1265 - Im Visier der Schattenhexe
mit denen sie ihren Fall in die Tiefe abbremsen wollte, was natürlich nicht möglich war. Sie sackte weg, aber ich hörte auch ihr Lachen und sah den weißen Fleck ihres Gesichts.
Warum lachte sie?
War sie tatsächlich nicht tot zu kriegen und unsterblich, verdammt noch mal?
Meine Gedanken bekamen einen Bruch, als plötzlich etwas Irrsinniges passierte.
Wie aus dem Nichts rauschte der Schatten heran. Erst als ich ihn bemerkte, wurde mir klar, was da ablief, und ich dachte wieder daran, wer die Kreise über unseren Köpfen gezogen hatte.
Der Schatten ließ sich nicht stoppen. Torpedoartig schnell raste er in die Tiefe, und das rote D auf seiner Stirn wurde dabei zum rötlichen Schweif eines Kometen.
Er musste schnell sein. Schneller als der freie Fall, wenn er noch etwas retten wollte.
»Mallmann…« Ich brüllte mir die Kehle heiser. »Mallmann… du verfluchter Blutsauger…«
Er hörte mich sicherlich nicht. Und wenn, wäre es ihm auch egal gewesen. Aber ich sah nicht nur ihn auf dem Weg nach unten, sondern auch seine menschliche Beute. Für einen Moment hatte ich den Eindruck, als würde er mitten im Flug anhalten, denn ich glaubte, Glendas von Entsetzen gezeichnetes Gesicht deutlicher zu sehen.
Es war nur eine Täuschung, vielleicht auch ein Wunschtraum, aber es gab keinen Zweifel daran, dass er sie festhielt und mit ihr in die Tiefe rauschte, um die blonde Bestie abfangen zu können.
Ich trat bis dicht an den Dachrand heran. Nur so konnte ich am besten in die Tiefe schauen, die auf mich wie ein dunkler Trichter wirkte. In ihn hinein jagten Mallmann und die blonde Bestie.
Und er schaffte es tatsächlich!
Davon musste ich einfach ausgehen, als ich die hektischen Schattenbewegungen dicht über dem Boden sah. Es war nicht die Zeit, daran zu denken, aber in diesem Fall wurde ich an einen Comic erinnert. Dieser Dracula II hatte sich in den Helden Superman verwandelt. So wie er war auch Mallmann in die Tiefe gejagt, und jetzt war ich sicher, dass er es auch geschafft hatte, Justine Cavallo zu retten.
Er jagte wieder in die Höhe!
Ich machte mich auf einen neuen Kampf gefasst, aber ich irrte mich, denn Mallmann hatte genug. Er flog mit seiner Beute davon und würde sich in der Vampirwelt verkriechen, zusammen mit meinem Kreuz und mit Glenda Perkins…
***
Suko war fertig. Er konnte mich nicht dabei unterstützen, als ich ihn über das Dach der Kabine zog, um ihn durch die Luke nach unten gleiten zu lassen. Schließlich hatte ich es geschafft, und wir befanden uns beide in der Kanzel des Kranführers.
Suko war erschöpfter als ich. Deshalb setzte ich ihn auf den Sessel des Kranführers. Er drückte seinen Rücken gegen die Lehne und hielt die Augen geschlossen. Blut klebte als Streifen in seinem Gesicht. Die Lippen bewegten sich zitternd, aber er war nicht in der Lage, ein Wort herauszubringen.
Ich stand auf wackligen Beinen und hatte den Rücken gegen die Wand gedrückt, um einen Halt zu bekommen. Es ging mir nicht gut, aber Suko ging es noch schlechter.
Wir waren fertig, angeschlagen, ausgelaugt, von den Kämpfen gezeichnet und mussten innerlich zugeben, eine große Niederlage erlitten zu haben.
Ich stellte Suko keine Fragen und ließ ihn zunächst in Ruhe. Nach einer Weile öffnete er den Mund, sagte aber nichts, sondern versuchte es mit einem Lächeln oder Grinsen.
»Wir leben - oder?«
»Ja.«
»Vielleicht auch halb.«
»Besser als gar nichts.«
»Da hast du auch Recht, John. Verdammt, ich packe es einfach nicht. Es war wirklich der Horror. Ich sah mich schon unten am Boden liegen. Dass ich jetzt noch lebe, kommt mir vor wie ein Traum, und ich nehme an, das habe ich dir zu verdanken.«
»Nicht so ganz.«
»Hör auf«, flüsterte er, »du hast mich doch zurückgezogen. Ich bin noch nicht senil. Ohne dich läge ich jetzt unten.«
»Hör auf damit.«
»Stimmt aber«, flüsterte er und strich behutsam über seinen Kopf hinweg.
»Dieses Blut saugende Weib ist raffinierter, als ich dachte. Justine hat voll zugeschlagen. Ich hatte nicht den Hauch einer Chance. Es war einfach vorbei, verstehst du?« Er senkte den Blick wie jemand, der sich schämt. »Nicht mal meinen Stab habe ich einsetzen können. Alles war wirklich wie verhext. Das Schicksal steht nicht mehr auf unserer Seite. Es spielt mit uns Trampolin.«
Ein guter Vergleich, dem ich nichts hinzufügen musste. Es lag an uns, dafür zu sorgen, dass es uns wieder in die Höhe katapultierte und wir dann auch oben blieben. Aber wie es im
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