte ich das Unglück vielleicht verhindern können. So aber hatte sich der Satanskutscher seine Opfer bereits geholt, und jetzt saßen drei Personen in seiner verdammten Kutsche.
Neben mir saß jemand, der beinahe an seiner eigenen Angst erstickte. Ringo Finch hatte die Arme nach unten gestreckt und seine Hände zwischen die Knie geschoben. Nur die Augen befanden sich in ständiger Bewegung. Er selbst sagte nichts und malte sich wahrscheinlich die schlimmsten Dinge
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