1255 - Böser schöner Engel
da sind wir eben misstrauisch geworden.«
»Wollen Sie mir das alles in die Schuhe schieben?«, erkundigte sich Maremkin mit drohender Stimme.
»Nein«, sagte Karina. »Davon hat niemand etwas gesagt. Uns fielen nur die Todesfälle auf, die immer dann bei Menschen auftraten, die den geheilten Patienten nahe gestanden oder mit ihm zu tun gehabt hatten. Da dachten wir nach.«
»Und seid auf mich gekommen!«
»Moment, Maremkin, so wichtig sind Sie auch nicht. Sie sind nur einer unter vielen. Wir verdächtigen Sie nicht mal. Wir möchten nur die unerklärlichen Todesfälle aufklären. Nicht mehr und nicht weniger. Ihre Geschäfte interessieren uns nicht.«
Erleichtert wirkte der Mann nicht. Nach wie vor zeigte er sich gespannt und saß in seinem Sessel, als wollte er ihn jeden Augenblick als Startrampe benutzen. »Ich habe keinen Kontakt mehr zu Tamara. Ich wünschte, ich hätte es. Aber was soll ich mich wiederholen? Hier sind Sie an der falschen Adresse.«
Karina zog die Stirn kraus. »Nein, das glaube ich nicht. Nochmal, es geht nicht gegen Sie, wir möchten nur wissen, warum Ihre Geliebte gestorben ist.«
»Herzschlag!«, schrie er. »Verdammt noch mal, das haben auch die Ärzte festgestellt.«
»Aber Sie waren dabei?«
»Nein!«
»Nicht in der Nähe?«
»Nur fast. Ich fühlte mich nach der Behandlung wieder gesund. Ich habe allerdings nicht mitbekommen, wie sich Tamara zurückzog. Um mich rum war plötzlich die Hölle los. Jeder wollte mit mir feiern und anstoßen. Tamara war weg.«
»Und dann starb Nina, oder?«
Maremkin ballte die Hände zu Fäusten und schüttelte die Arme. »Ja, verdammt, sie starb. Aber ich lasse mir ihren Tod nicht anhängen. Das ist nicht drin.«
»Beruhigen Sie sich«, sagte Karina. »Es geht nicht um Sie. Das habe ich Ihnen schon mal gesagt. Es geht uns einzig und allein um Tamara, die Heilerin.«
»Die ihr einsperren wollt, wie?«
»Wer sagt das denn?«
»Warum seid ihr sonst hinter ihr her?«
»Um ihr einige Fragen zu stellen.«
»Klar, um sie dann mit dem Tod meiner kleinen Freundin in Zusammenhang zu bringen.«
»Ist es verboten, sie zu fragen?«
»Nein, natürlich nicht. Aber ich kenne euch. Von mir bekommt ihr keine Auskünfte. Außerdem weiß ich nicht, wo sie sich aufhält. Der Kontakt zwischen uns ist leider abgebrochen.«
»Schade«, meinte Karina.
Ich hatte in den letzten Minuten nur zugehört, aber das wollte ich ändern. Ich wartete einige Sekunden, bis sich Maremkin beruhigt hatte und sich in seinem Glas auch nicht mehr viel Wein befand.
Meine Frage überraschte ihn. »Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie Tamara zum ersten Mal gegenüberstanden? Und wie haben Sie sich gefühlt, als Sie von ihren Händen berührt wurden?«
»Super. Herrlich. Gut.«
»Bei der Berührung?«
»Ja.«
»Können Sie das genau beschreiben? Es muss doch etwas passiert sein, als dieser Engel seine Hände auf ihren Körper legte und darüber hinwegstrich. Haben Sie nichts gespürt?«
»Was meinen Sie denn damit?«
»Eine Wärme, zum Beispiel. Ein gutes Gefühl der Beruhigung. Ein Wissen, dass jetzt alles gut wird. Dass die verdammte Lähmung aus dem Körper herauskriecht. Diese Kleinigkeiten sind es, die uns auch interessieren.«
Sandor Maremkin schaute mich an und sagte zunächst mal nichts. Er suchte nach den richtigen Worten, um seine Antwort zu formulieren. Dann ließ er sich wieder Wein einschenken, schüttelte den Kopf und meinte: »Es war wie ein Strom. Verstehen Sie? Ein warmer Strom glitt durch meine linke Körperhälfte hinweg. So als hätte man mir eine Flüssigkeit in die Adern hineingespritzt. Das ist zwar kaum zu begreifen, aber ich kann euch schwören, dass ich das erlebt habe. Und dabei spürte ich, dass die Hände oder der Strom, der von ihnen ausging, die Lähmung einfach aus meinem Körper verscheuchte. Stück für Stück erfuhr ich, dass ich mich wieder bewegen konnte. Wie früher.«
»Das muss wirklich toll für Sie gewesen sein«, lobte ich. »Geschah das alles beim ersten Versuch oder gab es noch einen zweiten und einen dritten?«
»Nein, keinen dritten mehr. Beim ersten Versuch verschwand die Lähmung nicht völlig. Beim zweiten war es dann klar, und ich konnte jubeln.«
»Was geschah dann mit Tamara?«
Er schüttelte kurz den Kopf. »Wieso?«, blaffte er mich an. »Was soll geschehen sein?«
»Ich möchte wissen, wie sie reagiert hat. Hat sie sich bei ihrer Handlung vielleicht verändert?«
»Nein, wieso? Was heißt verändern?«
»Mit ihr
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