Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1280 - Der Engel und sein Henker

1280 - Der Engel und sein Henker

Titel: 1280 - Der Engel und sein Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sondern aus dem Unsichtbaren, aus einer anderen Dimension, und der Beobachter konnte der Henker sein.
    Ich drehte mich vom Spiegel weg.
    Die Psychologin bemerkte, dass etwas an meiner Haltung nicht stimmte. »Ist was passiert?«
    »Nein, nicht wirklich«, antwortete ich der Wahrheit entsprechend. »Aber ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass wir hier nicht mehr allein sind.«
    Sie schrak zusammen. »Wie… wieso? Ich sehe nichts.«
    »Stimmt, aber es gibt da etwas, das ich bei mir trage, und manchmal so ein…«
    Lavinia ließ mich nicht ausreden. »Es ist das Kreuz, nicht wahr?«
    »Genau.«
    »Purdy hat mir davon erzählt. Sie… sie… war ganz begeistert davon. Es muss sie wahnsinnig interessiert haben. Sie konnte kaum eine genaue Beschreibung geben, so aufgeregt war sie.«
    »Nun ja, es hält sich in Grenzen. Aber sie könnten mir einen Gefallen tun.«
    »Gern. Welchen?«
    »Schalten Sie das Licht aus!«
    Lavinia Kent zögerte. Sie räusperte sich und fragte: »Sie meinen wirklich das Licht?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Ich möchte nichts Störendes in meiner Nähe haben. Und möglicherweise auch nicht in seiner.«
    »Habe verstanden«, flüsterte sie, holte noch mal tief Luft und drückte dann auf zwei verschiedene Schalter, damit es im Bad dunkel wurde.
    Richtig finster wurde es nicht. Draußen hatte sich der Tag noch nicht völlig verabschiedet. Die Dämmerung lag dort nach wie vor und schickte ihr graues Muster durch das Fenster. Die Tür war geschlossen, sodass von dort keine Helligkeit mehr in den Raum fiel.
    Ich schaute auf den Spiegel. Er gab einen leichten Glanz ab. In der Dunkelheit wirkte er auf mich ungewöhnlich. Eigentlich hätte ich ihn nicht oder kaum sehen können, aber er war da und gab ein mattes Leuchten ab, wobei diese Farbe aussah als hätte jemand stumpfes Blei aufpoliert.
    Ich hörte hinter mir die Schritte der Psychologin. Sie kamen mir etwas unsicher vor. Neben mir blieb sie stehen und drehte mir ihr Gesicht zu. »Es ist schon seltsam«, sagte sie, »aber ich habe den Eindruck, etwas Fremdes zu spüren. Oder anderes.«
    »Wie genau?«
    »Kann ich nicht sagen. Da streicht was über meinen Körper. Vergleichbar mit Kriechstrom.«
    »Spüren Sie das zum ersten Mal, oder ist Ihnen das schon bei den anderen Begegnungen passiert?«
    »Nicht so direkt. Aber eine Veränderung habe ich auch erlebt, da bin ich ehrlich.« Sie wiegte den Kopf. »Es kann da auch ein bestimmter Geruch gewesen sein, den ich nicht einordnen konnte.«
    »Und wie reagierte Ihr Schutzengel?«
    »Gar nicht. Das ist ja die Tragik. Ich werde dafür wohl niemals eine Lösung finden.«
    »Abwarten.«
    Bisher hatte ich mein Kreuz noch nicht unter der Kleidung hervorgeholt, das aber änderte ich jetzt, und Lavinia Kent schaute mir von der Seite her zu.
    Es dauerte nicht lange, da streifte ich mir die Kette über den Kopf und ließ das Kreuz auf der Hand liegen. Es fühlte sich wärmer an als gewöhnlich. Für mich war es das Zeichen, dass ich mich nicht geirrt hatte. Genau das wollte auch Lavinia wissen. »Merken Sie etwas?«
    Ich nickte.
    »Was?«
    »Es ist jemand in der Nähe«, erwiderte ich leise. »Ich sehe ihn nicht, und Sie auch nicht. Aber er ist da…«
    »Er - der Henker?«
    Ich hob nur die Schultern. Dann trat ich noch näher an den Spiegel heran, weil ich einfach davon ausging, dass er sich verändert hatte. Seine Fläche kam mir jetzt recht wolkig vor, als hätte er sich tatsächlich in ein Tor verwandelt, das in eine andere Dimension führte.
    Es war auch zu spüren, dass sich mein Kreuz immer stärker erwärmte. Zugleich sah ich einige Lichtblitze dort aufzucken, wo sich die Insignien der vier Erzengel befanden.
    Sie gaben mir ein Zeichen…
    Für mich bestand jetzt kein Zweifel mehr, dass sich jemand oder etwas in der Nähe aufhielt, und das konnte wirklich nur eine Gestalt sein.
    Ich trat noch näher an den Spiegel heran, weil ich ihn mit meinem Kreuz berühren wollte. Wenn etwas Schwarzmagisches in ihm steckte, würde mir das Kreuz das melden.
    Es kam zur Berührung!
    Ich hörte einen leisen Laut, als das Silber gegen die Fläche stieß, und dann zog sich mein Magen leicht zusammen. Ich glaubte, einen Schatten zu sehen, ich hörte sogar einen leisen Schrei, das Kreuz funkelte auf, und einen Moment später vernahm ich das Knirschen der Scheibe und sah, wie sich breite Risse bildeten, als wollten sie ein Puzzle nachstellen.
    Dann fiel der Spiegel auseinander!
    ***
    Zum Glück reagierte ich schnell genug und

Weitere Kostenlose Bücher