1255 - Böser schöner Engel
durften wir nicht fahren, wir mussten eine Treppe nehmen, die einmal knickte und dann hinab in den Keller führte.
Genau dort fanden wir Sandor Maremkin. Das war wieder wie im Film, denn man hatte uns zum Pool geführt, hinein in eine Schwimmhalle. Draußen war das Gelände abgetragen worden, sodass der Schwimmer durch eine Glasscheibe, die von Wand zu Wand ging, nach draußen in einen Park schauen konnte.
Die Halle hier unten war zugleich ein Fitness-Raum. Die verschiedensten modernen Foltergeräte glänzten, als wären sie noch nie in Gebrauch gewesen.
Eine Bar gab es natürlich auch. Es gab genügend Platz, und sie war großzügig gebaut worden. Dort mussten wir stehen bleiben, denn Maremkin war zwar da, aber nicht bei uns.
Im Pool zog ein einsamer Mann seine Bahnen. Er hatte uns gesehen, winkte vom Wasser aus einen seiner beiden Bluthunde herbei, der sofort nach einem schwarzen Bademantel griff und seinem Chef beim Aussteigen hineinhalf.
»Hat er das im Kino gesehen?«, fragte ich. »Sieht mir ein wenig nach James Bond aus.«
Karina grinste. »Nicht ganz. Es fehlt hier noch das Bond-Girl.«
»Wieso?«, tat ich ganz unschuldig. »Das bist du doch.«
»Danke, ich habe verstanden.«
Das Haar des Russen war nicht nass geworden. Er knotete seinen Bademantel zu und schlüpfte in die weichen Schlappen. Um uns zu erreichen, musste er drei breite Stufen hoch gehen, denn die Bar lag höher als der Pool. Als er die Treppe hinter sich gelassen hatte, wunderte ich mich darüber, wie klein der Mann war. Aber breit und kompakt. Das schwarze Haar kräuselte sich auf seinem flach wirkenden Kopf. Zum Körper passte das Gesicht, in dem mir die unreine Haut und die breite Stirn auffielen. So wie er sahen oft Boxer aus. Da der Bademantel vor der Brust nicht ganz geschlossen war, sahen wir den nassen Pelz aus Haaren, der auf seiner Brust wuchs. Haare wuchsen auch auf den Rücken der Hände. Das Grinsen war ebenso falsch wie seine Zähne.
»Ah«, begrüßte er Karina. »Welch ein Glanz in meinem bescheidenen Umfeld. Haben Sie es sich endlich überlegt und steigen bei mir als gut bezahlte Mitarbeiterin ein?«
»Ja, ich habe es mir überlegt. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich dies nicht tun werde.«
»Das ist schlecht.«
»Ansichtssache.«
Erst jetzt nahm er mich zur Kenntnis. »He, wen haben Sie denn da mitgebracht? Einen neuen Kollegen?«
»Das ist John Sinclair. Ein Freund aus London.«
»Auch Polizist?«
»Scotland Yard«, klärte ich ihn auf.
Maremkin grinste noch breiter. »Sehr gut. Ich habe davon gehört. Scotland Yard hat einen guten Ruf. Zumindest im Westen. Hier herrschen andere Regeln. Sie verstehen?«
»Klar.«
»Dann ist es gut.« Sandor Maremkin lachte wieder breit. »Dann wollen wir etwas trinken.«
Die Unterhaltung war in englischer Sprache geführt worden, die Maremkin recht gut beherrschte. Wir nahmen nicht an der Bar Platz. Es bot sich eine bequeme Sitzgruppe an. Einer der Leibwächter reagierte sofort und schob einen Barwagen heran, auf dem zahlreiche Flaschen standen, die beim Fahren gegeneinander klirrten.
»Was wollen Sie denn trinken?«
»Wasser«, sagte Karina.
Als ich ihr zugestimmt hatte, fing Maremkin an zu lachen. »Ja, jetzt weiß ich, dass ihr Polizisten seid. Und keine von uns. Das ist wie im Roman. Aber gut, trinkt Wasser, ich werde mir einen Wein aus der Heimat meiner Mutter gönnen. In Ungarn gibt es tolle Weine. Los, den Roten.«
Einer der Leibwächter sprang sofort, während Maremkin uns angrinste. »Ich bin ja gespannt, was ich verbrochen haben soll, dass ich gleich einen so hohen Besuch erhalte. Und dann noch aus dem Westen. Einer Schuld bin ich mir nicht bewusst.«
»Es geht nicht um Ihre Geschäfte«, erklärte Karina.
Maremkin, der schon das gut gefüllte Weinglas angehoben hatte, stellte es wieder zurück. Er legte die Hand gegen sein Knorpelohr und fragte zurück. »Habe ich richtig gehört? Es geht nicht um meine Geschäfte?«
»Das haben Sie!«
Er wollte sich ausschütten vor Lachen. »Dann ist dieser Besuch also privat?«
»Mehr oder weniger.«
Er deutete auf seine Nase. »Instinkt. Es ist noch immer der alte Instinkt. Deshalb habe ich euch ja auch die Waffen gelassen. Etwas Ähnliches dachte ich mir schon.« Er griff zum Glas und trank einen kräftigen Schluck. »Jetzt bin ich aber gespannt, um was es wirklich geht.«
»Um Sie privat.«
Wieder gab er sich überrascht, schaute mich an und fragte dann: »Stimmt das?«
»Ja.«
Maremkin setzte
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