1263 - Das Wissen der Toten
steckt keine Zauberei, kein fauler Trick, sondern etwas verdammt Reales, das trotzdem nicht in unsere Normalität hineinpasst. Das ist meine Ansicht. Ich kann mich irren, aber das bezweifle ich.«
»Und was hast du jetzt vor?«
Sie erzählte mir, was sie mit den Jenkins' verabredet hatte, womit ich voll und ganz einverstanden war.
»Nur wird es schwer sein, das Vertrauen eines dermaßen introvertierten Mädchens zu gewinnen, Jane. Daran solltest du auch denken.«
»Das weiß ich. Aber ich muss es tun. Für mich sehe ich da keine andere Möglichkeit.«
»Ich auch nicht.«
»Dann sind wir uns ja einig.«
Ich ließ das letzte Stück Fleisch in meinem Mund verschwinden und runzelte die Brauen. »Hör mal zu, Jane, du hast mir jetzt alles gesagt. Willst du, dass ich mitmische?«
»Nein, nicht direkt. Aber du solltest Bescheid wissen, falls es bei mir nicht so läuft wie angedacht. Ich möchte, dass wir uns dann treffen und gewisse Dinge gemeinsam regeln.« Sie lachte. »Kann sein, dass ich auch zu schwarz sehe, aber mein Gefühl sagt mir, dass hinter dieser Ballspielerei mehr steckt als es zunächst den Anschein hat. Bitte, das ist nur eine Vermutung, aber auch ich habe manchmal einen sechsten Sinn.«
»Alles klar. Und trotzdem muss ich dich noch etwas fragen, Jane.«
»Ich höre.«
»Weiß Lady Sarah von deinem neuen Fall?«
»Nein. Bis jetzt nicht. Warum?«
»Weil man sonst mit ihr auch rechnen muss. Du kennst sie doch.« Ich zog ein bedenkliches Gesicht.
»Ja, das sehe ich auch so, John. Aber da brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Die Dinge laufen schon im Lot. Ich werde ihr nichts sagen oder sie nur beruhigen. Du kennst sie ja. Wenn ich zu lange nichts von mir hören lasse, telefoniert sie wieder hinter mir her.«
»Ja, ja, da sagst du mir nichts Neues.«
»Bist du denn hier in London?«
Ich nickte. »Es sieht zudem ganz so aus, als würde ich auch hier bleiben. Ich muss noch über meinen letzten Fall nachdenken, den wir zwar abgeschlossen haben, aber dieser Abschluss war für uns mehr als ungenügend.«
Jane warf einen raschen Blick auf ihre Uhr. »Ich habe noch ein paar Minuten Zeit. Lass mal hören.«
Ich tat ihr den Gefallen und fasste die letzten Ereignisse in Kürze zusammen. Dabei sah ich, dass sie leicht erschauerte.
»Gut hört sich das nicht an.«
»Richtig, Jane, und es ist auch nicht gut.«
»Habt ihr denn eine neue Spur?«
»Leider nicht. Auch Tina Steene, die ich nur kurz im Krankenhaus besuchte, konnte mir darüber nichts sagen, aber wenn es den Vampiren gelingen sollte, in eine andere Dimension einzudringen und sich dort die niedrigen Engel, sage ich mal, untertan zu machen, dann werden sie zugleich erstarken, und das ist alles andere als gut, wie du dir vorstellen kannst.«
»Stimmt, John.« Sie blickte wieder auf die Uhr und winkte dann dem Kellner zu. »Die Rechnung für uns beide.«
»Sehr wohl, Signora.«
Ihren Teller hatte Jane fast leer gegessen. »War echt gut, John, das solltest du auch mal probieren.«
»Beim nächsten Mal.«
»Das sagt man immer.«
Wenig später zahlte sie, ich bedankte mich für das Essen, trank noch mein Weinglas leer und verließ mit ihr zusammen das Restaurant. Auf dem Bürgersteig verabschiedeten wir uns durch Küsschen auf die Wangen.
»Du hörst von mir, John.«
»Hoffentlich«, rief ich ihr noch nach…
***
Es war perfekt gelaufen. Zumindest mit der Mathearbeit, die sehr schwierig war, wie selbst die Rechenkünstler sich eingestehen mussten. Die meisten in der Klasse hatten resigniert. Ein Schüler hatte stattdessen Comicfiguren auf sein Blatt gemalt und sie mit bestimmten Sprechblasen bestückt, die ausdrückten, was er alles von der Mathearbeit hielt.
Alexa Jenkins hatte mit den Aufgaben keine Probleme gehabt. Nach der Hälfte der Zeit schon war sie mit der Arbeit fertig, aber sie zeigte es nicht den anderen Schülern, denn sie wusste genau, dass sie neidisch wurden.
Und so blieb sie bis zum Ende der Stunde über ihr Blatt gebeugt sitzen, um ihren Gedanken freien Gang zu lassen, denn die beschäftigten sich nur mit Peter.
Er war derjenige, auf den es ihr ankam. Der intelligente Junge aus dem Jenseits.
Er war nur ein Jahr älter als sie, aber er wusste alles. Egal, ob es die naturwissenschaftlichen Fächer oder die geisteswissenschaftlichen waren. Peter hatte eben für jedes Problem eine Lösung und auf jede Frage eine Antwort.
Dabei war er tot!
Das zu glauben, fiel dem Mädchen noch immer schwer. So etwas wollte
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