1277 - Nachricht aus Gruelfin
ein metallisch schimmerndes Ding, das Kendamonh dank seines theoretischen Wissens als Roboter identifizierte, dann half dieses Ding einem offenkundig organisch lebenden Wesen im Raumanzug hinaus.
Eine Weile standen sie sich kommunikationslos gegenüber: hier Kendamonh und seine Mutter, die an ihm vorbei aus dem Gleiter zu steigen versuchte - und dort der Roboter mit seinem lebenden Begleiter, der es anscheinend der Eiseskälte wegen nicht wagte, den Druckhelm seines Raumanzugs zu öffnen.
Das Schweigen währte jedoch nicht lange.
Plötzlich dröhnten Außenmikrophone an des Fremden Raumanzug auf, dann wurde die Lautstärke reguliert - und dann sagten die Lautsprecher mit zittriger Stimme: „Ihr müßt Jertaime und Kendamonh sein. Ich bin Hatelmonh. Können wir in einen geschlossenen und geheizten Raum gehen, damit wir uns in die Augen sehen, wenn wir miteinander reden?"
Daraufhin war Jertaime bewußtlos zusammengebrochen.
Kendamonh hatte sie auf seine Arme genommen und mühelos in die Fluchtstation der Universität getragen. Hatelmonh und der Roboter waren gefolgt.
In der Wärme und Geborgenheit klappte Hatelmonh schließlich seinen Druckhelm zurück - und Kendamonh erlebte eine herbe Enttäuschung, bevor er begriff, daß die Zeit auch an Hatelmonh nicht spurlos vorübergegangen war. Sein schütteres schneeweißes Haar hing wirr um einen beinahe mumienhaften Kopf. Nur die Augen verrieten noch wache Intelligenz - und vor allem Freude über das Wiedersehen.
Hatelmonh und Jertaime weinten beide, als sie sich in den Armen lagen. Die Erinnerungen hatten sie übermannt - und die Erkenntnis, daß es fast zu spät für ein Wiedersehen gewesen wäre.
Nachdem sie sich wieder gefaßt hatten und nachdem Hatelmonh aus dem Raumanzug und Jertaime aus ihrer Schutzkleidung geschält worden waren, berichtete der Besucher.
Er fing mit dem Erfreulichen an.
Der Große Krieg von Gruelfin war beendet. Nur einzelne Brandherde schwelten noch und flammten manchmal auch wieder auf, aber der endgültige Frieden und eine Konsolidierung der Verhältnisse zeichneten sich ab.
Dann kam das Unerfreuliche.
Der Krieg hatte von den Gruelfin-Zivilisationen nur Trümmer hinterlassen. Die Bevölkerungen waren dezimiert, die Ressourcen erschöpft. Dumpfe Resignation breitete sich aus. Wenn nicht ein Wunder geschah, würden die Überreste der cappinschen Zivilisationen in Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit versinken. Es wäre ein Weg ohne Wiederkehr. Die Völker der Cappins würden an gebrochenem Lebensmut aussterben. Nie wieder könnte dann das Reich neu erstehen.
Es gab, wenn überhaupt, nur eine Möglichkeit, den Mut der Überlebenden neu anzufachen und ihren Willen aufzubauen, einen neuen Anfang zu machen.
Sie brauchten einen neuen Ganjo.
Allerdings nicht einen beliebigen Ganjo, sondern einen, für den sie alle sich voll und ganz engagieren konnten.
Dafür aber kam nur ein Cappin in Frage: der Sohn Keltratons, des Mannes, der geschworen hatte, das Vermächtnis des großen Ovaron zu erfüllen.
Kendamonh!
Hatelmonh als treuester Freund Keltratons war vom neuen Meister des immer noch mächtigen Lupicran-Kults ausgesandt worden, um Kendamonh aus seinem Exil zu holen und ihn als neuen Ganjo aller Cappins einzusetzen, der die Wunden des Hundertjährigen Krieges heilen und eine Wiedergeburt des Reiches initiieren sollte.
Kendamonh zögerte nicht, diesem Ruf zu folgen.
Es dauerte noch zwanzig Tage, bis er mit Hilfe Hatelmonhs, dessen Roboters und seiner Mutter die Chamyros, die bereits seit vielen Jahren dafür geschult und präpariert worden waren, auch ohne ihn und Jertaime das bisherige Niveau der Zivilisation auf Cham nicht nur zu halten, sondern auch stetig weiter zu entwickeln, in die letzten Feinheiten eingewiesen und ihnen Mut gemacht hatte.
Dann starteten sie.
Die Geschichtsschreibung überlieferte, daß Kendamonh gemeinsam mit dem neuen Meister des Lupicran-Kults die letzten Kriege in Gruelf in beenden und einen Wiederaufbau des Reiches in Angriff nehmen konnte.
Es war ein fast aussichtsloses Unterfangen gewesen, das auch Kendamonh nicht zu Ende bringen konnte. Jertaime und Hatelmonh erlebten gerade noch die Anfänge des Wiederaufbaues mit, dann starben sie.
Kendamonh war in der Zukunft gezwungen, zahllose Kompromisse zu schließen, um nicht zu scheitern.
Er nahm vieles in Kauf, damit die Aussicht auf eine Erneuerung des Reiches nicht ganz verbaut wurde, unter anderem auch, daß der Lupicran-Kult um ihn, Kendamonh, einen
Weitere Kostenlose Bücher