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1285 - Das Spiel des Lebens

Titel: 1285 - Das Spiel des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ließen.
    Der Rest der Rebellentruppe befand sich drunten in der Nähe der Kaserne. Wir hatten, als wir die Minen legten, lange Zündschnüre angebracht. Diese Vorsicht kam uns jetzt zustatten. Die Kaserne wurde infolge des Alarmbefehls, den der Tyrann gegeben hatte, so scharf bewacht, daß sich niemand mehr nahe genug hätte heranwagen können, um eine kurze Lunte zu zünden.
    Wrash hockte neben mir. Drei Schritte von uns entfernt war das kleine Hintertor, durch das Quolar mich früher am Abend hinausgelassen hatte. Ich wog den Schlüssel in der Hand. Ich war frohen Mutes. Leichter hätte uns die Sache nicht gemacht werden können.
    Ich dachte darüber nach, was aus der Rebellion geworden wäre, wenn ich nicht rechtzeitig mit Wrash Verbindung aufgenommen hätte. Die Regeln des ritterlichen Verhaltens und der Aufrichtigkeit im Kampf waren den Techno-Rebellen derart in Fleisch und Blut übergegangen, daß sie von sich aus niemals auf die Idee gekommen wären, einen Plan wie diesen zu verfolgen: Man schafft einen Zwischenfall, der jedermanns Aufmerksamkeit ablenkt, und greift den Tyrannen an, wo er sich am sichersten fühlt.
    Offener Kampf, persönliche Ehre, unbedingte Unterwerfung unter die Regeln der Kriegsführung das war das Glaubensbekenntnis der Rebellen - und sie waren fest entschlossen, daran festzuhalten, auch wenn der Tyrann sich seinen Feinden gegenüber den Teufel um Ritterlichkeit und Anstand scherte. Sie hätten die Kaserne offen angegriffen und wären eine halbe Stunde später allesamt tot gewesen, erdrückt von einer Übermacht, der die Mittel der Technik ebenfalls zur Verfügung standen.
    Wie war ausgerechnet ich dazu gekommen, einen anderen Plan zu entwickeln - einen, der vor Hinterlist und Tücke strotzte? Ich war aufgewachsen auf den Burgen meines Vaters und hatte mich in zahlreichen Kämpfen und Spielen in den Tugenden der Ritterlichkeit geübt. Ich war ein guter Kämpfer. Meine Siege waren zahlreich. Aber kein einziges Mal hatte mein Gegner mir Unritterlichkeit oder regelwidriges Verhalten vorwerfen können. Und doch war es gerade dieser Sortuun Atjuf von Tjann gewesen, der die Techno-Rebellen von Denguon schließlich überzeugt hatte, daß der Tyrann nur durch List besiegt werden konnte. Kein offener Kampf, statt dessen Täuschung und Hinterhältigkeit. Kein ehrenhafter Kampf, sondern einer, der die Schwächen des Gegners zum eigenen Vorteil nutzte. Kein Wunder, daß Wrash sich über die Zeit nach dem Coup sorgte. Wer würde noch etwas mit uns zu tun haben wollen, wenn er erfuhr, auf welche heimtückische, unritterliche Art wir Targiiv besiegt hatten?
    Nach meiner Ansicht machte Wrash sich unnötig Sorgen. Die Bewohner von Huun würden so froh sein, daß das Joch des Tyrannen endlich gebrochen war, es käme keinem von ihnen in den Sinn, die Methoden zu kritisieren, mit denen wir das Ziel erreicht hatten.
    Was mich dagegen bedrückte, war, daß ich mir nicht erklären konnte, wie Ideen der Hinterlist und der Heimtücke in meinem Bewußtsein hatten entstehen können. Woher hatte ich solche Gedanken? Was war mit dem Fremden, dem ich heute Abend im Spiegel begegnet war? Roi Danton hieß er. Einen Freund namens Ron hatte er. War er derjenige, der im Hintergrund meines Bewußtseins spukte und mir Ideen eingab, auf die ich aus eigener Initiative nie hätte kommen können?
    Es war nutzlos, solchen Spintisierereien nachzuhängen. Ungeduldig blickte ich zu den Sternen auf, um an ihrem Stand die Zeit abzulesen. Die einzige zuverlässige Uhr, die die Rebellen von Denguon bisher hatten zusammenbauen können, befand sich unten bei der Gruppe, die die Lunten der Minen zu zünden hatte.
    Wir hier oben hatten geduldig zu warten, bis die Zeit gekommen war. Es mußte nahe an Mitternacht sein. Der erste Blitz, der erste Donner einer Explosion würde unser Signal sein.
    Ausgerechnet in diesem Augenblick sagte Wrash, der den ganzen Abend über kaum den Mund aufgemacht hatte: „Hast du auch manchmal das Gefühl, du wärest ein ganz anderer?"
    Ich war so perplex, daß es mir den Atem verschlug. Was meinte er damit? Hatte er ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich? Er sah mich erwartungsvoll an. „Manchmal gehen mir fremde Namen durch den Sinn", antwortete ich. „Oder ich sage Dinge, die ich eigentlich nicht sagen wollte."
    „Welche Namen?" fragte Wrash.
    Zum Antworten kam ich nicht mehr. Ein Blitz zuckte durch die Nacht, und Sekunden später rollte der Donner einer schweren Explosion den Berghang herauf. Die

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