1277 - Nachricht aus Gruelfin
vorzüglichen Wein nippte. Anschließend setzte er sich ihr gegenüber in einen Sessel.
„Ich möchte hier keine Wortspiele betreiben, Prinzessin", fuhr er fort.
„Sie scheinen wirklich zu glauben, das Reich der Schwarzen Freibeuter sei nicht auf legale Weise gegründet worden. Das ist aber ein Fehlschluß. Mein Reich wurde auf Gewaltanwendung gegründet und behauptet sich durch Macht. Aber nennen Sie mir irgendein anderes Reich, auf das das nicht zutrifft."
„Das Neue Reich aller Cappins!" fuhr seine Kusine zornig auf.
„Das kann nicht Ihr Ernst sein, Prinzessin", erwiderte er bedauernd. „Das Neue Reich ist das Produkt eines Hundertjährigen Krieges, der die bewohnten Welten Gruelfins entweder vernichtete oder verarmen ließ - und alle zuvor von Cappins gegründeten Reiche waren ebenfalls die Produkte von Gewalt, Grausamkeit und Machthunger."
Er fühlte tiefe Befriedigung, als Nameire den Kopf senkte - und mit einemmal verspürte er den unwiderstehlichen Drang, sich ihr zu offenbaren.
Er erschrak davor und konnte verhindern, daß er ihr sofort verriet, wer er wirklich war, aber er wußte bereits, daß er es ihr nach und nach beibringen würde.
„Sie können Ihr Reich nicht mit dem Reich aller Cappins gleichsetzen", erklärte seine Kusine nach kurzem Nachdenken. „Schließlich sind Sie und alle Ihre Leute Piraten, die sich alles, was sie besitzen, mit Gewalt von anderen Leuten genommen haben."
„Was uns beinahe auf eine Stufe mit den Finanzämtern des Neuen Reiches hebt", erwiderte Dawidosch sarkastisch. „Wir sind nur nicht ganz so habgierig. Es gab hier einmal einen mit Ihnen verwandten Gast, der das genauso sah wie ich."
„Mit mir verwandt?" rief Nameire aus und sprang auf. „Meinen Sie etwa meinem Cousin Kynovaron, den Sie entführt und ermordet haben?"
Sie musterte ihn durchdringend, dann meinte sie: „Nein, Sie wahrscheinlich nicht persönlich. Sie können damals nicht viel älter als Kynovaron gewesen sein." Ihr Gesicht verzog sich schmerzlich. „Und ich habe ihn nicht einmal gekannt." Sie setzte sich wieder. „Verraten Sie mir bitte eines, falls Sie es wissen: Warum wurde Kynovaron nach Zahlung des Lösegelds nicht freigelassen? Hatte man ihn schon vorher ermordet - oder kam er während der Entführung um?"
„Er wurde freigelassen", erklärte Dawidosch.
Nameire horchte auf, dann erwiderte sie bitter: „Ich verstehe. Er wurde auf einem unbewohnten Planeten ‚freigelassen’. Wahrscheinlich ist er dort längst umgekommen."
„Nein, er lebt", sagte Dawidosch. „Er schloß sich vor zweiundfünfzig Jahren den Freibeutern an."
Wieder horchte Nameire auf, dann verzog sie angewidert ihr Gesicht.
„Sie lügen, Pirat!" erklärte sie verächtlich. „Kynovaron hätte sich niemals euch Piraten angeschlossen." Sie stutzte. „Er lebt, sagten Sie? Wenn das wahr ist, dann verraten Sie mir, wo ich ihn finden kann!" Ihr Blick verdunkelte sich. „Nein, ich will es nicht wissen! Ich glaube Ihnen kein Wort!"
„Auch dann nicht, wenn Sie ihn mit eigenen Augen sehen könnten?" erkundigte er sich.
„Wollen Sie mir einen xbeliebigen Piraten zeigen und behaupten, es wäre mein Kusin Kynovaron?" gab Nameire höhnisch zurück.
„So billige Tricks habe ich nicht nötig", erwiderte Dawidosch ernst. „Bestimmt gibt es ein besonderes Kennzeichen, an dem Sie Ihren Kusin identifizieren können - wenn Sie etwas darüber wissen."
Ihr Gesicht verschloß sich.
„Natürlich gibt es das. Aber das ist streng geheim. Ich würde mir lieber die Zunge abbeißen, als es zu verraten."
„Haben Sie so wenig Respekt vor Verhörmaschinen, Prinzessin?" spottete Dawidosch.
Sie musterte ihn von oben bis unten.
„Ja, genau so ist es, Pirat!" höhnte sie triumphierend. „Alle, die das Geheimnis kennen, haben sich freiwillig so präparieren lassen, daß sie bei der geringsten Bewußtseinsbeeinflussung sofort sterben - egal, ob die Beeinflussung durch Maschinen, Drogen oder Pedotransferer versucht werden sollte."
„Keine Sorge, Nameire!" sagte er hastig. „Ich werde nichts dergleichen versuchen."
„Ich verbitte mir diese Vertraulichkeit!" protestierte seine Kusine.
Dawidosch lachte, dann wurde er wieder ernst, streifte den linken Ärmel hoch und hielt den Arm so, daß Nameire das blutrote Mal auf der Innenseite seines Unterarms sehen konnte, das die Form eines Diskus mit abgeflachten Kanten hatte.
„Autorisiert mich das, dich mit deinem Namen anzureden, verehrte Kusine?" fragte er.
Mit einem spitzen Schrei
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