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1267 - Das chinesische Grauen

1267 - Das chinesische Grauen

Titel: 1267 - Das chinesische Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hocken und dachte zunächst mal daran, nichts zu tun und sich an den neuen Umstand zu gewöhnen.
    Angst hatte sie nicht. Es war komisch, aber es stimmte. Shao war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um Angst empfinden zu können. Zudem hatte sie es gelernt, sich in jeder Lage einigermaßen zurechtzufinden.
    Wichtig war das regelmäßige und tiefe Durchatmen. Sie wollte ihren Kopf frei bekommen. Mit jedem Atemzug sollte auch die Angst verschwinden, das war wichtig, und die Schmerzen musste sie ebenfalls unter Kontrolle bekommen.
    Aber sie hörte plötzlich ein anderes Geräusch. Ein Luftholen, nur nicht von ihr, sondern von ihrer Leidensgenossin, die nicht mehr weinte.
    »Shao…?« Wieder klang die Stimme so schüchtern und etwas verwirrt.
    »Ja, ich bin hier.«
    »Wie geht es dir?«
    »Ich sitze.«
    »Geht es dir denn gut?«
    »Nein, nicht gut, nur besser.«
    »Das wollte ich wissen.«
    »Und wie fühlst du dich, Li?«
    Sie lachte plötzlich auf. »Wie ich mich fühle? Das kann ich dir gar nicht sagen. Es ist furchtbar. Die Dunkelheit macht mich wahnsinnig. Ich wundere mich nur, dass ich nicht losgeschrieen habe. Weiß auch nicht, woher ich den Mut nehme.« Sie lachte wieder so freudlos. »Das liegt vielleicht an dir.«
    »Wieso?«
    »Du hast nicht aufgegeben.«
    »Das sollte man auch nicht.«
    »Tolle Einstellung«, flüsterte Li zurück. »Als ich sah, wie du bewusstlos wurdest, da habe ich gedacht, jetzt ist alles aus. Jetzt bringen sie dich schon im Laden um.«
    »Das hätten sie sich nicht getraut.«
    Li wollte wohl lachen, aber es wurde nur ein Kieksen. »Du kennst sie nicht, Shao.«
    »Kennst du sie denn?«
    »Ja und nein. Ich weiß nur, dass sie fast alles hier in der Gegend beherrschen. Sie sind so schrecklich in den alten Traditionen verstrickt. Und zwar in den ganz alten, die sehr menschenfeindlich sind. Da geht es um Dämonen.«
    Shao horchte auf. Das war genau ein Thema, das sie interessierte. Dämonen, Geister, alte Götter.
    Geheimnisvolle Mythologien - darin kannte sich Shao aus, denn sie selbst stammte von der Sonnengöttin Amaterasu ab, und sie war auch in der Lage, so etwas wie ein zweites Leben zu führen, als Phantom aus dem Jenseits mit ihrer Armbrust.
    Es gab Gebiete, da flossen die chinesische und die japanische Mythologie ineinander, und wenn das geschah, konnte sich Shao als Mittlerin zwischen ihnen bewegen.
    So weit wollte sie nicht denken. Sie hockte hier zusammen mit Li in der völligen Finsternis und wusste nicht mal, wie groß dieses verdammte Verlies war.
    »Sag was, Shao. Ich hasse die Stille. Außerdem fange ich an zu frieren.«
    »Dann komm her.«
    »Ja, gern.«
    Shao lauschte den Geräuschen nach, die Li hinterließ. Sie schob sich über den Boden und stützte sich dabei auf Händen und Knien ab. Shao, die den rechten Arm nach vorn gestreckt hielt, spürte plötzlich das weiche Haar zwischen ihren Fingern.
    Li kroch etwas weiter, dann hatte sie eine Stellung erreicht, um sich neben Shao zu setzen. Sie drückte ihren Körper gegen den Arm, und Shao merkte sehr deutlich ihr Zittern.
    »Es ist nicht nur die Kälte, es ist die Angst. Ich habe eine wahnsinnige Angst. Ich will nicht, dass es mir so ergeht, wie den anderen Verschwundenen.«
    »Sie sind tot, nicht?«
    »Ja, drei meiner Kolleginnen. Heute Morgen hat man die dritte Leiche gefunden. Es hat sich alles schnell herumgesprochen. Als ich sie dann durch mein Fenster sah, da wusste ich, dass ich das vierte Opfer sein sollte. Ich bin dann geflohen und habe mich versteckt, aber sie haben ihre Augen überall.«
    Auch Shao war informiert. Allerdings durch die Berichte in den Zeitungen. Sie erinnerte sich daran, etwas darüber gelesen zu haben. Man hatte zwei tote Frauen gefunden, und jeder fehlte ein Bein. Es war gebraucht worden, wofür, das wusste kein Außenstehender.
    Shao wollte das Thema auch nicht vertiefen und sprach eine andere Sache an. »Kannst du dir in etwa vorstellen, Li, wo wir uns hier befinden? Dass wir unter der Erde sind, weiß ich, aber ein ungefährer Standort wäre schon gut.«
    »Nein, ich weiß es nicht.« Li stöhnte leise auf. »Es gibt einfach zu viele Verstecke.«
    »Da hast du Recht. Trotzdem möchte ich mich hier mal umschauen. Hast du zufällig Feuer bei dir?«
    »Ich rauche.«
    »Na, dann hat sich das ja gelohnt.«
    »Sorry, dass ich daran nicht gedacht habe.« Sie kramte in der Hosentasche. »Hier ist das Feuerzeug.«
    »Danke.«
    Licht bedeutete vieles. Vor allen Dingen Hoffnung. Wenn die Schatten

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