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128 - Der Schläfer

128 - Der Schläfer

Titel: 128 - Der Schläfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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dann würden sich ihre Wünsche und Befehle in Rulfan festigen. Bei einer regelmäßigen Wiederholung des Ritus würde er ihr – wie sagten die Primärrassenvertreter doch gleich? – ach ja: aus der Hand fressen. Gu’hal’oori justierte nochmals – wie bei einem stetig tropfenden Wasserhahn – die Zufuhr jenes Gefühls namens »Liebe«.
    Sie erhöhte es, um in Zukunft leichter Zugang zu ihm zu finden. Das schadete nichts.
    Sollte sie ihm als Lupa beiwohnen? Würde er es bemerken, in jenem Zustand der Verwirrung und des Halbschlafs, in dem er sich momentan befand? Primärrassenvertreter paarten sich im Allgemeinen mit den Vertretern des jeweils anderen Geschlechts, so wie es auch auf Daa’mur die Regel gewesen war. Je näher Gu’hal’oori an den Normalzustand einer körperlichen Vereinigung herankam, desto leichter würde ihr die Beeinflussung fallen. Also formte sie den Körper des Lupa in den eines Menschen um. Es dauerte nicht länger als ein paar Augenblicke.
    Sie legte sich auf Rulfan und bereitete sich darauf vor, ihn aus seinem momentan katatonischen Zustand zu wecken.
    Hatte sie nichts vergessen?
    Doch!
    Wulf war männlich gewesen. Also formte sie rasch die Geschlechtsorgane um. Ein paar Verschiebungen der Körpermassen hier und da genügten.
    Auf Daa’mur war sie eine Frau gewesen, nun war sie wiederum eine. Kurz dachte Gu’hal’oori darüber nach, ob dies eine Erleichterung für ihre Aufgabe darstellte, schob die Frage aber rasch beiseite. Sie hatte einfach zu wenig Relevanz für ihren Auftrag.
    Ein kleiner, hell leuchtender Knoten war ihr bei der Fahrt durch Rulfans Geist begegnet. Ein Wunsch des Mannes, den sie nunmehr zusätzlich nutzen konnte. Gu’hal’oori änderte das Aussehen und die Länge des Haares, verstärkte und straffte die beiden oberen sexuellen Sekundärmerkmale, ergänzte einige Muskelstränge und färbte die Außenhaut da und dort um.
    Heraus kam eine Kopie, die zwar dem Tageslicht und einem aufmerksamen Betrachter nicht standgehalten hätte – dazu waren mehr Feinheiten nötig als ein Daa’mure ausbilden konnte –, die aber bei diesen Lichtverhältnissen und Rulfans benebeltem Verstand ausreichen würde.
    Fertig?
    Ja.
    Zufriedenheit mit ihrer Arbeit empfand sie dennoch nicht.
    Es war dies ein Sieg der Logik über lächerliche Gefühle, und das war alles, was man verlangen konnte. Kühles und logisch-deduktives Vorgehen hatte ein optimales Umfeld geschaffen.
    Keiner verstand wie sie die Psyche der Primärrassenvertreter.
    Testweise beschleunigte sie den Puls und erzeugte ein Gefühl des Kribbelns in ihrem weiblichen Körper. Sie imitierte menschliche Zufriedenheit, und es gelang einigermaßen.
    »Wach auf, Rulfan«, flüsterte Gu’hal’oori, »ich bin’s!«
    Der Albino öffnete langsam die Augen, sah sie blinzelnd an.
    Das Erkennen kam nur allmählich.
    »A… Aruula?«, fragte er stockend.
    »Schscht«, sagte Gu’hal’oori mit rauer Stimme, legte den Zeigefinger kurz auf seine Lippen, bevor sie mit der Hand auf Wanderschaft ging.
    Der katalytische Übungseinsatz begann…
    ***
    Sonnenaufgang
    Bei einem Dorf im schottischen Hochland Das Toben des Sturmes verebbte nur allmählich. Zwölf Stunden waren seit seinem Ausbruch vergangen. Fast achtzehn Stunden, seitdem Matt die geliebte Barbarin das letzte Mal gesehen hatte.
    Und nun lief ihnen die Zeit davon. Wertvolle Zeit, die über das Schicksal Aruulas entscheiden konnte.
    »Genug gewartet!«, sagte Matthew Drax und hieb frustriert auf den schmalen Kartentisch im Bugsegment. »Lieutenant Cummings – wir bringen diese Mühle jetzt in die Höhe.«
    »Das ist unverantwortlich, Sir!«, entgegnete die etwas pummelig wirkende Frau. »Draußen herrscht nach wie vor Windstärke acht, die Sicht ist gleich null, Schnee- und Hagelstürme…«
    »Ich erteile hiermit den Befehl, Lieutenant!« Selten nur nutzte Matthew Drax seine volle Autorität – doch alles in ihm drängte auf den Aufbruch. Er konnte die Suche nach Aruula nicht länger hinauszögern. Was, wenn sie in diesen Minuten im Sterben lag?
    Jed Stuart mischte sich mit leiser Stimme ein: »Matt, es ist, hm, möglicherweise vielleicht und eventuell noch zu früh…«
    »Wir starten sofort!«, schnitt ihm der Commander das Wort ab. »Keine Widerrede! Haben Sie mich alle verstanden?«
    Er starrte sie an, einen nach dem anderen. Jed, Cummings sowie Corporal Lansdale, den Waffennarren. Alle senkten sie den Blick und wagten nicht, ihm ins Gesicht zu sagen, dass Aruula

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