1263 - Das Wissen der Toten
schlimm an, aber man kann nie wissen. Du kennst das Spiel doch. Plötzlich bläht sich etwas auf und erhält eine eigene Dynamik. So etwas Ähnliches befürchte ich bei Janes Fall auch.«
Suko nahm die Sache lockerer. »Aber sie sollte sich doch nur um eine Schülerin kümmern.«
»Klar. Aber die ist nicht irgendwer gewesen. Sie hat Kontakt zur Jenseitswelt gehabt.«
»Ist das sicher?«
»Laut Jane schon.«
»Dann ruf doch mal an.«
Ich runzelte die Stirn. »Wen meinst du? Die Jenkins oder Jane persönlich?«
»Von mir aus beide.«
Das war nicht schlecht gedacht, aber dazu kam ich vorläufig nicht, denn bei uns im Büro klingelte das Telefon. Ich rechnete mit einer Meldung unserer Freundin, aber es war eine andere Freundin, die mich sprechen wollte.
»He, Sarah…!«
»Genau die, John.«
»Und was gibt es?«
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Ich denke, dass wir hier ein Problem haben.«
»Wir?«
»Nicht ich direkt, sondern mehr Jane. Und jetzt bist du auch an der Reihe.«
»Wieso das?«
»Jane wollte dich anrufen, erhielt aber keine Verbindung. Bei euch war besetzt. So hat sie mich informiert, damit ich dir sagen kann, wo sie sich wahrscheinlich befindet.«
»Sehr gut, Sarah, und wo muss ich hin?«
Sie sagte mir den Namen des Friedhofs.
»Verdammt, was will Jane denn dort?«
»Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls sucht sie nach dem Grab eines gewissen Peter.«
»Schon besser. Und weiter?«
»Nichts mehr.«
»Schlecht.«
»Mehr kann ich dir nicht sagen, John. Ich gehe auch davon aus, dass Jane ebenfalls nichts wusste, das hätte sie mir sonst gesagt. Mach das beste daraus.«
»Ja, das werde ich versuchen. Jedenfalls danke ich dir für den Anruf.«
»Und hol das Mädchen zurück, John.«
»Klar, versprochen.«
Suko hatte über Lautsprecher mitgehört. Jetzt blickte er mich fragend an. »Was will sie denn auf dem Friedhof?«
»Keine Ahnung.« Ich war schon aufgestanden. »Aber wir werden sie finden und fragen.«
»Hoffentlich.« Auch Suko hielt nichts mehr auf seinem Stuhl. Was ich vorhin gedacht und erwähnt hatte, war eingetroffen. Aus dem Schneeball hatte sich eine Lawine entwickelt, und das konnte uns nicht gefallen.
Bis zum Friedhof mussten wir nicht zu weit fahren, aber es würde seine Zeit in Anspruch nehmen, denn am Nachmittag war London ebenso verstopft wie in den Morgenstunden.
Aber man kann sich leider seine Einsatzzeit nicht aussuchen…
***
Die Detektivin hatte die Fahrt bis zum Friedhof gut hinter sich gebracht und suchte jetzt nach einer Möglichkeit, wie es weitergehen sollte. Der Friedhof gehörte zu den älteren in London. Er war kein freies Feld, sondern im Laufe der Jahre zu einem mit durchaus hohen Bäumen bewachsenen Gelände geworden, das schon an eine Parklandschaft erinnerte.
Jane hatte über ihr weiteres Vorgehen nicht großartig nachgedacht. Sie war ein Mensch, der sich stets an Ort und Stelle entschied. So wollte sie es auch hier halten.
Sie rollte auf den Haupteingang des Friedhofs zu, wobei sie nicht mal wusste, ob es noch andere gab, aber den Blick für die Umgebung hatte sie nicht mehr, denn sie schaute nur noch auf den flachen Bau der Gärtnerei, deren große Fenster einen Blick in das Innere zuließen, in dem sich zwei Männer bewegten, die noch ihre Arbeitskleidung trugen, doch ihre Handschuhe abstreiften, weil sie Feierabend machen wollten.
Da hatte sie die Idee.
Es dauerte nur Sekunden, bis Jane die Tür aufgedrückt hatte und über sich den Klang eines Glokkenspiels hörte. Die beiden Männer drehten sich halb um. Wie aus einem Mund sagten sie: »Wir haben schon geschlossen, Lady.«
»Das dachte ich mir.«
»Dann kommen Sie bitte morgen wieder.«
Jane blieb stur. Sie ging auf die beiden kräftigen Gestalten zu, die nach Erde rochen, als wären sie soeben aus einem Grab gestiegen, und knipste ihr bestes Lächeln an.
»Ich möchte auch keine Blumen oder irgendeinen Grabschmuck kaufen.«
»Was wollen Sie dann?«
»Sie nur um Hilfe bitten.«
Sie schauten sich an. »Da sind Sie aber spät dran.«
»Ich weiß, und es ging leider nicht anders. Aber ich möchte Sie bitten, mir bei einem Transport zu helfen.«
»Was? Ein Transport?«
»Ja.«
»Um diese Zeit?«
Jane hob die Schultern. »Es ist zwar etwas ungewöhnlich, aber es ließ sich nicht anders machen. Kann es sein, dass Sie davon gehört haben, dass in der Dunkelheit eine Filmszene hier auf dem Friedhof gedreht werden soll?«
Die Männer tauschten Blicke. Dann
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