1276 - Kodexfieber
es.
Irmina löste sich aus der Konzentration und starrte den Scanner an. Sie wußte, daß es keinen Irrtum gab. Der Vorgang jedoch widersprach allem, was sie bisher über die Kodexmoleküle in Erfahrung gebracht hatte. Bisher war sie davon ausgegangen, daß die Kodexmoleküle nach einiger Zeit zerfielen. Deshalb mußten die Ewigen Krieger und ihre Gefolgsleute regelmäßig Molekülduschen nehmen.
„Ein unerklärliches Phänomen, nicht wahr?" sagte Kido.
Sie nickte fahrig.
„Wir müssen herausfinden, was dahintersteckt. Vi, sind alle Geräte des Labors einsatzbereit?"
„Sie sind es immer, Irmina!"
„Kopplung mit dem Scanner. Auch den Computer anschließen!"
„Ist soeben geschehen."
„Der Virencomputer soll die Meßwerte speichern. Ich brauche hinterher Diagramme über alle Vorgänge!"
Von Kido assistiert, machte sie sich an die Aufgabe, die sie für die schwerste ihres Lebens hielt. Noch nie hatte sie es mit so etwas wie den Kodexmolekülen zu tun gehabt.
Sie sprengten den Rahmen des Gewohnten. Irmina begann, Messungen vorzunehmen.
Sie begann in den Beinen und drang bis zum Gehirn vor. Nach drei Stunden lagen die Ergebnisse in Form einer Holographie vor.
„Die größte Moleküldichte ist im Gehirn vorhanden", flüsterte die Terranerin. „Von dort scheint die Vermehrung auszugehen. Kido, nächste Stufe. Wir suchen den Ursprung!"
Absolute Lautlosigkeit trat im Meta-Forming-Labor ein. Irmina begann das Gehirn von Agid Vendor systematisch auseinander zu nehmen. Sie begann bei den Blutbahnen, setzte die Abtastung bei den Nervenbahnen fort und checkte schließlich die Funktionen der Drüsen durch.
„Es sind biochemische Veränderungen", stellte sie fest. „Sie betreffen alle Drüsen, vor allem die Zirbeldrüse. Es muß die Folge der Überdosis sein. Es ist unvorstellbar, aber es muß so sein. Die Zirbeldrüse hat mit der Produktion von Kodexmolekülen begonnen!"
Die Zirbeldrüse, auch Ephiphyse oder Pinealdrüse genannt, lag auf der Vierhügelplatte des Mittelhirns und stand mit der hinteren Region des Zwischenhirndachs über einen Stiel in Verbindung. Diese Region wurde auch als die Limbische Region bezeichnet, die das Zentrum der sensorischen, motorischen und vegetativen Funktionen darstellte und mit dem Hypothalamus in Verbindung stand. Über ihn liefen Steuerung und Rückmeldung des vegetativen Nervensystems wie auch die des Stoffwechsels, des Hormonhaushalts und der Sinnesbahnen.
Die Aktivitäten der Zirbeldrüse hatten hier neue Gegebenheiten geschaffen, und hier war irgendwo auch die Ursache für das Koma zu suchen und zu finden.
Irmina wurde die Wirkung der Kodexmoleküle langsam klar. Was sie bisher darüber gewußt hatte, erschien ihr nun in einem viel größeren Rahmen.
Die Anhänger der Lehre vom Permanenten Konflikt eigneten sich den Kodex durch die sogenannten Kodexmoleküle an. Dabei handelte es sich um eiweißähnliche Moleküle, die als Peptide bezeichnet wurden und Gedächtnisstoffe im weitesten Sinn darstellten. Irmina selbst kannte eine Scotophobin genanntes Peptid, das die Information „Meide die Dunkelheit" in sich trug. Injizierte man es einem Wesen, so begann dieses sich vor dunklen Räumen zu fürchten. Die Kodexmoleküle waren identische Stoffe mit anderen Botschaften. Sie vermittelten die Inhalte des Kodex, der in speziellen Situationen das Verhalten derer bestimmte, die die Molekühle inhaliert hatten. Der Kodex erzwang auf biochemische Weise ein Reflexverhalten. Ein davon Betroffener konnte in entsprechender Situation nur auf eine bestimmte Weise reagieren.
Auf Urdalan befand sich ein Stützpunkt, wo man sich einer Moleküldusche unterziehen konnte. Urdalan lag in der Galaxis Erendyra, und die war weit, denn inzwischen hatte man den Abgrund zwischen den Galaxien überwunden und war in der bunten Pracht der psionischen Felder nach Siom Som gereist. Bully hatte etwas von der Eastside dieser Sterneninsel gesagt, er folgte den Hinweisen, die sie von Longasc erhalten hatten. Aber auch jener Auftrag, den Merioun seinem Artgenossen Volcayr übermittelt hatte und bei dem Bully Augen- und Ohrenzeuge gewesen war, spielte eine Rolle. Das Ziel des Fluges lautete Mardakaan.
„Wir haben hier einen Ableger des Stützpunkts von Urdalan", sagte die Metabio-Gruppiererin plötzlich. „Die Produktion der Kodexmoleküle nimmt bei allen vier Patienten weiter zu. Und je stärker sie wird, desto unheimlicher und gefährlicher wird mir das alles.
Langsam hege ich den Verdacht, daß
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