1262 - Schule der Helden
Kolonisten waren der Willkür der Sternenimperien ausgesetzt, in die sie sich vorwagten. Sie konnten nur durch ihr diplomatisches Geschick überleben. Und so zeichneten sie ein völlig falsches Bild vom freundlichen, anpassungsfähigen und kooperativen V’Aupertir.
Aber als die Heimatgalaxie von innen heraus gesichert und gestärkt war, da lernten die anderen Sternenreiche den wahren V’Aupertir kennen. Den V’Aupertir, der nur an sich und seine eigenen Lehren glaubte, keine anderen Vorstellungen von Moral und Ethik anerkannte. Den V’Aupertir, der friedlich war, solange man sich ihm unterordnete und sich seinen Gesetzen beugte, der aber kompromißlos gegen alle ihm fremden und unerwünschten Wertvorstellungen vorging, sie zu eliminieren und auszurotten versuchte.
In diesem Abschnitt des Zeitalters der Wissenschaft wurden viel gewaltigere Eroberungsfeldzüge unternommen als in dem Zeitalter davor. Die Kriege gegen die anderen Sternenreiche wurden jedoch als Bekehrungsmaßnahmen bezeichnet, um die wahren kosmischen Werte - nämlich die der V’Aupertir - zu verbreiten, der einzig gültigen Philosophie zum Durchbruch zu verhelfen.
Und das gelang. Die V’Aupertir errangen Sieg um Sieg, solange sie Sternenkriege führten. Und als sie diese Kriege beendeten, folgte den Jahrtausenden des Fortschritts Stagnation und Zerfall.
Es folgte das Zeitalter der Stille...
Diese Rückschau, so faszinierend sie war, war jedoch für Rhodan nur eine einseitige.
Denn sie geschah nur aus Llyn'Voughs Perspektive, eines Bewohners des Mutterplaneten Aupert.
Während Llyn'Vough an Stagnation und Zerfall des V’Aupertir-Imperiums dachte, stand das große Sternenreich immer noch in Blüte, entwickelte sich weiter, expandierte. Aber davon nahm Llyn'Vough keine Notiz, denn er gehörte einem kleinen Stamm von V’Aupertir an, die sich auf ihre Mutterwelt zurückzogen, sich dort vom übrigen Universum abkapselten, weil sie glaubten, den Gipfel der Evolution nur so erreichen zu können: Was das Universum zu bieten hatte, hatten sie bekommen, jetzt wollten sie den nächsten Schritt tun, den Schritt in den Innerspace, den Schritt zur nächsthöheren Lebensform.
Es war diese Isolation, die ins Zeitalter der Ersten Stille mündete. Andererseits war es aber auch dieser scheinbare Rückschritt, der den V’Aupertir später den Evolutionssprung ermöglichte... während sich die Nachkommen der Kolonisten immer weiter ausbreiteten und ihre Saat über das gesamte Universum trugen und sich darin verloren.
Rhodan wurde zu einer interessanten Spekulation verleitet: War es so absurd anzunehmen, daß Cappins, Lemurer, Arkoniden, Terraner und andere Humanoiden ferne Nachkommen der nomadisierenden Splittervölker der V’Aupertir waren?
Vor 100 Millionen Jahren oder so hatten kosmische Vorgänge dafür gesorgt, daß die sauerstoffatmenden Humanoiden sich allmählich zur beherrschenden Lebensform entwickelten. Es war daher nicht unwahrscheinlich, daß viele der heute in Blüte stehenden humanoiden Sauerstoffatmer einen gemeinsamen Ursprung hatten.
„Wer weiß, Perry", sagte Llyn'Vough, „vielleicht sind wir tatsächlich Verwandte. Warum also werden wir nicht Glaubensbrüder und kämpfen gemeinsam für eine Sache Wenn du dich entschließen könntest, TRIICLEneun Frostrubin sein zu lassen, dann stünde dir eine glorreiche Zukunft bevor. Andernfalls wirst du sang- und klanglos untergehen. Deine Terraner werden von den Kosmokraten zu Dienern degradiert, oder, im anderen Fall, von Stalker als Opfer geschluckt."
Llyn'Voughs innere Stimme wurde von den in Sekundenabständen erfolgenden Sextadim-Impulsen zerhackt. Und jeder Impuls bedeutete für Llyn'Vough einen Rückschritt über Jahrzehnte oder Jahrhunderte. Und irgendwann würde der nächste Devolutionssprung in eine Jahrhunderttausende zurückliegende Vergangenheit erfolgen.
Der V’Aupertir wußte das. Die Zeit war sein größter Feind.
Darum sehnte er den 15. August herbei.
An diesem Tag wollte Stalker seine „Schule der Helden" eröffnen.
Und dieses Datum war der Stichtag für Llyn'Vough zum Handeln.
All seine Bestrebungen waren nur darauf ausgerichtet.
3.
Sheela war in Sorge um die Gesundheit des Konsuls. Wie sehr sie ihm jedoch zuredete, sich ärztlich untersuchen zu lassen, er weigerte sich strikt. Sein Argument war, daß er 90 Hornex-Jahre lang keinen Mediziner an sich hatte heran kommen lassen und daß er in seinen besten Jahren mit dieser Tradition erst recht nicht brechen
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