1281 - Der dreifache Tod
sich an die Arbeit. Und wieder war es Shao, die die Lücke fand. Sie kam sich vor wie hinter einer Bühne stehend. Wie eine Regisseurin, die jetzt darauf wartete, auf die offene Bühne zu treten und ihren Auftritt zu erleben.
Es waren nur Gedanken, die Wirklichkeit sah anders aus. Das hier war kein Auftritt, es war ein gefährlicher und auch alles entscheidender Schritt, der vor ihnen lag und sie in eine völlig neue Situation bringen würde.
Shao schob sich mit angehaltenem Atem durch die Lücke auf die »Bühne« hinaus - und blieb stehen, als das erste Licht sie erfasste, aber noch nicht so im Griff hatte, dass sie sich deutlich abgemalt hätte.
Suko war ihr behutsam gefolgt und blieb so dicht bei ihr stehen, dass sie sich fast berührten.
Das Licht war da. Es drang von der Decke her nach unten, wo eine Lichtleiste angebracht worden war.
Drei Lampen gab es dort. Und drei Lampen strahlten ein helles, aber zugleich auch irgendwie weiches Licht ab, das ebenfalls auf drei bestimmte Gegenstände fiel.
Es waren hohe Glaskästen, die auf mit Stoff oder Samt bezogenen Hockern lagen.
Das Licht war so hell, dass beide erkennen konnten, was dort hinterlassen worden war.
Im ersten Glaskasten lag ein Schwert mit schmaler Klinge.
Im zweiten befand sich ein Messer mit einer Flammenklinge.
Im dritten Glaskasten waren mehrere Wurfpfeile deponiert worden.
Keiner von ihnen sprach. Sie ließen die Eindrücke auf sich wirken, und nach einigen Sekunden übernahm Shao das Wort. »Ich hatte gedacht, viel zu wissen, aber da habe ich keine Ahnung. Du?«
»Im Moment nicht«, gab Suko zu. »Aber man hat von einem dreifachen Tod gesprochen.«
»Schwert, Messer und Wurfpfeile?«
»Genau.«
»Das also ist er.«
Suko wollte die Bemerkung seiner Partnerin nicht unterschreiben. »Ob es das ist, weiß ich nicht. Ich befürchte fast, dass wir es mit dem echten dreifachen Tod noch zu tun bekommen. Es sind nur Insignien, Gegenstände, die möglicherweise dazugehören.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Es könnte sein, dass wir darauf warten müssen, bis der echte dreifache Tod erscheint.«
»Willst du nicht versuchen, die Kästen zu öffnen?«
Suko lachte leise. »Wäre nicht schlecht. So könnten wir ihm schon vorher den Wind aus den Segeln nehmen.«
»Genau das meine ich.«
»Dann los.«
Es gab einen Zwischenraum von einigen Metern, den sie überwinden mussten. Sie gingen vorsichtig, schauten sich dabei um, weil sie immer noch mit Bewachern rechneten, die sich bisher versteckt hielten und erst eingriffen, wenn es wichtig war.
In die Verlegenheit gerieten sie nicht. Über den glatten Steinboden hinweg gingen sie unbehelligt auf die drei ungewöhnlichen Glaskästen zu und blieben davor stehen.
Das Licht war hier heller. Es wurde auch kaum vom Glas gebrochen oder gefiltert. So sahen sie das Schwert, das Messer mit der Flammenklinge und die Wurfpfeile aus nächster Nähe und ziemlich genau. Aber sie sahen noch etwas, das ihnen bisher nicht aufgefallen war. Auf den Böden der Kästen lagen drei blasse Kristalle, in der Größe mit Menschenköpfen zu vergleichen. Sie zeigten keine Farbe und waren blass. Hätten sie nicht an ihren Oberflächen Ecken und Kanten gebildet, hätte man sie mit Köpfen vergleichen können, denn genau so groß waren sie.
»Soll ich dich was fragen, Suko?«
»Nein, lass es lieber. Ich habe auch keine Ahnung, was die Kristalle bedeuten.«
»Sie müssen in einer Verbindung mit den Gegenständen stehen. Und wenn ich ehrlich bin, sehen die nicht eben neu aus.« Shao ging etwas in die Knie. »Schau dir die Schwertklinge an. Würdest du mir widersprechen, wenn ich behaupte, dass sie Rost angesetzt hat?«
»Nein, das würde ich nicht.«
»Eben. Sie hat Rost angesetzt. Und das Messer sieht auch nicht eben neu aus.« Sie deutete anschließend auf die verschiedenen Wurfpfeile. »Selbst die machen auf mich den Eindruck, als hätte man sie aus einem Museum geholt.«
»Dann ist der dreifache Tod ein alter Tod.«
»Wenn du so willst, schon, Suko. Ich bin wirklich überrascht, dass wir das hier gefunden haben. Ich habe an Kämpfer gedacht. An mörderische Samurais oder ähnliche Ritter, aber wenn das hier der dreifache Tod sein soll, dann habe ich schon meine Probleme.«
Suko verfolgte ähnliche Gedanken wie Shao, wenn auch nicht so intensiv. Er meinte: »Vielleicht sollten wir uns mehr auf die Kristalle konzentrieren.«
»Hast du eine Idee?«
»Nein, nur allgemein. Wir wissen beide, dass Kristalle oft eine
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