1282 - Die Gier der schönen Mumie
ihrem Nachttisch eigentlich nie gesehen, obwohl sie schon gern gelesen hat.«
»Was hat sie denn gern gelesen?«
»Querbeet. Aber viele Sachbücher über den Sinn des Lebens und auch über neue Wege in eben ein neues Leben. Dafür war sie schon empfänglich. Nur mit Pyramiden direkt hatte sie nichts im Sinn. Jedenfalls habe ich keine Schriften gesehen, wie ich noch mal betone.«
»Das kann auch in den anderen Büchern versteckt gewesen sein«, sagte Harry Stahl. »Jedenfalls hat Ihre Freundin darauf gedrängt, in dem Pyramiden-Hotel Urlaub zu machen.«
»Urlaub nicht direkt. Nur zwei Tage.«
»Wie dem auch sei. Hat sie sich denn gut gefühlt, nachdem sie eingecheckt haben?«
Dirk Schiller atmete tief durch, bevor er sprach. »Wir sind nicht dazu gekommen, darüber zu reden. Wir betraten das Zimmer, Helga ging ins Bad, nachdem ich ihr von der Stimme erzählt habe, und dann war sie plötzlich verschwunden.«
»Das mit der Stimme hat Sie ja nicht geglaubt.«
»So ist es.«
»Kannten Sie die Stimme denn?«
Dirk schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein, sie war mir völlig unbekannt.«
Harry nickte vor sich hin, fragte aber. »Denken Sie denn jetzt anders darüber?«
»Warum sollte ich?«
»Erinnern Sie sich an die Frau, die Sie gesehen haben.«
Dirk Schiller musste eine Weile nachdenken. Dass ihm etwas eingefallen war, sah man seinen Augen an. »Verflixt, Sie haben Recht. Daran habe ich noch nicht gedacht. Sie denken sicherlich an die Stimme, die ich hörte. Und jetzt gehen Sie davon aus, dass die Frau, die ich im Spiegel unter den Monstern gesehen habe, mit der identisch ist, die mit mir gesprochen hat.«
»Genau das meine ich.«
Schiller griff wieder zum Bierglas. Er trank einige kleine Schlucke. »Ob das alles so stimmt, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich mich nicht mehr zurechtfinde.« Er atmete tief ein. »Und dass ich meine Freundin zurückhaben will. Verdammt, wir waren so gut wie ein Ehepaar, obwohl uns der Trauschein fehlt. Aber man wächst trotzdem zusammen.«
»Keine Sorge, Herr Schiller«, versuchte Harry den Nachbarn zu beruhigen, »wir werden Helga schon wieder zurückholen.«
Dirk Schiller bekam große Augen und flüsterte lauernd: »Was haben Sie da gesagt? Wir…?«
»Klar.«
»Moment mal, Moment.« Er musste damit noch immer fertig werden. »Sie wollen also an meiner Seite stehen, wenn ich das richtig verstanden habe?«
»Genau das habe ich gemeint.«
Dirk konnte es nicht fassen. Er blickte Harry an, auch an ihm vorbei und schüttelte einige Male den Kopf. »Das ist für mich noch immer nicht zu fassen. Kann Ihnen das denn überhaupt gelingen? Geht das? Ich meine beruflich?«
»Ja, das ist möglich.«
Dirk fuhr sich durchs Haar und trank wieder. »Ich will ja nicht neugierig sein, Herr Stahl, aber eine Frage ist sicherlich gestattet.«
Harry schmunzelte, weil er ahnte, was jetzt kam. Und er hatte sich nicht geirrt.
»Was - ähm - machen Sie denn beruflich? Ich weiß, dass Sie oft weg sind, wie auch ihre Partnerin. Sind Sie so etwas wie ein Reisender, ein Vertreter, der bestimmte Waren verkauft?«
»Das kann man so sagen. Aber ich verkaufe keine Waren. Ich arbeite im weitesten Sinne für die Regierung.«
»Aha.« Dirk Schiller nickte langsam und mit offenem Mund. Harry sah ihm an, dass er überlegte.
Sie lebten in Wiesbaden, und dort war auch der Sitz des BKA. Dirk Schiller war nicht dumm. Er lächelte, als er fragte: »Sie dürfen wahrscheinlich nicht so darüber reden - oder?«
»So ist es.«
»Dann möchte ich auch nicht weiter fragen. Ich kenne ja die Spielregeln.«
»Danke. Aber da wäre noch etwas, das ich Ihnen sagen muss, Herr Schiller.« Als Dirk blass wurde, musste Harry lachen. »Nein, nein, nicht was Sie denken. Es kann nur positiv sein.«
»Da bin ich gespannt.«
»Wir werden möglicherweise zu dritt sein.«
»Mit Ihrer Partnerin zusammen?«
»Das wohl eher nicht. Dagmar hat zu tun. Ich werde einen Freund in London anrufen und ihn fragen, ob er Zeit hat, nach Deutschland zu kommen. Was Sie mir berichtet haben, Herr Schiller, darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ich lasse mich dabei von meinen Gefühlen leiten und horche in meinen Bauch hinein. Diese Antworten sagen mir, dass dieser Fall mehr in sich birgt, als wir beide zunächst annehmen. Natürlich geht es auch um das Verschwinden Ihrer Freundin, aber in Wirklichkeit geht es um mehr.«
»Um was denn?«
Harry zog die Stirn kraus. »Wenn ich das wüsste, dann ginge es mir
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