1283 - Der Mörder-Mönch
alte Tür weit auf.
Dann übertraten wir die Schwelle, und ich konnte mich nicht mehr zurückhalten.
»Keine Sorge, der Besuch ist bereits hier!«
***
Das war wie eine Bombe!
Ja, das war haargenau die Bombe der Überraschung, die man irgendwo hineinwarf und Menschen dazu zwang, sich völlig anders zu verhalten. Hier gelang es perfekt!
Die fünf Frauen bewegten sich nicht mehr. Die Überraschungsbombe schien ihnen das Leben genommen zu haben. Sie standen wie versteinert auf der Stelle.
Wir sahen auch keine verzerrten Gesichter mehr, sondern nur noch überraschte, als sich die Köpfe uns zugedreht hatten. Gesichter, die noch immer unter dem Eindruck des Erlebten standen. Sie starrten uns an, und es war alles andere als schwer, ihre Blicke zu deuten.
Abwehr! Hass, aber auch noch immer die Überraschung. Kein Wort, kein Schrei, nur Stille, aber die war beredet genug. In ihr versteckten sich die negativen Gefühle, und Suko und ich blieben nicht an der Tür stehen, sondern stellten uns rechts und links des Tisches auf.
Die Oberin hatte ihren Platz am Kopfende der Leiche behalten. Sie war mein Ziel.
»Schwester Anna«, sagte ich leise und lächelte dabei. »So also sieht die Beerdigung aus. Alle Achtung. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Man erlebt doch immer wieder die größten Überraschungen, wenn man nicht damit rechnet.«
»Was wollt ihr?«
»Zuschauen.«
»Hier gibt es nichts zu sehen.«
»Das kann sein, Anna. Aber wir haben etwas zu hören bekommen, und das war sehr interessant.«
Meine Worte hatten ihr nicht gefallen. Sie verlor einiges von ihrer Sicherheit. Sie zog sich aus meiner Nähe zurück, ging aber nur einen Schritt weit. »Was habt ihr gehört?«
»Alles…«
Sie lachte. »Und wenn schon. Dann wisst ihr jetzt Bescheid. Es muss klar sein, dass die alten Templerzeiten zurückgekehrt sind. Die Legende der Roten Mönche wird sich zu einer furchtbaren Wahrheit entwickeln, das kann ich dir schwören. Du wirst keine Chance haben, denn er ist viel, viel mächtiger.«
»Keiner von uns fürchtet sich vor Baphomet. Hast du das nicht gewusst? Hat man dir das nicht gesagt?«
»Niemand ist so mächtig.«
»Doch!«
Sie schrie mich an. »Du?«
»Ja.«
Diese Antwort hatte die kleine Frau überrascht. Sie schloss ihren Mund, sie bewegte den Kopf von rechts nach links, als suchte sie noch irgendwelche Helfer, aber es gab nur Suko, der sich strategisch günstig aufgestellt hatte und den Weg zur Tür versperrte.
»Ich werde es dir beweisen, Anna!«
»Wann?«
»Jetzt. Hier! Genau in diesem Augenblick. Ihr habt eure Schwester Esmeralda sterben lassen. Niemand hat sich um sie gekümmert. Keiner hat an ihre Seele gedacht, aber das werde ich ändern. Ich werde ihr den Frieden zurückgeben…«
Worte waren genug gesagt worden. Es kam jetzt darauf an, zu handeln. Und das geschah sehr schnell, denn ich hatte Routine darin, die Kette mit dem Kreuz über meinen Kopf zu streifen.
Es lag plötzlich frei! Das war wie ein Schlag in das Wasser, bei dem sich plötzlich Wellen und Tropfen bildeten, die in alle Richtungen weg sprangen. Keine der Frauen blieb von diesem Anblick unberührt.
Wir hörten die leisen Aufschreie, und Anna hob sogar ihren Arm an, um ihn vor ihr Gesicht zu halten, weil sie den Anblick nicht ertragen konnte. Verständlich, denn nicht grundlos hatten sie die Kreuze aus dem Kloster entfernt.
Ich ließ es nach unten hängen. Langsam pendelte es aus. »Dieses Kreuz«, sagte ich, »ist stärker als ein Baphomet jemals werden kann.«
»Nein, nein…« Die Oberin hatte gesprochen, nur klang es längst nicht mehr so überzeugend. Sie musste jetzt davon ausgehen, dass sich ihr Weg verändert hatte und sich andere auf der Siegerstraße befanden.
Die Zeit für Erklärungen war vorbei. Ich wollte ihnen meine Stärke beweisen, auch wenn ich die Nonnen sicherlich nicht umstimmen konnte, aber sie mussten wissen, mit wem sie es zu tun hatten und dass die Bäume des Dämons Baphomet nicht in den Himmel wuchsen.
Es war ein Experiment, das auch schief gehen konnte, aber das Risiko musste ich eingehen.
Aller Augen schauten mir zu, wie ich mich mit dem Kreuz in der Hand herumdrehte. Ich wollte in die Nähe der toten Nonne und ihnen durch sie beweisen, wie mächtig letztendlich mein Kreuz war.
Esmeralda lag auf dem Rücken. Zum ersten Mal sah ich ihr Gesicht aus der Nähe. Wachsbleich und puppenhaft. Mit Augen, die niemand nach dem Ableben geschlossen hatte. Sogar der Mund stand noch offen, als
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