1260 - Wahnsinn in Wales
Du schwebst doch auf der gleichen Wellenlänge.«
»Was meinst du?«
»Hast du nicht auch das Gefühl gehabt, beobachtet zu werden?«
»Genau.«
»Dann frage ich mich, wer es tat. Ich habe zwar niemanden gesehen, aber gespürt.«
»Und was spürst du jetzt?«
Er winkte ab. »Nicht viel, aber das andere Gefühl ist geblieben. Na ja, vielleicht habe ich mich geirrt.«
»Dann müsste es bei mir auch der Fall gewesen sein. Hier gart etwas, Suko, aber ich weiß nicht, was da läuft.«
»Lass uns fahren.«
Es war der beste Vorschlag. Wenn die andere Seite nicht wollte, dass wir etwas erfuhren, dann blieb es auch dabei. Aber wir waren noch mehr auf der Hut.
Der Tag hatte sich noch nicht verabschiedet, aber es war schon etwas dunkler geworden. Es war noch nicht nötig, die Scheinwerfer einzuschalten. Den Weg zum Dorf würden wir auch so finden.
Die Strecke zwang uns dazu, langsamer zu fahren, und Suko hielt sich auch daran. Er bewegte nicht nur das Lenkrad, sondern auch seinen Kopf hin und her - und trat plötzlich auf die Bremse. Wir standen genau dort, wo der Friedhof sein seitliches Ende fand.
»Was ist los?«
»Schau mal nach vorn!«, flüsterte Suko.
Er hatte wirklich die besseren Augen als ich, das musste ich jetzt einsehen. Ich blickte in diese Richtung, sah den überwucherten Trampelpfad, der eine Kurve nach links einschlug, und genau in deren Scheitelpunkt wuchsen zwei Bäume, deren Stämme ebenso dunkel wie das Geäst waren. Ein Baum hatte sich durch Witterungsverhältnisse etwas nach vorn beugen müssen, und genau da stand die Gestalt.
Das war weder ein Strauch noch ein Busch. Auch keine große Pflanze. Für uns war es ein Mensch!
»Siehst du es?«
»Jetzt schon.«
»Der bewegt sich nicht.«
»Okay!«, flüsterte ich. »Sollen wir aussteigen? Oder einer von uns?«
»Ja, du, John. Steig aus, und ich schalte dann, wenn du auf sie zuläufst, die Scheinwerfer an.«
»Super.« Ich griff schon zum Türöffner, schnallte mich zugleich los, aber die Tür bekam ich nicht mehr auf. Es war, als hätte der andere unser Gespräch belauscht, denn plötzlich setzte er sich mit einem hüpfenden Sprung in Bewegung, war jetzt besser zu sehen, und mein Freund reagierte sofort.
Fernlicht!
Es knallte hinein in das noch vorhandene Licht des Tages. In der Dunkelheit wäre es sicherlich wertvoller gewesen, aber die war nicht gegeben. Wir sahen nicht mal, ob es sich um einen Mann oder um eine Frau handelte. Die Gestalt rannte einfach weg. Sie war nicht zu stoppen, und sie war einfach nur dunkel. Zudem unförmig. Außerdem sah sie beim Laufen aus, als würde sie sich verändern, weil immer wieder etwas von ihr abfiel und auf dem Boden landete. Da lösten sich wirklich kleine Teile oder Klumpen, die wir nicht identifizieren konnten, bevor sie verschwunden waren.
Bevor der Unbekannte nach einigen letzten, hastigen Bewegungen in die Deckung tauchte, sah es für uns aus, als würde er den Boden gar nicht mehr berühren. Dann war er endgültig verschwunden.
Die Bäume und das Buschwerk gaben ihm einen guten Schutz.
Wir nahmen die Verfolgung nicht auf. Der Vorsprung war zu groß, außerdem kannte sich der Unbekannte in dieser Gegend besser aus, und so blieben wir im Wagen sitzen. Wir wussten jetzt, dass wir uns beide nicht geirrt hatten.
»Wer war das?«
Suko lachte. »Das könnte ich dich fragen.«
»Ein Mensch?«
»Er sah so aus.«
»Auch Zombies sehen aus wie Menschen«, gab ich zu bedenken.
»Denkst du an den Pfarrer?«
Ich nickte. »Mittlerweile schließe ich nichts mehr aus, Suko. Zombies, Spinnen, die Pest, hier kommt wirklich alles zu einem Wahnsinn zusammen. Aber wir wissen jetzt, dass jemand unterwegs ist, und wahrscheinlich ist er der große Unbekannte.«
Suko fuhr noch nicht an. Er schaute durch die Scheibe und schüttelte leicht den Kopf. »Ich kann einfach nicht daran glauben, dass er ein normaler Mensch ist.«
»Was stört dich besonders?«
»Er rannte weg, und er hat dabei etwas verloren. Es löste sich von seinem Körper.«
»Ja, das habe ich auch gesehen.«
»Hast du auch eine Erklärung?«
»Nein, Suko, aber wie ich dich kenne, wirst du mir eine geben.«
»Wäre schön, wenn ich eine hätte. Es gibt nur eine Vermutung, und die hängt bei mir mit den Spinnen zusammen. Der Kerl oder auch die Frau könnten Spinnen…«, er schüttelte den Kopf. »Es ist Unsinn, was ich da sage. Man macht sich nur verrückt und…«
»Denkst du an einen Spinnenmann?«
»Ja.«
»An den Pfarrer?«
»Im
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