1261 - Blut aus dem Jenseits
lebte, und er stand vor mir. Aber wo hielt sich der dritte Engel auf? Er war tot. Nur musste es einen Ort geben, an dem er gestorben war. Oder ermordet. Sicherlich nicht durch die Kreatur, die ich vernichtet hatte. Es musste jemand anderer dahinter stecken. Ein zweiter dieser grässlichen Vampire.
Bisher schien es keinem Menschen aufgefallen zu sein. Zumindest, hatten wir keine Meldung erhalten, und ich merkte, dass die Unruhe in mir anwuchs.
»Wir müssen sie finden«, sagte ich. »Wir müssen uns auf den Weg machen und die…«
»Ich habe keine Verbindung mehr! Auch nicht durch das Kreuz. Sie können nicht mehr leben.«
Da mochte er Recht haben. Aber ich sah nicht ein, dass ich so schnell aufgeben sollte. Und mir kam in den Sinn, dass ich zwar seinen Namen kannte, er meinen aber nicht.
»Ich heiße John Sinclair«, sagte ich, bevor ich mich von ihm abwandte und zum Telefon ging.
Das Gefühl sagte mir, dass da noch etwas auf mich zukam. Und das wollte ich nicht allein durchstehen. Ich brauchte Hilfe, und da kam nur Suko in Frage.
Es war mitten in der Nacht, aber mein Freund war es gewohnt, angerufen zu werden.
Er meldete sich auch sehr schnell. Ich wunderte mich immer darüber, wie wenig müde seine Stimme klang. So etwas war bei mir nicht möglich, wenn ich aus dem Schlaf gerissen wurde.
»Keine Panik, ich bin es nur.«
»Habe ich mir fast gedacht. Wo steckst du?«
»Nebenan.«
»Ach.«
»Ja, und ich möchte, dass du so schnell wie möglich bei mir bist, denn es hat sich einiges verändert.«
»Was?«
»Komm rüber, dann erfährst du es.«
Ich erklärte nichts mehr und legte auf. Aber ich wusste, dass Freund Suko in seine Kleidung hineinfliegen würde, so gut kannte ich ihn mittlerweile.
Als ich mich umdrehte, stand Jamiel noch immer an der gleichen Stelle. Er lächelte und er schaute dabei versonnen auf das Kreuz, als wäre es sein bester Freund. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er es gern behalten würde, nur konnte ich das nicht zulassen. Für den Moment war es okay, vielleicht auch etwas länger, dann aber musste ich es wieder zurückhaben.
»Es ist ein Wunder«, flüsterte er mir zu. »Ich kann euch Menschen begreifen. Ich habe schon vorher gespürt, dass es so etwas geben muss. Deshalb hat mich auch der Weg zu dir geführt.«
»Richtig, Jamiel. Auch für mich ist das Kreuz ein großes Wunder. Aber es ist kein Mittel zum Zweck. Ich kann es nicht immer einsetzen, wenn du verstehst?«
»Nein. Ich will es auch nicht verstehen.«
Suko brauchte nicht zu klingeln. Er öffnete die Tür mit seinem Zweitschlüssel für die Wohnung.
Sekunden später stand er im Zimmer und bekam große Augen, als er Jamiel sah.
»Wer ist das denn?«
»Ein Engel«, erklärte ich trocken.
»Nein.«
»Wenn ich es dir sage.«
Suko lächelte leicht unsicher. »Aber er sieht so aus wie der in der Kirche, John.«
»Das stimmt. Und das hat auch seinen Grund. Jedenfalls ist er…«
Ich kam nicht mehr dazu, ihm zu erklären, weshalb er, gekommen war, denn jetzt meldete sich bei mir das Telefon. Ich schnappte nach dem Hörer und hörte die Stimme unseres Freundes Tanner.
»Abmarsch, John. Es brennt!«
»Wo?«
Er nannte die Adresse. »Und flieg, wenn es möglich ist…«
***
Ted, der Polizist, war nicht in der Lage nachzuvollziehen, was genau mit ihm passiert war. Er erinnerte sich daran, dass ihn dieses fliegende Monstrum gepackt und in die Höhe gerissen hatte. Was danach geschehen war, hatte er aus seiner Erinnerung gestrichen oder streichen müssen, denn er war von einem Blackout erwischt worden.
Der allerdings hielt nicht lange an. Er kam wieder zu sich und öffnete ruckartig die Augen. Jetzt spürte er die Schmerzen im Rücken und in der linken Schulter. Er war gegen einen harten Gegenstand geschlagen, aber nun war alles anders.
Er stand nicht mehr, er lag. Und er wurde von zwei harten Krallenhänden festgehalten. Als er den Kopf zur Seite drehte, da sah er, wem die Hände gehörten.
Schlagartig kehrte die Erinnerung wieder zurück. Er selbst lag auf dem Rücken und halb auf der Seite. Über seinem Gesicht aber malte sich die schreckliche und widerliche Fratze des Monstrums ab, das sein Maul weit aufgerissen hatte.
Das ist ein Albtraum!, dachte er. Das ist ein verfluchter Albtraum. Er wusste zugleich, dass es keiner war, denn über sein Gesicht pfiff eine Windbö hinweg. Das hätte er in einem Traum nie so deutlich empfinden können.
Er hörte auch Geräusche und Stimmen. Er sah den Widerschein eines
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