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1274 - Der Wolf und das Mädchen

1274 - Der Wolf und das Mädchen

Titel: 1274 - Der Wolf und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vergangenen Nacht der Schrecken wiederholen würde. So ist das nun mal…«
    »Sagen Sie nur, dass Ihre Enkelin von diesem Wolf entführt worden ist, Mrs. Crane?«
    »Ja, so ist es leider gewesen.«
    Ich wusste, dass sie die Wahrheit sprach, und ich war in diesen Momenten sprachlos, deshalb ließ ich Gloria Crane sprechen.
    »Der Wolf kam zu uns, und wir lagen beide in einem Bett. Ich wollte Caro Schutz bieten, aber das habe ich nicht geschafft. Er war auf sie fixiert. Er hat sich an unser Haus herangeschlichen und ist plötzlich durch das Fenster gesprungen. Das war einfach nicht zu fassen, aber ich mache Ihnen nichts vor. Er zerstörte die Scheibe, dann war er im Zimmer und hat sich Caroline geholt.«
    »Wie genau?«
    Ich erhielt eine Beschreibung des Geschehens. Mrs. Crane unterbrach sich immer wieder selbst, weil sie die Tränen unterdrückten musste. Sie konnte mich auch nicht anschauen und sah an mir vorbei ins Leere.
    »Dann ist er mit ihr gegangen…«
    Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    Das musste ich erst mal verdauen. Ich hätte nie gedacht, dass sich der Fall so entwickeln würde. Ich hatte ihn zwar nicht als locker und als reine Freizeitbeschäftigung angesehen, aber ich war schon überrascht, so plötzlich damit konfrontiert zu werden.
    »Ist Caroline denn verletzt worden?« erkundigte ich mich.
    Gloria Crane ließ die Hände sinken. »Nein, Mr. Sinclair, sie wurde nicht verletzt und nicht gebissen. Das ist es ja. Sie gingen einfach weg, als würden sie zusammengehören. Wie Rotkäppchen und der Wolf. Das ist einfach nicht zufassen gewesen für mich.« Sie hob noch immer fassungslos die Schultern. »Ich komme mir vor wie jemand, der einer Wirklichkeit völlig entrückt ist und plötzlich in einer Märchenwelt lebt. Sie können darüber lachen, aber so ist es.« Sie zeigte mir ihre verbundene Hand. »Ich habe mich verletzt, als ich in eine Glasscherbe fasste. Mehr ist mir nicht passiert.«
    »Dann hat der weiße Wolf ihnen beiden nichts getan?«
    »So ist es.«
    »Und das muss einen Grund haben.«
    »Bitte?«
    »Ja, Mrs. Crane, wenn man bedenkt, was mit den Menschen geschehen ist, die ihm in die Falle liefen, sollte man das so sehen. Sie müssen irgendetwas in ihm geweckt haben, das bewirkt hat, dass er Sie nicht angriff.«
    »Ja«, flüsterte sie und nickte. »Das könnte man so sagen. Aber wenn ich darüber nachdenke, dann fällt mir einfach kein Grund ein. Nein, ich kann mir wirklich nicht vorstellen, warum er gerade uns verschont hat, Mr. Sinclair.«
    Ich nickte. »Das ist wirklich ein Rätsel. Ich weiß keine Erklärung.«
    Natürlich hatte ich mir meine Gedanken gemacht. »Es gibt aber eine«, sagte ich, »auch wenn sie sich noch theoretisch anhört.«
    »Meinen Sie?«
    »Ja. Wenn jemand so reagiert wie dieser weiße Wolf, dann hat er Ihre Enkelin nicht töten wollen. Dann hat er noch etwas mit ihr vor, Mrs. Crane.«
    Ihr schrilles und scharfes Lachen unterbrach mich. »Nein, so sehe ich das nicht. Oder ich sage Ihnen, dass er noch etwas mit ihr vorhat, aber eben nicht hier im Haus. Er wird sie in den Wald geschleppt und dort getötet haben. Den Rest der Nacht habe ich mich mit diesen Gedanken herumgequält.«
    Sie wollte wohl eine Bestätigung von mir haben, aber die konnte ich ihr nicht geben. Nach einer Pause des Nachdenkens sagte ich ihr meine wahre Meinung.
    »Nein, Mrs. Crane, dieser Wolf wollte ihre Enkelin haben. Ich möchte es mal etwas vermenschlichen. Er hat sich einsam gefühlt. Er brauchte jemand, und er hat sich Caroline geholt, weil er eben nicht mehr allein sein möchte.«
    Sie konnte mir nicht folgen. »Ich bitte Sie, Mr. Sinclair, er ist ein Tier und kein Mensch. Sie aber machen ihn zu einem Menschen, wenn Sie ihm dieses Handeln unterstellen.«
    »Er ist zumindest für mich ein besonderer Wolf und nicht mit einem normalen zu vergleichen.«
    Sie atmete jetzt schwer und heftig. Rieb dabei die Handflächen gegeneinander, schaute an mir vorbei, mich dann wieder an, hob die Schultern und schüttelte den Kopf. »Das alles kann ich nicht nachvollziehen. Das Einzige, was mir bleibt, das ist die Angst. Ja, die verfluchte Angst um meine Enkelin und deren Zukunft.«
    »Weiß ich. Das ist normal. Ich weiß auch, dass es schwer für Sie ist, meinem Gedankengang zu folgen, aber gewisse Dinge deuten darauf hin, dass der Wolf so etwas vorgehabt hat.«
    »Er ist ein Tier, Mr. Sinclair!« Sie schrie mich fast an.
    Ich blieb sehr ruhig und gab ihr durch mein Nicken Recht. »Ja, er ist ein Tier,

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