1277 - Nachricht aus Gruelfin
Angriff zweier Reichsflotten und vier Privatflotten von großen Handelshäusern verteidigt.
Zwar hatten sie dabei an die hundert eigene Schiffe verloren, aber die Gegenseite mußte mindestens vierhundertachtzig Schiffe als Totalverlust abschreiben und rund hundertfünfzig schwerbeschädigte Schiffe im Hotpalamasch-System zurücklassen. Nur ganze siebenundzwanzig Schiffe vermochten noch zu fliehen - mehr oder weniger angeschlagen.
Es war König Dawidoschs bisher größter Triumph.
Außerdem hatte er den Beweis dafür geliefert, daß sein Reich der Schwarzen Freibeuter nicht nur auf dem Papier stand, sondern mit seinem Kernstück ein fest umrissenes Territorium war, das ihm niemand mehr streitig machen konnte.
Großmütig ließ Dawidosch die Überbleibsel der feindlichen Flotte entkommen und beauftragte dreißig seiner Trägerschiffe damit, die in Frage kommenden Raumsektoren und Wracks nach eigenen und gegnerischen Überlebenden abzusuchen und auch die gegnerischen Havaristen zu bergen.
Zwei Tage später waren knapp zweitausend gegnerische Raumfahrer eingebracht worden, zwei Drittel von ihnen mehr oder weniger schwer verletzt. Die Verletzten wurden in Hospitalschiffen versorgt. Die Unverletzten und die Gefangenen, die nur ambulanter Behandlung bedurften, wurden nach Urgischon gebracht.
Bei ihrer Registrierung stellte sich heraus, daß die Kommandantin eines zusammengeschossenen Schlachtschiffs der Reichsflotte eine Tochter des Bruders der Frau des Ganjos Kendamonh war.
Eine Kusine König Dawidoschs!
Das vermochten allerdings nur noch drei der älteren Freifahrer zu erkennen, die er sich so stark verpflichtet hatte, daß sie über seine wahre Herkunft und seinen richtigen Namen schwiegen. Allen anderen Zeugen hatte er schon längst die Erinnerungen verfälschen lassen - und die meisten von ihnen waren inzwischen gestorben - beziehungsweise gefallen. Immerhin lag seine Entführung schon 52 Jahre zurück, und er befand sich in seinem 72. Lebensjahr.
Als der König von der hochgestellten Gefangenen erfuhr, ließ er sie sich zum persönlichen Verhör überstellen.
Er hatte allerdings nicht vor, sie wirklich nach allen Regeln der Kunst zu verhören.
Vielmehr wollte er sie „gastfreundlich" bewirten und dabei versuchen, sie ein wenig über die Verhältnisse auf Hätvrinssan und darüber auszuhorchen, wie es seinem Vater und seiner Mutter ging.
Er empfing Nameire in einem mittelgroßen Audienzraum seiner Schwarzen Burg, die auf einem riesigen Monolithen aus Bergkristall das Stadtbild von Hatta-Dawidosch beherrschte, der Hauptstadt von Urgischon. Hatta-Dawidosch hieß Stadt des Dawidosch.
Er hatte sich anfangs dagegen gesträubt, sie nach sich benennen zu lassen, aber seine Freibeuter hatten sich nicht davon abbringen lassen.
Nachdem er die beiden Posten, die seine Kusine gebracht hatten, weggeschickt hatte, legte er die Hand aufs Herz, verneigte sich leicht und sagte: „Willkommen in meiner bescheidenen Residenz, Prinzessin Nameire! Betrachten Sie sich als meinen Gast - und lassen Sie sich dazu gratulieren, daß Sie die Zerstörung Ihres Schlachtschiffs überlebten!"
Nameire blickte ihn seltsam an - nein, sie erkannte ihn nicht, und das war auch nicht gut möglich, denn sie war höchstens 30 Jahre alt und hatte deshalb noch nicht gelebt, als er noch auf Hätvrinssan gewesen war - und erwiderte dann: „Dreiundneunzig tapfere Frauen und Männer der KYNOVARON hatten nicht soviel Glück wie ich, Pirat. Ich wollte, ich wäre unter ihnen, anstatt die Schmach erleiden zu müssen, von einem Verbrecher verhöhnt zu werden."
Dawidosch versetzten ihre Worte zweimal einen Stich: einmal, als er erfuhr, daß das Schlachtschiff, das seine Kusine befehligt hatte, nach ihm benannt worden war - und dann, als Nameire ihn einen Verbrecher nannte.
Er ließ sich jedoch nichts anmerken und sagte lächelnd: „Gestatten Sie, daß ich einen kleinen Irrtum Ihrerseits korrigiere, Prinzessin. Es ist nicht meine Absicht, Sie zu verhöhnen - und ich bin kein Verbrecher, sondern ein Staatsoberhaupt."
„Staatsoberhaupt!" entrüstete sich Nameire. „Dieser ganze angebliche Staat, dessen Häuptling Sie sind, ist nur zusammengestohlen und auf Blut und Tränen aufgebaut."
„Soso!" machte Dawidosch, signalisierte den Bediensteten und ließ Getränke und einen Imbiß servieren. „Bitte, nehmen Sie doch Platz, Prinzessin!" fuhr er dann fort. „Bedienen Sie sich!"
Er freute sich, als seine Kusine sich tatsächlich setzte und an einem
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