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1280 - Der Engel und sein Henker

1280 - Der Engel und sein Henker

Titel: 1280 - Der Engel und sein Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und auch das des »Piraten« erreichte. Meiner Ansicht nach musste er dunkles Haar haben, denn auf seinen Wangen malten sich Bartschatten ab. In beiden Nasenflügeln steckte jeweils eine Schraube.
    Wahrscheinlich befanden sich noch andere in seinem Schädel.
    »Kennen Sie ihn?«
    Lavinia schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, den habe ich noch nie in meinem Leben gesehen.«
    »Ist auch kein Fehler. Nur bezweifle ich, dass er allein gekommen ist.« Ich verstärkte den Druck gegen seinen Kopf etwas. »He, wie viele Typen seid ihr?«
    »Leck mich!«
    Sein Wortschatz war begrenzt. Natürlich spielte er uns etwas vor, denn er wollte Zeit gewinnen.
    »Wo sind die anderen?«
    »Kenne ich nicht.«
    »Craig Logan?«
    »Wer ist das?«
    »So kommen wir nicht weiter«, sagte Lavinia mit leiser Stimme. »Ich glaube auch, dass noch andere Typen in der Nähe sind. Seine Stimme ist auch nicht die des Anrufers. Da bin ich mir sicher. Ich weiß nur nicht, wo sich die anderen aufhalten.«
    »Wie sieht es mit dem Schloss der Wohnungstür aus?« fragte ich.
    Lavinia hob die Schultern. »Das ist normal.«
    »Leicht zu öffnen?«
    »Für mich nicht.«
    So kamen wir auch nicht weiter. Ich traute mich auch nicht, Lavinia zur Tür zu schicken. Wir gingen beide davon aus, dass dieser Typ nicht allein gekommen war, also konnten wir auf seine Aussage verzichten. Mit einem gezielten Schlag würde ich ihn aus dem Verkehr ziehen können. Das war kein Problem.
    Lavinia ging zum Fenster. Ich warnte sie noch und kümmerte mich dann um den Knaben vor meinen Füßen.
    »Steh auf!«
    »Und dann?«
    »Aufstehen!«
    Er bewegte sich. Er stöhnte dabei, und ich wusste nicht, ob es tatsächlich so schlimm um ihn stand.
    Lavinia Kent hatte mittlerweile das Fenster erreicht. Sie schaute hinaus, ging dabei vorsichtig zu Werke und meldete schließlich mit leiser Stimme, dass sie nichts sah.
    »Dann werden sie woanders lauern«, sagte ich nur und bog den linken Arm des Mannes hinter seinem Rücken in die Höhe. »Und jetzt gehst du bis zur Wand und lehnst dich dagegen.«
    »Bist du ein Bulle?«
    »Warum?«
    Er lachte. »Ist Bullenart.«
    »Da kennst du dich ja aus.«
    Er bereitete mir keine Probleme. Das hätte mich eigentlich freuen müssen, tat es jedoch nicht, denn mir missfiel sein Grinsen. Es sah aus, als hielte er noch irgendeinen Trick in der Hinterhand, den er ausspielen wollte, wenn die Zeit reif war.
    Weiterhin gab er mir keinen Grund, ihn härter anzufassen. Er streckte seine Arme vor und berührte mit den Händen die Wand. In dieser leicht nach vorn gebeugten Haltung blieb er stehen. Es war also alles in Ordnung, auch bei Lavinia Kent, die in der Nähe des Fensters stand, mal nach draußen schaute und auch wieder zu uns hin.
    Da sie außerhalb des Hauses nichts sehen konnte, zuckte sie nur die Achseln und drehte sich um die eigene Achse. Dabei zog sie die Schultern hoch wie jemand, der fröstelt. Mit kleinen Schritten ging sie wieder tiefer in das vom Kerzenschein erhellte Zimmer.
    »Es ist nichts, John«, meldete sie. »Zumindest habe ich nichts sehen können.«
    »Ist schon okay.«
    Für Lavinia war es das, nicht. Sie blieb für einen Moment stehen und nagte an ihrer Unterlippe. Mit wachem Blick und gerunzelter Stirn schaute sie mich an. »Er hat den Strom sicherlich nicht abgestellt. Oder was meinen Sie?«
    »Das Gleiche.«
    »Dann sind die anderen noch da. Nur…«, sie winkte ab und sprach ihren anderen Gedanken aus. »Wie wäre es denn, wenn wir uns woanders umschauen?«
    »Sie vergessen ihn hier.«
    »Nein, John, das könnte ich unternehmen.«
    Hätte mein Freund und Kollege Suko den Vorschlag gemacht, ich hätte zugestimmt. Nicht aber bei Lavinia Kent, und ich schüttelte sofort heftig den Kopf. »Auf keinen Fall tun Sie das, Lavinia. Das lasse ich nicht zu. Sie bleiben bei mir.«
    »Aber es muss weitergehen.«
    »Das stimmt. Es wird auch weitergehen. Nur will ich Sie in meiner Nähe wissen.«
    »Und der Typ?«
    »Den überlassen Sie mir.«
    Wir hatten sehr leise gesprochen, sodass es fraglich war, ob der »Pirat« uns gehört hatte. Lavinia zog sich zurück. Sie ging dorthin, wo die Sitzgruppe und der Tisch standen. Da blieb sie stehen und wartete darauf, wie es weiterging.
    Der Kerl hatte wieder Hoffnung geschöpft. Er drehte den Kopf etwas zur Seite, um mich ansehen zu können. Er sah mich nicht. Dafür spürte er den Druck der Waffenmündung, die wieder gegen seinen Kopf drückte. »Bisher habe ich mich noch nicht so wohl gefühlt, verstehst

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