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1274 - Der Wolf und das Mädchen

1274 - Der Wolf und das Mädchen

Titel: 1274 - Der Wolf und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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denn bei diesem Wetter trieb es viele Menschen an die Küste, wo sie Sonne und Wasser richtig genießen konnten.
    Ich fuhr mit meinem Rover durch dieses sonnige und friedliche Kent, in dem die Wiesen so grün und das Laub der Bäume so dicht war. Hügel breiteten sich aus wie starre Wellen. Hin und wieder war ein Dorf darin eingebettet, und in der klaren Luft zogen die Vögel ihre Bahnen wie Beobachter, die alles sehen wollten, was sich unten auf der Erde abspielte. Hier konnte man wirklich durchatmen und die übrige Welt vergessen, in der sich Kriege abspielten und die Menschen sich gegenseitig die Köpfe einschlugen.
    Auch Woodstone gehörte zu einem dieser kleinen Dörfer, die so malerisch in die Landschaft eingebettet waren und den Sonnenschein genossen. Ein paar Mal hatte ich schon einen schmalen Bach gesehen, der mich an der rechten Seite begleitet hatte, und auch jetzt, als ich ein kleines Waldstück verließ, sah ich ihn wieder.
    Diesmal verschwand er aber schnell zwischen irgendwelchen Büschen, aus deren Grün weißbleiche Heckenrosen hervorschimmerten.
    Der Ort war ein kleines Paradies. Wenig Häuser, zwischen denen es viel Platz gab, verteilten sich wie hingewürfelt in einem leicht hügeligen Gelände.
    Ich sah Leute, die ihre Autos wuschen, die irgendwelche Radios dudeln ließen, Leute, die im Garten hockten, grillten oder einfach nur den herrlichen Sonnenschein genossen.
    In einem Kaff wie Woodstone war es kein Problem, eine bestimmte Adresse zu finden. Nach irgendwelchen Straßennamen brauchte ich nicht zu fragen, die existierten erst gar nicht. Wenn ich etwas wissen wollte, musste ich mich an einen Einwohner wenden.
    Ich sah einen Mann, der Grillkohle schleppte. Auch hier gab es die typischen Griller. Der Typ trug eine kurze Hose, über deren Rand der Bauch wie eine Kugel lag und durch die Erdanziehung nach unten hing. Das Unterhemd war violett, und auf dem Kopf saß eine weiße Kappe.
    Als ich neben dem Mann hielt, stellte er die Grillkohle ab und schaute mich scharf an.
    Ich lächelte, war besonders freundlich und sagte: »Da haben Sie sich was angetan.«
    »Stimmt. Aber die Familie will grillen.«
    »Da sind Sie bestimmt der Meister.«
    »Das ist wahr.«
    »Sieht man sofort«, sagte ich. »Schade, dass ich jemanden besuchen muss, sonst hätte ich mich eingemischt.«
    »Zu wem wollen Sie denn?«
    »Zu Gloria Crane.«
    »Ah ja.« Er schob den Schirm seiner Kappe in die Höhe. »Da sind Sie hier falsch.«
    »Wirklich?«
    »Na ja, so schlimm ist das nicht. Sie müssen nur aus dem Ort fahren und sich dann rechts halten. Dort führt ein Weg auf den Wald zu. Genau da werden Sie ein Haus finden. Das heißt, nicht weit vom Wald entfernt.«
    »Danke.«
    Er war noch nicht fertig. »Sie kommen aus London, wie?«
    »Ja.«
    Für einen Moment verzog er geringschätzig die Lippen. »Dann kennen Sie auch Wendy?«
    »Genau.«
    Er strich über seinen Kopf. »Sie ist so ganz anders geworden, seit sie in der Stadt ist. Da passte sie nicht mehr zu uns. Klar, wenn man vom Fernsehen kommt.« Er blickte misstrauisch nach unten.
    »Sind Sie auch einer von denen?«
    »Nein.«
    »Hätte mich auch gewundert.«
    Ich musste lachen. »Wieso denn das?«
    »So wie Sie aussehen, passen Sie nicht dahin. Sogar das Auto ist normal. Die anderen sind doch meistens Spinner, denke ich.«
    »Die gibt es überall. Ich bin auch nur ein weitläufiger Bekannter von Wendy. Da ich auf der Fahrt nach Dover bin, bat sie mich, hier mal vorbeizuschauen.«
    »Dann noch viel Spaß.«
    »Danke.«
    Ich fuhr wieder an. Wenn ich an Wendy Crane dachte und dann einen Vergleich zu diesem kleinen Ort hier stellte, so passten beide nicht zusammen. Sie lebten in verschiedenen Welten, und völlig verschieden zu ihrem jetzigen Domizil war auch das Haus, in dem ich Gloria Crane und deren Enkelin finden würde.
    Der Begriff idyllisch passte durchaus. Das Haus war nicht besonders hoch, und wenn die Schatten sehr lang wurden, dann verschmolz es sicherlich mit dem nicht weit entfernten Wald. Zwischen ihm und dem Haus breitete sich noch eine Rasenfläche aus, auf der einige hüfthohe Sträucher wuchsen, deren dünne Zweige sich im leichten Wind wiegten. Vor dem Haus stand eine Bank, auf der allerdings niemand saß. Überhaupt machte das Haus auf mich einen verlassenen Eindruck, und eigentlich vermisste ich auch den Vorgarten.
    Ich hielt an, stieg aus, freute mich über die Luft und ging mit gemächlichen Schritten auf die Haustür zu. Ich brauchte nicht zu klingeln

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