128 - Der Schläfer
Mitglieder der Community Salisbury, sondern als Sonderbotschafter Londons. Und, offen gesagt, Sir Michael: Wer sind Sie, dass sie einen Befehl unserer Queen missachten wollen?«
»Seven« Duncan ließ sich in den dick gepolsterten Stuhl zurücksinken. Für wenige Momente schwieg er. Dann: »Ich werde mich in London rückversichern, dass Ihre Argumentation der Wahrheit entspricht –«
»– tun Sie, was Sie nicht lassen können –«
»– und ich werde Sie von nun an beobachten, bei allem, was Sie tun!«
»Das ist Ihr gutes Recht. Ich würde allerdings empfehlen, dass Sie einen Teil Ihrer ach so knappen Kapazitäten auch noch der Außenverteidigung widmen. So wie es Ihre Pflicht ist!« Er wandte sich ab und blickte von einem der Octaviane zum nächsten. »Darf ich mit Ihrer Zustimmung rechnen, dass ich provisorisch die Sicherheitsagenden in Salisbury übernehme? Vater?«
Sir Leonard sah nachdenklich in die Runde. Er holte sich das stille Einverständnis der anderen Ratsmitglieder. Sechs Köpfe nickten ihm zu. Lediglich Sir Michael sah verärgert zur Seite, während Sir Bryant laut im Schlaf schmatzte.
»Der Rat kommt deinem Wunsch nach, Rulfan. Und damit ist die Sitzung beendet. An die Arbeit!«
***
Wulf lief ihnen diesmal voraus, zurück zu Rulfans Wohntrakt.
»Gut gemacht! Gratuliere«, sagte Eve leise.
»Was denn?«, fragte Rulfan amüsiert. »Ich spüre nicht einmal den Hauch von Zynismus.« Rulfan bleckte die Zähne.
»Nun – ich meine es ehrlich. Dieser Auftritt hat dir gehörigen Respekt verschafft. Du hast den Oberbefehl über die Innere Sicherheit an dich gerissen. Damit können wir uns ungestört unserer eigentlichen Aufgabe widmen.«
»Der Enttarnung des angenommenen daa’murischen Spions. Oder seiner Helfershelfer.«
»So ist es.« Eve zögerte. »Du hast dir aber auch einen mächtigen Feind eingehandelt.«
Rulfan lachte bitter. »Du irrst. Ich habe lediglich alte Fronten neu abgesteckt. Duncan und ich haben seit meiner Kindheit ein Problem miteinander. Für ihn bin ich nach wie vor ein Bastard mit Minimalintelligenz, der sein Auge beleidigt. Ähnlich gelagert ist auch das Verhältnis zwischen ihm und meinem Vater.«
»Und dennoch leben die beiden seit Jahrzehnten miteinander im Bunker, ohne sich an die Gurgel zu gehen?«
»Sagen wir besser: Sie leben nebeneinander. Vater führt eine wesentlich feinere Klinge als ich. Er kann Duncan auf dem Parkett der hohen Diplomatie erfolgreich Paroli bieten. Etwas, das ich nicht immer schaffe.«
Sie hatten das Ende des Ganges erreicht. Rulfan entriegelte die Tür mit dem Zugangscode und bat Eve mit einem Wink herein.
»Glaubst du, dass er der gesuchte Saboteur ist?«, fragte Eve, während sie sich an den Tisch setzte.
Die spartanische Standardeinrichtung der Wohneinheit bestand aus zwei Stühlen, einem metallenen Tisch, dem Bett, zwei stählernen Kästen und einer Kücheneinheit. Alte verblichene Fotografien, achtlos an die Wände gepinnt, und wackelige Berge altertümlicher Bücher waren alles, was diese Koje von anderen im Bunker unterschied. Und eine Decke für Wulf…
»Ich wünschte es mir – aber ein Gefühl sagt mir, dass er es nicht ist.«
Eve zog zweifelnd eine Augenbraue hoch. »Ein Gefühl? Willst du deine Aufgabe hier bewältigen, indem du auf Ahnungen vertraust?«
»Nein – natürlich nicht!«, sagte Rulfan verärgert. »Ich habe mir lediglich die Unterlagen, die London uns zur Verfügung gestellt hat, genauer angesehen.«
»Und?«
»Man kann Duncan vieles vorwerfen – nur nicht, dass er dumm ist. Zudem kennt er die Sicherheitseinrichtungen hier besser als jeder andere. Derjenige hingegen, der über den Umweg Salisbury auf die Zentralhelix in London zugreifen wollte, hat sich äußerst ungeschickt verhalten.«
»Das würde dann aber bedeuten, dass die Octaviane prinzipiell nicht in Frage kämen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass irgendeiner der hohen Herrschaften fehl am Platze wäre… außer Sir Bryant, natürlich.«
Rulfan goss kochend heißes Wasser in zwei Becher, setzte Teepulver, Kondensmilch und Zuckerersatz hinzu und schob Eve das Glas ungefragt zu. »Ich habe die vier Wissenschaftler des Octaviats auf meiner Liste der Verdächtigen. Jeder von ihnen ist auf die eine oder andere Art… obskur. Weltfremd, auf ein ganz bestimmtes Aufgabengebiet fixiert oder einfach nur spinnert. Einem jeden von ihnen kann man aufgrund seiner Intelligenz zutrauen, die Helix-Systeme in Salisbury und London auszutricksen. Andererseits
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